Schatten ueber Broughton House
Tiere schien es jedoch nur vernünftig, die Zwillinge samt ihrer Menagerie in sicherem Abstand zu uns unterzubringen. Und so wurden sie in den zweiten Stock verbannt.“
Megan, die noch nie in einem Haushalt gelebt hatte, der sich separate Gemächer für die Kinder leisten konnte, war gespannt. Nach allem, was sie gehört und gelesen hatte, machte sie sich auf einige düstere Kammern unter den Dachsparren gefasst - oben angekommen, musste sie zu ihrer Überraschung feststellen, dass die Räume hell und freundlich waren. Es gab ein großes Schulzimmer und einige kleinere Zimmer, in die man von dort aus gelangte.
Die beiden längsseitigen Wände des Schulzimmers wurden von Regalen gesäumt, die voller Bücher und Spielsachen waren. In der Mittendes Raumes waren vier Schreibpulte nebeneinander aufgereiht, und auf einem von ihnen stand ein großer Globus. An der Wand hingen eine riesige Sternenkarte und eine astronomische Darstellung des Nachthimmels sowie einige kleinere Landkarten von England, Europa und dem Rest der Welt. Megan bemerkte, dass die Weltkarte übersät war von kleinen Nadeln mit farbigen Köpfen, vor allem roten. Ganz hinten, wo die Sonne durch die Fenster hereinflutete, standen einige Käfige.
Die Zwillinge waren gerade damit beschäftigt, ihre Tiere zu füttern. Rufus wich ihnen nicht von der Seite und schaute hoffnungsvoll in die Gehege. Als Con und Alex hinter sich Schritte vernahmen, drehten sie sich um und lächelten erfreut, sobald sie Megan und Theo erblickten.
„Theo! Miss Henderson!“, riefen sie zugleich.
Alex stellte eine Schale mit Nüssen und Obst in den großen Vogelkäfig, schloss die Tür sorgsam und kam dann mit Con zu ihnen herüber.
„Die Boa haben wir leider schon gefüttert“, meinte er bedauernd. „Hätten wir gewusst, dass Sie kommen, würden wir damit gewartet haben.“
„Das macht nichts“, erwiderte Megan ehrlich. Zwar war sie gemeinsam mit Jungen und einer Vielzahl an Haustieren aufgewachsen, doch die Vorstellung, einer Boa dabei zuzusehen, wie sie lebendige Mäuse verspeiste, behagte ihr nicht unbedingt. „Ihr könntet mich aber mit euren anderen Tieren bekannt machen“, schlug sie vor.
„Zunächst jedoch“,unterbrachTheo, „möchte ich euch mitteilen, dass Miss Henderson eure neue Lehrerin ist.“
Die beiden Jungen schauten sie verblüfft an, zu Megans Freude verwandelte sich ihre Verwunderung aber rasch in Begeisterung.
„Potzblitz!“, rief Alex.
„Sie sind bestimmt eine gute Lehrerin“, fand Con. „Sie sind gar nicht verbiestert.“
„Das sind Lehrer nämlich meistens“, klärte Alex sie auf.
„Nun, dann werde ich mich bemühen, nicht verbiestert zu sein“, versprach Megan. „Und jetzt wollen wir- uns eure Tiere anschauen ... das ist aber ein schöner Papagei."
Sie deutete auf den Vogel mit dem rot und blau leuchtenden Gefieder, der inmitten seines großen Käfigs auf einem abgestorbenen Ast hockte und mit seinem käftigen Schnabel eine Nuss aufknackte. Kurz hielt er dabei inne, wandte den Kopf und beobachtete sie mit hellen, flinken Augen.
Er ließ die Nuss fallen und krächzte laut. „Hallo!“
„Hallo“, antwortete Megan und ging zu ihm.
„Wellie. Belohnung. Wellie. Belohnung.“ Der Vogel begann auf seinem Ast herumzuhüpfen und verdrehte den Kopf, während er Megan anschaute.
„Wie heißt er?“, wollte sie wissen.
„Wellington. Aber alle nennen ihn Wellie“, sagte Con und trat neben sie.
„Stecken Sie nicht Ihren Finger durch das Gitter“, warnte Alex, als er sich zu ihnen gesellte. „Manchmal pickt Wellington nach einem.“
Hinter ihnen seufzte Theo leidvoll. „Manchmal? Eigentlich immer.“
„Ich habe noch nie einen so schönen Vogel gesehen“, meinte Megan. „Von wo stammt er?“
„Von den Salomon-Inseln“, erwiderte Theo und kam zu ihr herüber. „Ich habe ihn den Jungen geschickt - meine Familie macht mir noch heute Vorwürfe deswegen.“
„Es ist nicht Wellingtons Schuld, wenn er manchmal entwischt“, verteidigte Con den Papagei. „Er folgt nur seinem Instinkt.“
„Das stimmt - weshalb er eigentlich auch im Dschungel leben sollte“, sagte Theo. „Dort kann er frei herumfliegen, wie es ihm gefällt. Eigentlich befürworte ich es nicht, Tiere aus ihrem natürlichen Lebensraum zu reißen, aber manchmal kann ich der Versuchung nicht widerstehen - besonders in diesem Fall, denn ich habe Wellington bereits in einem Käfig gefangen auf einem Markt gefunden.“
„Und darüber sind wir sehr
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