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Schatten ueber Broughton House

Titel: Schatten ueber Broughton House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Weise ihre Mundwinkel umspielte, während ihre mahagonibraunen Augen warm und einladend schimmerten.
    Aber sie war doch nur ein Traum! Wie konnte es sein, dass sie nun im Garten von Broughton House aufgetaucht war?
    Zehn Jahre war es her, rief Theo sich zur Vernunft, und er war damals sehr krank gewesen. Viel wahrscheinlicher war schließlich, dass er sich einfach nicht mehr genau an die Frau aus seinem Traum erinnerte. Miss Henderson mochte eine gewisse Ähnlichkeit mit jener Frau haben, sodass das Gesicht der Lehrerin in seiner Vorstellung mit dem Traumbild verschmolzen war.
    Kaum hatte er zu dieser völlig logischen Erklärung für das seltsame Erlebnis gefunden, wusste Theo auch schon, dass dem nicht so war. Sein Traum erschien ihm immer noch so wirklich wie vor zehn Jahren. Er musste nur kurz seine Augen schließen und spürte sogleich wieder den harten Fels unter seinem Körper und den Schweiß, der seine Haut benetzte und feucht durch sein Haar rann. Brennendes Fieber tobte in ihm, und sein Mund fühlte sich ausgedörrt an, ganz gleich, wie viel Flüssigkeit sie ihm einzuflößen versuchten. Die Luft war stickig und schwer von dem Räucherharz, das zu seinen beiden Seiten verbrannt wurde. Er konnte sich genau an das Höhlengewölbe erinnern, das sich über ihm auftat, und an die unbehauenen, feuchten Wände.
    Auch erinnerte er sich an das stille dunkelhäutige Mädchen, das ihn gepflegt hatte, ihm den Schweiß von der Stirn gewischt und ihn gedrängt hatte, aus dem Kelch zu trinken, den sie ihm kühl und metallen an seine fiebrig heißen Lippen hielt. Mit leiser Stimme hatte sie in einer ihm fremden Sprache gesungen. Meistens war Dennis bei ihm gewesen, hatte zu ihm gesprochen und ihn angefleht, aus jener schwebenden Zwischenwelt zurückzukehren.
    Doch weder Dennis noch das schwarzhaarige Mädchen waren da gewesen, als jene Frau zu ihm gekommen war. Sein Fieber brannte heißer denn je, und er war von Halluzinationen heimgesucht worden - Visionen von seltsamen Tieren und Vögeln und menschlichen Ungeheuern waren um ihn herumgetanzt. Und als ihm der Schweiß heiß und kalt zugleich ausbrach, spürte er, wie das Leben langsam aus ihm wich.
    In diesem Moment war sie vor ihm erschienen, ein wundersam wirklicher und belebender Anblick in der wirren Welt seiner Fieberträume. Sie hatte ein schlichtes weißes Gewand getragen, und das Haar hing ihr offen über die Schultern, lockte sich weich und wild ... ein warmes Rotbraun, das ihm im Schein der Fackeln dunkler erschienen war als heute im hellen Sonnenlicht des Rosengartens. Jung war sie gewesen, und ihre Wangen hatten rosig geschimmert.
    Obwohl er sie niemals zuvor gesehen hatte, wusste er, dass er sie kannte, und war sich dessen auf eine Weise bewusst, die sich mit dem Verstand kaum begreifen ließ. Sie waren einander verbunden, und was er nicht hätte erklären können, spürte und verstand er doch ganz und gar.
    „Du darfst nicht sterben“, hatte sie zu ihm gesagt und war neben ihn getreten.
    Er hatte sie angeschaut, unfähig zu sprechen und zu entkräftet, um auch nur den Kopf zu heben. Sie hatte lächelnd auf ihn hinabgeblickt, ein wunderbares Lächeln, das ihre braunen Augen schelmisch funkeln ließ.
    „Ich lasse dich nicht sterben“, fuhr sie fort. „Hörst du? Du darfst noch nicht sterben, denn ich warte auf dich.“
    Dann hatte sie sich über ihn gebeugt und ihn zärtlich geküsst. Noch immer meinte er, die federleichte Berührung ihrer Lippen auf den seinen spüren zu können, ja Theo hatte nie jemandem davon erzählt, nicht einmal Dennis. Das Erlebnis erschien ihm zu wirklich und zugleich zu befremdlich, um es mit jemandem zu teilen. Er wüsste auch nicht zu erklären, woher er seine Gewissheit nahm, die Frau zu kennen, obwohl er sie nie zuvor gesehen hatte. Und schon gar nicht wollte er von dem wilden Verlangen erzählen, das ihn bei ihrem Anblick durchfahren hatte.
    Genau dieselben Empfindungen hatten sich auch heute wieder in ihm geregt, als er Miss Henderson das erste Mal gesehen hatte. Sie hatte etwas an sich, das all seine Vorstellungen von Schönheit oder Sinnenreizen überstieg, eine Ausstrahlung, die ihn so tief, so ursprünglich berührte und anzog, dass sie Teil seiner selbst zu sein schien. Bei keiner anderen Frau hatte er je derlei empfunden.
    Er musste daran denken, was sein Bruder Reed ihm über seine erste Begegnung mit Anna erzählt hatte, die schließlich seine Frau geworden war. Es sei wie ein Schlag vor die Brust gewesen, hatte

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