Schatten über Ulldart
enttäuscht. Irgendwie hatte er Gefallen an dem hoch gewachsenen Mädchen gefunden, und er hätte sich gerne länger mit ihr unterhalten, aber offensichtlich hatte sie kein Interesse daran.
»Und wir machen uns direkt hier an die Arbeit«, sagte der Großbauer und küsste seine Tochter zum Abschied auf die Stirn. Der Junge machte ein langes Gesicht.
Waljakov räusperte sich laut. »Es tut mir Leid, aber zuerst ist Zeit für die Fechtstunde des Gouverneurs.«
»Richtig«, pflichtete Lodrik fast überschwänglich froh bei, glücklich darüber, sich vor den staubigen Büchern drücken zu können. »Ich muss mich mit dem Säbel noch besser auskennen, falls Jukolenko etwas planen sollte. Den einen Hieb beherrsche ich noch nicht ganz, außerdem ist meine Kondition noch verbesserungswürdig, hat Waljakov gesagt.« Der Leibwächter nickte zur Bestätigung. »Ich komme nachher vorbei, dann fangen wir an.«
»Wie Ihr wollt, Gouverneur.« Miklanowo warf einen schnellen Blick über die Regale. »Ich beginne derweil mit dem Ordnen des Durcheinanders.«
Lodrik ging mit Waljakov hinaus und musste einem ganzen Rudel Diener ausweichen, die Koffer und Kisten durch die Gänge schleppten, um sie im Hof abzustellen.
»Zieht Jukolenko aus?« Der Statthalter staunte über die Menge an Behältern, die sich auf dem Kopfsteinpflaster stapelten.
»Gezwungenermaßen, Herr«, griente der Leibwächter und zeigte die Zähne. Ein hinterhältiges Lächeln umspielte die Lippen. »Ich habe den Dienern nach Weisung Stoikos den Auftrag gegeben, die Sachen auszuräumen. Wenn Jukolenko und seine Frau vom Theater zurückkehren, werden sie Augen machen.« Lachend gingen der Mann und der Junge in den Fechtsaal.
»Ich möchte dünner werden, Waljakov. Und stärker«, sagte Lodrik, während er den Schutzanzug anlegte. »Kannst du mir dabei helfen?«
Der Leibwächter musterte den Gouverneur fragend.
»Es wird nicht leicht, aber ich kann Euch sehr wohl helfen. Ihr müsst aber alle meine Anweisungen und Übungen, die ich Euch auftrage, befolgen, sonst wird Euer Vorhaben nicht gelingen. Seid Ihr bereit, literweise zu schwitzen, schmerzende Muskeln und Hunger zu haben? Wollt Ihr das wirklich?«
Lodrik nickte. »Ich werde mein Bestes versuchen.«
»Das zählt nicht, Herr. Entweder tut Ihr Euer Bestes, oder Ihr lasst es sein. Versuche sind halbherzige Dinge.« Waljakov warf ihm den Säbel zu. »Entweder oder, aber nicht vielleicht.«
»Ich habe mich entschieden, und ich will abnehmen.« Der Junge hieb mit dem Säbel in die Luft.
»Dann fangen wir gleich an. Nehmt Eure Waffe in beide Hände und streckt sie gerade nach vorne.« Waljakov machte es ihm vor.
»Und was bringt das?« Lodrik hielt die Waffe in rechten Winkel von sich weg.
»Wartet ein wenig und Ihr werdet sehen«, sagte der Leibwächter leise, »und macht dabei Kniebeugen, bis ich Halt sage.«
Nach wenigen Minuten begannen die Arme des Jungen zu zittern und die Muskeln zu schmerzen.
»Und der Lichtstrahl blendete die Ungeheuer, die auf Sinureds Seite standen, so sehr, dass sie voller Angst in die Sümpfe flüchteten und blind vor Schrekken etliche der Truppen zu Tode trampelten.
Das Geeinte Heer, wie es von den Menschen genannt wurde, schöpfte neue Kraft, als es sah, dass Ulldrael bei ihnen war, und stürmte gegen den sonst übermächtigen Kriegsherrn an. Sie fuhren in die gegnerischen Reihen wie die Sense des Schnitters in ein Kornfeld, und inmitten ihres Pulks kämpfte eine schimmernde Lichtgestalt, die die Insignien Ulldraels auf Helm und Schild trug.
Viele Tage dauerte der Kampf, aber ohne Unterbrechung schlugen und droschen die Streiter des Geeinten Heeres auf die Truppen Sinureds, die zu Tausenden fielen.
Aber auch das Geeinte Heer hatte furchtbare Verluste, denn Ulldrael konnte nicht an allen Seiten der Schlacht gleichzeitig sein, um allen beizustehen. Das Blut der Getöteten verwandelte das Kampffeld in einen stinkenden Morast, in dem die erbitterten Gegner knietief versanken, doch keine Seite zeigte Gnade.
Sinured verstand, dass Tzulans Geist zu diesem Zeitpunkt nichts gegen Ulldrael unternehmen konnte und es diesmal schlecht für ihn ausgehen würde. Und so nahm er seinen besten Kriegsherren und eine Hand voll Getreuer, um sich zur Küste durchzuschlagen, um mit Schiffen nach Tzulandrien zu flüchten.
Aber Admiral Tûris, ein erfahrener Seemann der Rogogardischen Flotte, hatte ein wachsames Auge auf das Schiff Sinureds geworfen und verfolgte die Bestie bis auf die Hohe See,
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