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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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war‐
    um, aber trotz allem, was hier passiert, habe ich Vertrauen
    zu ihm. Bei ihm fühle ich mich sicher.»
    «Das ist nicht wenig.»
    «Ja», stimmte Sara zu. «Du kennst mich wohl besser, als
    ich dachte. »
    «Das tu ich», sagte Cathy und seufzte resigniert. «Aber
    ich sollte mehr Vertrauen zu dir haben.»
    Sara schwieg.
    «Ich kann dich nicht vor der Welt beschützen.»
    «Das brauchst du auch nicht», sagte Sara. «Manchmal
    wäre es vielleicht schon, aber ich komme allein zurecht.»
    Um ihre Worte abzumildern, fügte sie hinzu: «Trotzdem
    hab ich dich lieb, weil du für mich da bist.»
    «Ich hab dich auch lieb, Schätzchen.»

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    Jetzt seufzte Sara. Normalerweise wollte sie, wenn et‐
    was schief ging, nur eins: bei ihrer Mutter in der Küche sitzen und ihr zuhören. Doch jetzt hätte sie sich am liebsten an Jeffreys Schulter gelehnt und wäre eingeschlafen.
    Das war neu. So hatte sie noch nie für einen Mann emp‐
    funden. Selbst als Teenager, mit Steve Mann, als alles so aufregend und neu war, hatte Sara nicht dieses brennende
    Verlangen gehabt, an seiner Seite zu sein. Jeffrey war wie eine Droge, von der sie nicht genug kriegen konnte. Sie
    war ihm verfallen und konnte nichts tun als abzuwarten,
    was als Nächstes kommen würde.
    Sara sagte: «Ich muss los, Mama. Ich rufe dich morgen
    an, ja?»
    «Pass auf dich auf», sagte Cathy «Ich heb dir ein paar
    Muffins auf.»
    Sara wartete, bis ihre Mutter auflegte. Als auch sie auflegen wollte, hörte sie ein Geräusch in der Leitung – jemand atmete –, dann klickte es ein zweites Mal.
    Jemand hatte ihre Unterhaltung belauscht.
    Sara ging an die Tür und sah durch das Fenster auf den Korridor. Die Lichter waren schon vor Stunden ausgegan-gen, als Deacon White Feierabend gemacht hatte. Sie
    wusste, dass ein Praktikant namens Harold in dem Apart‐
    ment über der Garage wohnte, doch man hatte ihr gesagt,
    dass er abends gerne für sich war, außer wenn eine Leiche
    abzuholen war.
    Sie hob den Hörer ab und drückte den Knopf, auf dem
    «Apt.» stand.
    Es klingelte sechsmal, bevor der Mann mit einem ver‐
    schlafenen «Hallo?» abhob.
    «Waren Sie gerade am Telefon?»
    «Was?»

    292
    Sara versuchte es noch einmal. «Hier ist Sara Linton.
    Ich bin in der Leichenhalle.»
    «Oh ... richtig ...», brachte er heraus. «Mr. White sagte, dass sie noch da sind.» Er schwieg, und sie glaubte zu hö‐
    ren, dass er gähnte. «Tut mir Leid», sagte er, und leiser:
    «Himmel.»
    Sara zog die Telefonschnur lang und ging wieder zum
    Fenster. Ein Wagen wendete auf dem Parkplatz, und Schein‐
    werfer erhellten den Korridor. Sie beschirmte die Augen
    und versuchte zu erkennen, wer es war. Der Wagen stand
    mit auf geblendeten Scheinwerfern auf dem Behinderten‐
    parkplatz neben ihrem BMW.
    Harold klang mürrisch. «Hallo?»
    «Entschuldigen Sie», sagte Sara. «Ich wollte gerade
    gehen und –»
    «Ach so», sagte er. «Ich komme runter und mache
    Ihnen auf.»
    «Nein, ich –», wehrte sie ab, doch er hatte bereits aufgelegt.
    Sara sah wieder in den Korridor. Mit zusammengeknif‐
    fenen Augen versuchte sie auszumachen, ob jemand zur
    Tür kam. Es dauerte ein paar Minuten, dann tauchte eine
    Gestalt im Licht auf. Harold stand im Flur und beschirmte sich die Augen, genau wie Sara es getan hatte. Er hatte einen Pyjama an und gähnte, als Sara sich neben ihn stellte.
    «Wer zum Teufel ist das?», fragte Harold und ging zur
    Eingangstür.
    «Ich wollte gerade –» Sara brach ab. Der Wagen war ein
    Truck, und sie sah, wie Jeffrey vom Fahrersitz kletterte.
    Aus dem Radio plärrte Country‐Musik, und sie unter‐
    drückte einen Fluch, dann bedankte sie sich bei dem Prak-tikanten.

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    «Schon gut», sagte er und gähnte wieder, dass Sara
    seine Backenzähne sehen konnte. Er schob den Riegel zu‐
    rück und öffnete die Tür.
    Als Sara die Leichenhalle verließ, konnte sie sich die
    Frage nicht verkneifen: «Ist sonst noch jemand in dem Ge-bäude?»
    Harold sah sich über die Schulter um. «Keiner, der noch
    atmet.» Er gähnte wieder. Einmal zu oft. Sara fragte sich, ob er wirklich geschlafen hatte, als sie anrief.
    Sie wollte gerade etwas sagen, doch er winkte ihr zu,
    während er die Glastür abschloss und noch einmal gähnte.
    Sara konnte Jeffrey aus fünf Meter Entfernung riechen,
    er stank wie eine ganze Brauerei. Und sie sah, dass er torkelte. Sara war schockiert. Dass Jeffrey kein Abstinenz‐
    ler war, das war ihr klar, doch sie hatte ihn nie mehr als ein

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