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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ha‐
    ben, um so weit zu kommen wie du, und dann haben sie in
    einer Minute alles über den Haufen geworfen für einen
    Mann, der sie ein paar Jahre später sitzen gelassen hat.»
    «Ich gebe für Jeffrey doch nicht meine Karriere auf.»
    Sara lachte bitter. «Schwanger werden und Kinder groß‐
    ziehen müssen geht schließlich nicht.»
    Cathy quittierte den Kommentar mit einem finsteren
    Blick. «Darum geht es doch nicht, Sara.»
    «Worum geht es dann, Mama? Worüber machst du dir
    solche Sorgen? Was könnte ein Mann mir Schlimmeres
    antun als das, was schon geschehen ist?»
    Cathy betrachtete ihre Hände. Sie weinte nie, doch
    manchmal, wenn sie schwieg, brach es Sara fast das Herz.
    Sara setzte sich zu ihrer Mutter aufs Bett. «Tut mir
    Leid», sagte sie, obwohl sie es satt hatte, sich zu entschuldigen. Sie hatte solche Schuldgefühle, dass sie ihrer an‐
    sonsten so vollkommenen Familie all das aufbürdete, und
    manchmal dachte sie, es wäre das Beste, zu gehen und die
    Familie endlich wieder zur Ruhe kommen zu lassen.

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    Cathy sagte: «Ich will nicht, dass du dich aufgibst.»
    Sara hielt die Luft an. Ihre Mutter hatte ihre Ängste
    noch nie ausgesprochen. Sara wusste wahrscheinlich bes‐
    ser als jeder andere, wie leicht es war aufzugeben. Nach der Vergewaltigung hatte sie nur noch heulend im Bett
    gelegen. Sie hatte keine Ärztin, keine Schwester, keine
    Tochter mehr sein wollen. Zwei Monate lang hatte Cathy
    gebettelt und gefleht, und schließlich hatte sie Sara buch-stäblich aus dem Bett geworfen. Und dann tat Cathy, was
    sie schon in Saras Kindheit immer getan hatte – sie hatte Sara in die Kinderklinik gebracht, und diesmal verarztete
    Dr. Barney Sara, indem er ihr einen Job in seiner Praxis gab. Ein Jahr später hatte Sara dann noch ein zweites Amt
    übernommen und war Gerichtsmedizinerin von Grant
    County geworden, um das Geld für die Übernahme von
    Dr. Barneys Praxis aufzutreiben. Nach zweieinhalb Jahren
    hatte sie sich in Grant County ein neues Leben aufgebaut, und nun hatte Cathy Angst, sie würde wegen Jeffrey alles hinschmeißen.
    Sara stand auf und ging zum Schrank. «Mama ...»
    «Ich mache mir Sorgen.»
    «Mir geht es wieder gut», sagte Sara, auch wenn sie
    wusste, dass sie nie vollkommen genesen würde. Es würde
    immer ein Vorher und ein Nachher geben, egal, wie viel
    Zeit verstrich. «Du musst dich nicht mehr um mich küm‐
    mern. Ich bin stark. Ich schaffe das schon.»
    Cathy warf die Arme in die Luft. «Er will sich nur amü‐
    sieren mit dir. Das ist alles, was er will – Spaß.»
    Sara zog eine Schublade nach der anderen auf, auf der
    Suche nach ihrem Badeanzug. Dann sagte sie: «Vielleicht
    will ich ja dasselbe. Vielleicht will ich auch einfach nur ein bisschen Spaß.»

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    «Ich wünschte, das könnte ich dir glauben.»
    «Das wünschte ich auch», sagte Sara. «Weil es stimmt.»
    «Ich weiß nicht, Liebes. Du hast ein so weiches Herz.»
    «So weich ist es nicht mehr.»
    «Was in Atlanta passiert ist, macht dich nicht zu einem
    anderen Menschen.»
    Sara zuckte die Achseln und steckte den Badeanzug in
    den Koffer. Es hatte die Menschen um sie herum verän‐
    dert, und das machte alles noch schwerer. Sara war voller Wut, dass sie vergewaltigt worden war, und sie war wü‐
    tend, weil das Monster, das über sie hergefallen war, wahr‐
    scheinlich in ein paar Jahren wegen guter Führung aus
    dem Gefängnis entlassen würde. Sie war stinksauer, weil
    ihr ganzes Leben plötzlich Kopf gestanden hatte. Sie hatte
    die Stelle im Grady Hospital aufgeben müssen, auf die
    sie so lange hingearbeitet hatte, weil die Kollegen bei der Notaufnahme sie wie ein rohes Ei behandelten. Die Assis-tenzärztin, die sie nach der Vergewaltigung versorgt
    hatte, konnte Sara danach nicht mehr in die Augen sehen, und die Kommilitonen machten keine Witze mehr, aus
    lauter Angst, sie könnten etwas Falsches sagen. Selbst die Krankenschwestern behandelten Sara mit Samthand-schuhen, als machte sie die Vergewaltigung zu einer Art
    Heiligen.
    Cathy sagte: «Mehr willst du nicht dazu sagen? Heißt
    dieser Blick, dass das Thema für dich beendet ist?»
    «Ich will nicht darüber sprechen», gab Sara entnervt zu‐
    rück. «Ich will kein ernstes Gespräch führen. Ich habe es satt, ernst zu sein.» Sie zog den Reißverschluss des Koffers
    zu. «Ich habe es so satt, die Musterschülerin zu sein. Ich habe es satt, zu groß für die süßen Typen zu sein. Ich habe
    es satt, mit Männern auszugehen, die

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