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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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es
    sich bequem, legte sich die Decke um die Schultern und
    lauschte den gedämpften Geräuschen. In der Küche hörte
    sie die Kaffeemaschine, und irgendwo hupte ein Auto.
    Sie zog die Beine an und legte das Kinn auf die Knie.
    Sara hatte lange keinen Albtraum von Atlanta mehr ge‐
    habt, doch jetzt war sie wieder dort gewesen – in dem Toi‐
    lettenraum im Grady Hospital, wo sie vergewaltigt worden
    war. Der Vergewaltiger hatte ihr die Hände mit Hand‐
    schellen hinter dem Rücken gefesselt und Sara auf eine
    Weise geschändet, die noch heute schmerzte, wenn sie
    daran dachte. Und zum Schluss hatte er ihr den Bauch auf‐
    geschlitzt und sie in ihrem Blut liegen lassen.
    Es schnürte ihr die Kehle zu, und Sara schloss die Au‐
    gen, um durch tiefes Ein‐ und Ausatmen die aufkommen‐
    de Panik zu unterdrücken
    «Geht's dir gut?» Nell stand mit einer Kaffeetasse in der Tür.

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    Sara nickte.
    «Possum ist schon los und macht den Laden auf. Jeffrey
    will nach Jessie sehen. Aber er soll nicht glauben, dass sie vor Mittag aus dem Bett kommt.» Sara schwieg. «Er
    lässt dir ausrichten, du sollst um halb neun startklar
    sein.»
    Sara sah zur Uhr, die auf dem Kaminsims stand. Es war
    halb acht.
    «Der Kaffee ist fertig, wenn du welchen willst», sagte
    Nell dann und ließ Sara allein.
    Sara richtete sich auf und stieß sich die Zehen an ihrem Koffer. Jeffrey hatte ihn vor ein paar Stunden herein-gebracht, doch sie hatte so getan, als schliefe sie. Er war hereingeschlichen wie ein Dieb, und als sie ihm nachsah,
    fragte sie sich, worauf sie sich da eingelassen hatte. Jeffrey
    Tolliver war nicht der Mann, für den sie ihn gehalten
    hatte. Nicht mal Cathy Linton hätte ihm das Verhal‐
    ten von gestern Nacht zugetraut. Sara hatte sich bedroht
    gefühlt, einen Moment hatte sie sogar Angst gehabt, er
    würde sie schlagen. Auf so einen Menschen konnte sie sich
    nicht einlassen. Sie konnte zwar nicht abstreiten, dass sie gewisse Gefühle für ihn hegte, doch das hieß nicht, dass sie
    sich in eine Lage bringen würde, in der ihr auf irgendeine Weise Gefahr drohte.
    Sara presste die Lippen zusammen und betrachtete die
    gerahmte Titelseite an der Wand, auf der Jeffrey zu sehen war. Vielleicht war er nur so sonderbar, weil er wieder in seiner alten Heimat war. Der Mann von gestern Abend
    hatte nichts mit dem Jeffrey Tolliver gemein, den sie in den letzten Monaten kennen gelernt hatte.
    Sie merkte, dass sie versuchte, Entschuldigungen für
    sein Verhalten zu finden. Bisher hatte er nie das geringste 167
    Anzeichen erkennen lassen, dass er zu einem Ausbruch
    wie dem von gestern Nacht fähig war. Er war verzweifelt
    gewesen. Er hatte die Wand geschlagen, nicht sie. Viel‐
    leicht reagierte sie übertrieben. Die Geschichte zerrte an seinen Nerven, und sie hatte alles nur verschlimmert. Er
    hatte sie zwar am Arm gepackt, aber er hatte sie auch wie‐
    der losgelassen. Er hatte sie gewarnt, nicht zu reden, aber gehindert hatte er sie daran nicht, als der Sheriff kam. Bei Tageslicht konnte Sara seine Wut und seinen Frust sogar
    verstehen. Und Jeffrey hatte natürlich Recht: In Alabama
    gab es die Todesstrafe, und nicht nur das, hier wurde sie auch ähnlich gern vollstreckt wie in Texas und in Florida.
    Falls Robert schuldig gesprochen wurde, musste er mit
    dem elektrischen Stuhl rechnen.
    Obwohl sie von der schlaflosen Nacht wie gerädert war,
    versuchte sie noch einmal durchzugehen, was sie gestern
    Abend in Roberts Schlafzimmer gesehen hatte. Sie erin‐
    nerte sich nicht mehr genau, was sie auf der Straße gehört
    hatte, und sie war auch nicht mehr ganz sicher wegen der Schmauchspur an Roberts Wunde. Aber sie musste sich
    doch fragen, warum Robert sich so viel Mühe gab, die Ein‐
    trittswunde zu kaschieren, wenn er nichts zu verbergen
    hatte.
    Wenn sie Recht hatte, dann war der Lauf der Pistole, mit
    der Robert angeschossen worden war, aufgesetzt worden,
    und zwar in einem Winkel von unten nach oben. Die
    Mündung hatte eine V‐förmige Verbrennung auf der Haut
    hinterlassen. Entweder kniete oder saß die Person, die geschossen hatte, unter ihm, oder Robert hatte die Waffe
    selbst auf sich gerichtet und den Abzug gedrückt. Die
    zweite Theorie würde auch erklären, warum die Verlet‐
    zung so harmlos ausgefallen war. Im Unterleib gab es sie-168
    ben lebenswichtige Organe und ungefähr zehn Meter
    Darm. Die Kugel war an alldem glatt vorbeigegangen.
    Sara wollte den Sheriff gestern Nacht über ihren Ver‐
    dacht

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