Schattenbraut - Black, L: Schattenbraut - Takeover (1)
ist der Seesack verschlossen?«
Sie hatte ihn bis auf den letzten Millimeter gefüllt. Ein kleiner Stapel Geldbündel lag noch auf dem Boden. »Ja.«
»Gut. Jessica, setzen Sie sich dahin, wo Sie vorher saßen. Missy und Brad, schiebt den Seesack vor den Informationsschalter. Er wird schwer sein, doch ihr seid beide so wütend, dass ihr ihn sicher ohne größere Mühen ziehen könnt. Danach setzt sich jeder hin. Theresa, Sie auch.«
Lucas folgte Theresa so dicht, dass sein Gewehrlauf alle paar Schritte ihren Rücken berührte. Das Telefon klingelte immer noch. Lucas hatte das Geld und das Auto, nichts konnte ihn davon abhalten, mit ein paar Geiseln im Schlepptau abzuhauen. Außer Chris Cavanaugh, angenommen, er konnte wirklich jeden zu allem überreden.
»Ich finde, Sie sollten ans Telefon gehen«, bemerkte Theresa.
Lucas ignorierte ihren Einwand. »Sie hätten loslaufen können, Theresa, und wären aus der Tür gewesen, bevor ich auf Sie hätte schießen können. Warum sind Sie geblieben?«
»Wie viele Menschen hätten Sie getötet, wenn ich geflohen wäre?«
»Die Hälfte.« Die Antwort kam so schnell, so selbstverständlich, dass ihr das Blut in den Adern gefror. »Wie ich schon gesagt habe. Aber das wäre doch egal, oder? Sie lieben Ihre Tochter. Waren Sie nicht bereit, andere für ihr Wohlergehen zu opfern?«
Bei dieser Frage klopfte ihr Herz aufgeregt. Hätte sie bereit sein sollen? Warum fragte Lucas überhaupt? Versuchte er etwas in Ordnung zu bringen, was in seiner Kindheit passiert war, was die Erwachsenen in seinem Leben hätten tun sollen und nicht taten? Oder machte es ihm einfach Spaß, Salz in offene Wunden zu streuen?
Hätte sie davonlaufen sollen, Rachael über diese anderen Menschen stellen, diese Fremden?
»Liebe und ein menschliches Wesen zu sein sollten sich ausgleichen«, sagte sie, als sie den Informationsschalter erreichten. »Man kann das eine nicht aufrichtig tun, wenn man das andere nicht ist.«
Sein Gesicht versteinerte wieder, ein Hauch von Enttäuschung darauf.
»Da bin ich anderer Meinung, Theresa. Wahre Liebe ist übermächtig, und man muss bereit sein, alles und jeden dafür zu opfern.«
Zum zweiten Mal fragte sie: »Tun Sie das alles dafür? Für die Liebe?«
»Setzen Sie sich, Theresa.«
Sie gehorchte.
26
14:35 Uhr
»Was haben Sie mit der Tochter gemacht?«, fragte Cavanaugh.
Patrick, Cavanaugh und Jason saßen am Schreibtisch der Bibliothekarin. Assistant Chief Viancourt saß auf einem Klappstuhl, einen Fuß über das andere Knie gelegt. Er schien seinen Groll auf Patrick vergessen zu haben – er war noch nie nachtragend gewesen –, doch gleichzeitig wirkte er auch nicht mehr interessiert an der ganzen Situation.
Patrick konnte sich nicht erinnern, wann er zum letzten Mal so müde gewesen war. Er hatte nicht einmal die Kraft, sich eine Zigarette anzuzünden; seine Kleider, selbst seine Unterhose, klebten an seinem verschwitzten Körper. Doch bei Cavanaughs Ton sträubte sich jede Faser in ihm. »Rachael. Sie heißt Rachael.«
»Okay, Rachael. Wo ist sie?«
»Sie sitzt an dem Monitor im Kartenraum.«
Der Unterhändler musterte ihn eindringlich. »Wenn das hier hochgeht …«
»… dann wird sie vielleicht die Ermordung ihrer Mutter mit ansehen, ja, das weiß ich. Aber was soll ich sonst tun? Sie in einen Schrank sperren und ihr sagen, dass sie ein braves Mädchen und ruhig sein soll? Wenn das da draußen meine Mutter wäre, würde ich unter allen Umständen sehen wollen, was passiert.«
»Sie wird für den Rest ihres Lebens Albträume haben. Warum schicken Sie sie nicht ins Krankenhaus zu dem Verlobten? Paul meine ich«, fügte er hastig hinzu, angesichts Patricks mörderischen Blicks. »Er war schließlich beinahe ihr Stiefvater.«
Wird es sein , dachte Patrick, auch wenn dieses Beharren reiner Aberglaube war. Er fürchtete sich davor, Cavanaughs Benutzung der Vergangenheitsform für Paul Cleary anzuerkennen. »Daran habe ich auch gedacht. Sie hat bisher nicht viel nach ihm gefragt, doch ich werde ihr sagen müssen, in welchem Zustand er sich befindet. Ich werde sie nicht zwingen hinzufahren, weil ich die ganze Zeit Theresa vor Augen habe, wie sie da auf dem Boden der Bank verblutet. Ja, es würde Rachael ein lebenslanges Trauma verpassen, wenn sie es mit ansehen müsste. Doch zu wissen, dass sie vielleicht noch die Chance gehabt hätte, sich von ihrer Mutter zu verabschieden, wenn ich sie nicht ins Metro-Krankenhaus geschickt hätte … Nun, sie würde
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