Schattenelf - 3 - Der Herr der Flammen
zum hundertsten Mal durch den Kopf, dass er die Macht besäße, auch anderen wahre Unsterblichkeit zu verleihen, vielleicht nur einigen wenigen Auserwählten, Freunden oder Liebhaberinnen, die sich an seiner Seite durch die Jahrhunderte treiben lassen konnten. Dabei führte er nicht unbedingt ein einsames Dasein, denn in jeder Inkarnation als Chezru-Häuptling konnte er sich mit Freunden umgeben, und an der sinnenfrohen Gesellschaft zahlloser Frauen mangelte es dem Chezru-Häuptling ohnehin nicht.
Aber was für ein Gefühl mochte es sein, mit jemandem gemeinsam die Jahrhunderte zu durchwandern? Mit Bohl vielleicht oder mit Merwan Ma?
Wie stets war das ein nur flüchtiger Gedanke. Ein solcher Lebenswandel barg zweifellos gewaltige Risiken. Ein Begleiter, der die Wahrheit über den Hämatit und die Transzendenz kannte, könnte sich einem Freund offenbaren oder gar auf die Idee kommen, sich zu verlieben und eine weitere Person auf die Wanderschaft durch die Jahrhunderte mitzunehmen. Oder noch schlimmer, er könnte den Ehrgeiz entwickeln, selbst Stimme Gottes zu werden, und würde damit Yakim Douans Stellung gefährden, die er sicher nicht bereit war preiszugeben.
Wen könnte Yakim Douan denn schon überreden, ihn auf seiner ewigen Reise zu begleiten, wenn nicht einen pragmatisch denkenden, nicht übermäßig spirituellen Menschen? Nur jemand wie er selbst in jungen Jahren oder eben Bohl, ein Mann, der tiefste Zweifel an Yatol hegte, würde überhaupt den Wunsch nach einer solchen Reise verspüren, und einem solchen Mann, das wusste Yakim Douan aus eigener Erfahrung, konnte man nicht wirklich trauen. Ein Mann, der nicht aufrichtig an das Paradies glaubte und der Yatol daher nicht wirklich fürchtete, würde stets versuchen, sich bereits in diesem Leben sein Paradies zu schaffen.
Um welchen Preis auch immer.
Wäre er dort gewesen, hätte sein Körper abermals geseufzt, als Yakim Douan klar wurde, was er zu tun hatte, um diese neueste Bedrohung in Gestalt Yatol Bohls auszuschalten.
Und natürlich auch Yatol Thei’a’hu, wie ihm jetzt ebenfalls klar wurde.
Wie ließe sich das vollbringen, ohne eine Spaltung der gesamten Kirche zu bewirken, eine Erschütterung, die sie bis in die Fundamente erzittern ließe, für deren Errichtung er so hart gekämpft hatte? Ginge es nur um einen einzelnen Mann oder eine einzelne Karawane, könnte er seinen Chezru-Lei-Kriegern den Befehl geben, als Banditen verkleidet auszurücken. Selbst wenn ein Überlebender der Karawane die großartigen Krieger wiedererkennen sollte, würde niemand einem einfachen Soldaten des Geleitschutzes Glauben schenken. Aber zwei Yatol-Priester und zwei Karawanen?
Die Sache musste mit größter Sorgfalt und viel Zeit vorbereitet werden.
Viel Zeit. Verzweifelt biss Yakim Douan sich auf die Lippe, als er nach seiner Rückkehr in den Palast in seine körperliche Hülle zurückschlüpfte. Er verspürte nicht die geringste Lust, die Lösung seines jüngsten Problems aufzuschieben und die kommenden Wochen oder sogar Monate mit der Beseitigung dieser verdienstvollen Yatols zu verbringen und anschließend die Ergebnisse abzuwarten.
»Aber wie könnte …«, setzte er an, hielt dann aber unvermittelt inne, als sein Mund sich zu einem bösartigen Grinsen verzog.
Umgehend kehrte er wieder in seine geistige Gestalt zurück, stürzte durch die Pforte des Hämatits und schwebte anschließend quer über die Stadt zu dem Haus, das Yatol Thei’a’hu bewohnte. Er fand den Mann in einem Wannenbad liegend vor, umgeben von hübschen, spärlich bekleideten jungen Dienern beiderlei Geschlechts. Yakim betrachtete die Szene mit einer Mischung aus Mitleid und Amüsement. Es war allgemein bekannt, dass Thei’a’hu seine Fähigkeit zu sexueller Betätigung längst eingebüßt hatte, daher hatte das Gerücht die Runde gemacht, er käme nur noch durch die Lust anderer auf seine Kosten.
Der arme Kerl.
Ohne die den Yatol Umstehenden weiter zu beachten, schwebte Yakim Douans Geist direkt auf den Liegenden zu und schlüpfte in dessen Körper.
Yatol Thei’a’hu riss die Augen auf und gab ein Kreischen von sich, das alle im Raum Anwesenden veranlasste, sich zu ihm umzudrehen. Einige der Zuschauer machten Anstalten, ihm zu Hilfe zu eilen, nur um gleich darauf mit erschrocken aufgerissenen Augen zurückzuweichen, als Thei’a’hu in seiner Wanne um sich zu schlagen und das Seifenwasser im ganzen Raum zu verspritzen begann.
Sein Mund klappte auf und verzog sich, als versuchte er
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