Schattenelf - 4 - Feuerzauber
seine Wunden ließen eine solche Streckung des Körpers nicht zu, also krümmte er sich stattdessen nach vorn, schlang seine Arme um die angewinkelten Knie und vergrub dort sein Gesicht. Er versuchte Pagonels Worte von sich zu weisen, versuchte sich immer wieder einzureden, dass es Shauntil gewesen sei, der die Rolle des Schurken in diesem Stück übernommen hatte, um durch die Ermordung des Mannes, den der Chezru-Häuptling zum Gouverneur von Dharyan ernannt hatte, selbst nach der Macht zu greifen. Wenn er nur in den Tempel Chom Deiru zurückkehren und die Stimme Gottes informieren könnte, dann würde Shauntil gewiss für seine abscheuliche Tat bestraft werden.
Immer wieder sagte sich Merwan Ma das, obwohl ihm irgendwo in einem verborgenen Winkel seines Verstandes bewusst war, dass er bei einer Rückkehr in den Tempel Chom Deiru unverzüglich hingerichtet werden würde.
Aber warum?
Er zermarterte sich das Gedächtnis nach irgendeinem Vergehen, dessen er sich, und sei es noch so unbeabsichtigt, gegenüber der Stimme Gottes schuldig gemacht hatte. Doch nichts drängte sich auf.
Ein Bild jedoch erschien immer wieder vor ihm, das des blutverschmierten Yakim Douan, der geradezu ängstlich einen Kelch umklammert hielt.
Das war offenbar der Wendepunkt gewesen, aber welches Verbrechen, welche Sünde hatte er in Verbindung mit dem Blutopferkelch begangen? Natürlich wusste er von dessen überraschendem Inhalt, dem Edelstein, aber er hatte keiner Menschenseele davon erzählt und konnte sich wirklich sicher nicht sein, ob an diesem Edelstein etwas Unrechtmäßiges war. Vielleicht handelte es sich ja nur um eine als Zierde gedachte Markierung, damit der vergleichsweise hohe und kunstvoll verzierte Kelch gefüllt werden konnte, ohne dass die Spender über Gebühr zur Ader gelassen wurden.
Daran war schließlich nichts Unstatthaftes. Yatol hatte nicht alle Edelsteine verboten – sondern ausschließlich die Verwendung magischer Steine, wie sie diese abellikanischen Ketzer verwendeten.
Und zumindest einer dieser Ketzer war ein enger persönlicher Freund der Stimme Gottes …
Schließlich ließ Merwan Ma den Kopf doch nach hinten sinken und ignorierte den ziehenden Schmerz in seinem vernarbten Gewebe. Dies alles wollte keinen rechten Sinn ergeben, schien alles nur ein absurder Trick dieses Mystikers der Jhesta Tu zu sein, der die abstoßende Tat eines Schurken unter den Chezhou-Lei irgendwie in einen persönlichen Vorteil umzumünzen versuchte. Und doch, auch wenn er sich mit seinem Verstand und seinen Worten dagegen sträubte, in seinem Herzen schien es unbestreitbar.
Chezru-Häuptling Yakim Douan, seine geliebte Stimme Gottes, jener Mann, dem er während seines gesamten Erwachsenenlebens gedient hatte, hatte den Befehl gegeben, ihn zu ermorden.
Brynn ließ den Blick über die Landschaft wandern, die geschwungenen hellgelben Dünen, die gewaltigen Wellen gleich auf einen Ort von mannigfacher Farbenvielfalt zuzuhalten schienen, wo sich Dattelbäume sanft im heißen Wind wiegten, deren Stämme am Ufer eines langen, schmalen Sees von dichtem Gras umwuchert waren. Der See war von mehreren Reihen kleiner Häuser gesäumt, die sich bis zu einer einzeln stehenden, gedrungen und massiv wirkenden Burg mit verwinkeltem Dach und dunkelbraunen, von Schießscharten durchbrochenen Mauern hinaufzogen.
Drei Wochen hatte sie gebraucht, um ihre Armee hierher zu führen, größtenteils durch menschenleere Sandwüste, da sie keiner für ihre Feinde vorhersehbaren Route folgen wollte. Der Ort war zweifellos ein erfreulicher Anblick, doch den müden, schlachthungrigen To-gai-ru wäre jede menschliche Ansiedlung willkommen gewesen.
»Die Oase Garou«, sagte der neben ihr und Nesty auf seinem Pferd sitzende Pagonel.
»Eine Stadt ganz ohne Mauern«, staunte sie.
»Durchaus typisch für eine Oase«, erläuterte der Mystiker »Der Ort ist eine Zwischenstation für die Karawanen, die hier eine hohe Abgabe entrichten müssen, um ihre Tiere und sich selbst mit Wasser zu versorgen.«
»Was wir ebenfalls tun werden, allerdings ohne diese Abgabe zu bezahlen.«
»Die Bewohner der Häuser werden bestimmt vor uns in ihre Burg hinaufflüchten«, sagte Pagonel. »Und von dort aus einen Pfeilhagel auf uns herniederprasseln lassen.«
»Dann schleifen wir ihre Burg eben, bevor wir uns mit Wasser versorgen«, entschied Brynn nüchtern und mit einer Kälte, die dem Mystiker nicht entging.
»Nimm dich vor diesem Ort in Acht«, warnte Pagonel. »Die
Weitere Kostenlose Bücher