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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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ich schwören, das da drüben wärt Ihr…«
    Xinemus streifte Iryssas mit einem raschen Blick und schritt dann unvermittelt und mit so verblüffter wie freudiger Miene auf den Mann im Dunkeln zu. »Drusas Achamian? Akka?«
    Endlich fand Achamian seine Stimme wieder. »Hallo, Xin.«
    »Akka!«, rief der Marschall, umarmte ihn wuchtig und schob ihn dann strahlend ein Stück von sich weg. »Du stinkst ja wie ein Otter, mein Freund.«
    »Ich’ hab auch harte Tage hinter mir«, gab der Hexenmeister zurück.
    »Keine Bange – sie können nur härter werden.«
    Mit der Behauptung, er habe seine Sklaven schon schlafen geschickt, half Xinemus Achamian beim Abladen des Gepäcks, veranlasste, dass jemand sich um sein Maultier kümmerte, und ging dem Freund dann beim Aufbauen des ramponierten Zelts zur Hand. Achamian hatte den Marschall von Attrempus vor Jahren das letzte Mal gesehen, und obwohl er gedacht hatte, die Zeit könnte ihrer Freundschaft nichts anhaben, war ihr Gespräch anfangs recht zäh. Im Großen und Ganzen redeten sie über Belanglosigkeiten – über das Wetter zum Beispiel und über das Temperament seines Maulesels. Wenn einer von ihnen etwas Wichtigeres ansprach, zwang eine unerklärliche Zurückhaltung den anderen zu einer unverbindlichen Antwort.
    »Und wie ist es dir in all den Jahren ergangen?«, fragte Xinemus schließlich.
    »Wie zu erwarten war.«
    Alles erschien Achamian so erschreckend unwirklich, dass er beinahe damit rechnete, Xinemus werde ihn Seswatha nennen. Seine Freundschaft mit dem Marschall war am weit entfernten Hof von Conriya entstanden und schien ihm irgendwie in jenen höfischen Umkreis zu gehören. Xinemus nun hier während einer Mission zu treffen, machte ihn verlegen wie jemanden, der zwar nicht bei einer Lüge ertappt worden ist, aber doch in Umständen, die ihn im Lauf der Zeit gewiss zum Lügner machen würden. Achamian merkte, wie er sich den Kopf darüber zerbrach, was er Xinemus von seinen früheren Missionen erzählt hatte. War er damals ehrlich gewesen? Oder hatte er dem jugendlichen Drang nachgegeben, sich in ein besseres Licht zu setzen?
    Habe ich ihm erzählt, dass ich ein heruntergekommener Dummkopf bin?
    »Bei dir, Akka, weiß man nie, was zu erwarten ist.«
    »Sind die anderen eigentlich deine ständigen Begleiter?«, fragte Achamian, obwohl er die Antwort kannte. »Zenkappa? Dinchases?«
    Eine weitere Angst hatte von ihm Besitz ergriffen. Xinemus war ein frommer Mann – einer der frömmsten, die Achamian je kennengelernt hatte. In Conriya war Akka ein Lehrer gewesen, der zufällig auch Ordensmitglied war. Hier dagegen war er durch und durch Ordensmann. Hier – inmitten des Heiligen Kriegs immerhin! – würde man über seinen Frevel nicht hinwegsehen. Wie viel mochte Xinemus tolerieren? Vielleicht ist das ein Fehler, überlegte Achamian. Vielleicht sollte ich mein Zelt besser anderswo aufschlagen – und allein.
    »Nicht mehr lange«, gab Xinemus zurück. »Ich schick sie demnächst fort.«
    »Aber das ist doch nicht nötig…«
    Xinemus hielt einen Ast in den schwachen Widerschein des Feuers. »Und die Träume?«
    »Was ist damit?«
    »Du hast mir irgendwann erzählt, sie nehmen mal zu und mal ab und ändern sich mitunter im Detail. Und dass du beschlossen hast, sie aufzuschreiben, um sie vielleicht eines Tages zu entziffern.«
    Dass Xinemus das noch wusste, beunruhigte Achamian.
    »Wo haben eigentlich die Scharlachspitzen ihr Lager aufgeschlagen?«, erkundigte er sich in dem unbeholfenen Versuch, das Thema zu wechseln.
    Xinemus lächelte. »Auf diese Frage hab ich schon gewartet… Irgendwo südlich von hier, in einem der Landhäuser des Kaisers – soviel ich weiß.« Er wollte einen Hering in den Boden schlagen, traf aber seinen Daumen und fluchte. »Machst du dir Sorgen wegen ihnen?«
    »Ich wäre dumm, wenn ich es nicht täte.«
    »Sind sie denn so scharf auf dein Wissen?«
    »Und wie. Die Gnosis würde ihnen erst wirklich Schlagkraft verleihen… Allerdings werden sie während des Feldzugs kaum versuchen, sich diese Kenntnisse zu verschaffen.« Schon dass ein gotteslästerlicher Orden Teil des Heiligen Kriegs sein konnte, war für die Inrithi unbegreiflich. Und würde dieser Orden Zauberformeln einsetzen, um seine eigenen, so obskuren Ziele zu verfolgen, wäre das für die Inrithi absolut nicht hinnehmbar.
    »Und das ist der Grund, warum… sie dich geschickt haben?«
    Xinemus nannte die Mandati nur äußerst selten beim Namen. Für ihn waren sie fast immer

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