Schattenfeuer
Gesicht -eine Fratze animalischer Ekstase. Regen prasselte, Wind seufzte und ächzte, Donner grollte, weitere Blitze zuckten vom dunklen Himmel herab - und Rachael kam sich plötzlich vor, als starre sie durchs Schlüssel1och der Hölle, als beobachte sie einen Dämon, der die Seelen der Verdammten verschlang, Das Herz klopfte ihr bis zum Hals empor, schien mit dem Rhythmus der pochenden Regentropfen zu wetteifern. Eine innere Stimme forderte sie immer wieder auf zu fliehen, solange sie noch Gelegenheit dazu hatte, doch das Grauen, das sie durch den Felsspalt sah, hypnotisierte und lahmte sie.
Sie beobachtete, wie weitere Schlangen herankrochen und sich Eric näherten. Er kniete vor dem Zugang ihres unterirdischen Baus, eines Nests, das der strömende Regen offenbar überflutet hatte. Die Klapperschlangen wanden sich hin und her, bissen zu, bohrten ihre langen Zähne in die Oberschenkel und Arme des lebenden Toten. Zwar gab Eric keinen Laut von sich, zuckte nicht einmal zusammen, aber Rachael war dennoch sicher, daß das Gift nicht ohne Wirkung auf ihn bleiben konnte.
Er warf die halb verzehrte Schlange beiseite und griff nach einer anderen, gierte nach mehr Fleisch, zerriß den Körper des Tiers. Vielleicht konnte sein veränderter Metabolismus das tödliche Gift der Klapperschlangen neutralisieren, es in harmlose chemische Komponenten zerlegen. Möglicherweise erneuerte sich das destrukturierte Gewebe sofort, ohne daß es zu irgendwelchen organischen Fehlfunktionen kam.
Weitere Blitze flackerten über den bleigrauen und pechschwarzen Himmel, und in dem ebenso unsteten wie grellen Licht schimmerten Erics spitze Zähne wie Spiegelsplitter. Seine gespenstischen Augen schienen von innen heraus zu glühen.
Nach einer halben Ewigkeit gelang es Rachael, sich aus dem unheimlichen Bann zu befreien, wandte sich von den Felsen ab und eilte fort, wählte eine andere Route, um zum Mercedes zurückzukehren.
Es dauerte nicht lange, bis die hügelige Region hinter ihr zurückblieb, und als sie den Weg über die Ebene fortsetzte wußte sie, daß man sie in diesem Bereich schon von weitem sehen konnte. Sie stellte das höchste Objekt weit und breit dar, und einmal mehr fürchtete sie, von einem Blitz getroffen zu werden. Das Land schien sich im Rhythmus des stroboskopartigen Glühens zu heben und zu senken, als presse irgend etwas Äonen geologischer Aktivität zu einigen hektischen Sekunden zusammen.
Rachael dachte daran, in einen Graben zu klettern, um nicht Gefahr zu laufen, den Blitzen als Entladungspol zu dienen, aber als sie an den Rand herantrat, mußte sie feststellen, daß die Rinne zu zwei Dritteln mit gischtendem Wasser gefüllt war. Ganze Flotten aus Steppenläuferschiffen und Mesquitstrauchbooten tanzten auf den schäumenden Wellen.
Es blieb ihr keine andere Wahl, als die Gräben zu umgehen. Nach einer Zeitspanne, die sie nicht abschätzen konnte, sah sie weiter vorn die Konturen des Rastplatzes. Ihre Handtasche lag noch immer dort, wo sie sie fallengelassen hatte, und der schwarze Mercedes stand auf dem Parkplatz dicht vor dem Betongebäude mit den Waschräumen.
Einige Meter vor dem Wagen blieb Rachael abrupt stehen: Sie erinnerte sich an eine geöffnete Kofferraumklappe, doch jetzt war sie geschlossen. Vor ihrem inneren Auge formten sich neue Schreckensbilder: Eric, der vor ihr zum Rastplatz zurückkehrte, erneut in den Kofferraum kletterte und die Klappe hinter sich schloß.
Rachael zitterte und blieb unschlüssig im strömenden Regen stehen, zögerte, sich dem Wagen weiter zu nähern. Dem Parkplatz mangelte es an Abflußgräben, und daher hatte er sich in einen seichten See verwandelt. Das Wasser reichte der jungen Frau bis zu den Knöcheln.
Die 32er lag unter dem Fahrersitz. Wenn sie die Pistole an sich nehmen konnte, bevor Eric Gelegenheit hatte, aus dem Gepäckfach zu klettern...
Rachael trat einen vorsichtigen Schritt auf den Mercedes zu, blieb unsicher stehen, setzte sich erneut in Bewegung.
Vielleicht verbarg sich Eric nicht im Kofferraum, sondern im Fond. Vielleicht hatte er die Klappe nur geschlossen, sie zu täuschen. Vielleicht lag er auf der hinteren Sitzbank oder duckte sich auf dem Beifahrersitz. Vielleicht wartete er nur darauf, daß Rachael die Tür öffnete -um sie zerfleischen, um ihren Körper ebenso zu zerreißen wie die Klapperschlangen...
Regenwasser strömte vom Dach des Mercedes, floß über die Fenster, verwehrte der jungen Frau den Blick ins Wageninnere.
Rachael hatte Angst
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