Schattenfeuer
erklärte, wie sehr ihm an Gerechtigkeit lag, wies auf die Ähnlichkeit der beiden Namen Ernesto und Ernestina hin und verschwieg auch nicht, daß er sich auf besondere Weise dazu verpflichtet fühlte, diesen Fall zu lösen.
»Ich bin davon überzeugt, daß Rachael Leben und Ihr Chef unschuldig sind«, fuhr Julio fort. »Vielleicht stellen sie Schachfiguren in einem Spiel dar, das sie nicht ganz begreifen Ich glaube, man benutzt sie nur. Vielleicht sollen sie sogar umgebracht, zu Sündenböcken gestempelt werden, um die Interessen anderer Leute zu schützen, möglicherweise sogar die der Regierung. Sie brauchen Hilfe. Und wenn Sie uns Auskunft geben, können wir ihnen helfen.«
Teddy Bertlesman war klug genug, um zu erkennen, daß Julio ihr nichts vormachte, daß er es wirklich ehrlich meinte. Sie nickte langsam und beugte sich vor. »Ich wußte sofort, daß Ben keine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt«, erwiderte sie. »Was für ein ausgemachter Unfug! Die Bundesagenten, die in unserem Büro herumschnüffelten, bezeichneten ihn als eine Art Hochverräter, und ich mußte mich sehr beherrschen, um nicht schallend zu lachen. Meine Güte, ich hätte ihnen am liebsten ins Gesicht gespuckt.«
»Wo könnten sich Ben Shadway und Rachael Leben verstecken?« fragte Julio. »Die Bundestypen werden sie früher oder später finden, und wenn wir zu spät kommen, geht es ihnen vielleicht an den Kragen. Haben Sie eine Ahnung, wo sie sich aufhalten?«
Theodora Bertlesman stand auf und wanderte im Zimmer auf und ab. Reese beobachtete ihre stelzenartigen Beine, die eigentlich knochig wirken sollten, jedoch einer Manifestation von Anmut und Eleganz gleichkamen. Die Frau dachte einige Sekunden lang nach und erwog mehrere Möglichkeiten. Dann erwiderte sie: »Nun, ihm gehören mehrere Anwesen, größtenteils kleinere Häuser, überall im County. Und die einzigen, die noch nicht verkauft oder vermietet sind... warten Sie... Es gibt da einen Bungalow in Orange, an der Pine Street... Aber wahrscheinlich hat sich Ben nicht dafür entschieden, denn im Augenblick finden dort Renovierungsarbeiten statt. Das Bad wird erneuert, die Küche erweitert Nein, er verbirgt sich bestimmt nicht an einem Ort, wo er dauernd damit rechnen müßte, irgendwelchen Handwerkern über den Weg zu laufen. Tja, dann wäre da noch die eine Hälfte eines Zweifamilienhauses in Yorba Linda...«
Reese hörte ihr zu, kümmerte sich jedoch kaum darum was sie sagte. Er überließ es Julio, sich auf ihre Worte zu konzentrieren, während er die Art und Weise beobachtete, in der sie sich bewegte, dem Tonfall ihrer samtenen Stimme lauschte. Ihre weibliche Aura beanspruchte alle seine Sinne, ließ für etwas anderes keinen Platz mehr.
Seit fünf Jahren, seit Janets Tod, hatte er nichts Vergleichbares mehr empfunden. Er fragte sich, ob Teddy Bertlesman auch auf ihn aufmerksam geworden war oder ob sie nur einen einfachen Cop in ihm sah. Er überlegte, wie er einen Annäherungsversuch machen sollte, ohne dabei wie ein Narr zu wirken. Aus irgendeinem Grund bezweifelte er, ob es zwischen einer Frau wie Teddy und einem Mann wie ihm jemals eine festere Beziehung geben konnte.
»Das Motel!« Teddy blieb ruckartig stehen, blickte einige Sekunden lang überrascht ins Leere und lächelte dann. Es war ein herrliches Lächeln, fand Reese, eine Offenbarung. »Ja, natürlich. Es gibt keinen geeigneteren Unterschlupf.«
»Shadway hat ein Motel?« fragte Julio.
»Ja, ein ziemlich heruntergekommenes Gebäude, drüben in Las Vegas«, sagte Teddy. »Es gehört ihm erst seit einigen Tagen. Gründete eine neue Gesellschaft, um es zu kaufen. Vielleicht brauchen die Bundesagenten eine Weile, bis sie darauf kommen. Immerhin befindet es sich in einem anderen Staat. Das Motel steht leer, aber es wurde zusammen mit der Einrichtung verkauft, und zumindest in der Wohnung des Verwalters gibt es Möbel. Ich schätze, dort könnten sich Ben und Rachael eine Zeitlang verstecken, ohne auf einen gewissen Komfort zu verzichten.«
Julio sah Reese an. »Was halten Sie davon?«
Es fiel Reese schwer, den Blick von Teddy abzuwenden,
und er hatte das Gefühl, aus einer Trance zu erwachen. «Klingt gut.«
Theodora Bertlesman setzte ihre unruhige Wanderung fort Flamingofarbene Seide raschelte an ihren Knien. »Ja, das Motel. Ich bin sicher. Bei diesem Projekt arbeitet Shadway mit Whitney Gavis zusammen, und Gavis ist vielleicht der einzige, dem Ben voll und ganz vertraut.«
»Gavis?« fragte
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