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Schattenfluegel

Schattenfluegel

Titel: Schattenfluegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Lukas vorbestraft ist.«
    Für eine Sekunde erstarrte Sigurd, dann lächelte er schwach. »Ich habe auch nie behauptet, dass er vorbestraft ist.«
    »Du hast gesagt …«
    »Polizeilich bekannt«, fiel er ihr ins Wort. »Das ist etwas ganz anderes als vorbestraft, Kim. Du hast mich bestimmt einfach nur missverstanden.«
    Kim setzte die Kaffeetasse an den Mund, um in Ruhe nachdenken zu können. Aber sie trank nicht, weil die Flüssigkeit noch viel zu heiß war. Langsam ließ sie die Tasse wieder sinken. Es stimmte, Sigurd hatte nicht von einer Vorstrafe gesprochen, als er ihr gebeichtet hatte, Lukas überprüft zu haben. Das mit der Vorstrafe hatte sie selbst angenommen – wahrscheinlich wegen all der Gerüchte über Lukas’ Gefängnisaufenthalt, die in der Schule kursierten.
    »Was ich dir noch gar nicht erzählt habe«, wandte sich Sigurd an Johanna. »Es sieht so aus, als wäre dieser Lukas der unbekannte Freund, von dem Nina damals in ihrem Tagebuch geschrieben hat.«
    Johannas Kopf flog zu Kim herum. »Echt?«
    Kim nickte mühsam.
    »Und er hat sich an dich rangemacht und dich in die Disco eingeladen?« Ein wenig Angst schwang jetzt auch in Johannas Stimme mit. Ihr war anzusehen, dass sie in diesem Moment erst begriffen hatte, dass Kim möglicherweise in ernster Gefahr gewesen war.
    Sigurd wies auf ihren Kaffee. »Jetzt trink den erst mal!«, verlangte er. »Und lasst uns mal für eine Weile das Thema wechseln, okay?« Er begann, Johanna von dem amerikanischen Magazin zu erzählen, das seinen Artikel über die Mafia gekauft hatte. »Newsweek, Johanna! Die fanden die Idee, über einen Dokumentenfälscher zu schreiben, ziemlich genial.« Er wurde jetzt ganz euphorisch. »Ist das nicht toll? Wenn ich ganz viel Glück habe, interessieren sie sich auch noch für den Artikel über die Navajo. Ich könnte einen zweiten …« Abrupt verstummte er.
    Der Indianername hing unheilvoll in der Luft, Sigurd hatte ihn völlig arglos ausgeplaudert. Erst jetzt begriff er, dass er damit vermintes Gelände betreten hatte. Johannas Gesicht war deutlich anzusehen, dass sie ihm immer noch nicht verziehen hatte, dass er damals, als Nina starb, in Amerika gewesen war – und nicht bei ihr.
    Kim umklammerte ihren Kaffeebecher mit beiden Händen. Das Porzellan war ziemlich heiß und sie konzentrierte sich auf den brennenden Schmerz in ihren Handflächen. Nina! Egal, was sie taten und sagten, Nina war immer irgendwie bei ihnen. Es war tatsächlich so, als würde ihr Geist ständig über ihren Köpfen schweben.
    Sigurd öffnete den Mund, wollte etwas sagen, aber Johanna kam ihm zuvor. »Du willst eine Fortsetzung von dem Artikel schreiben?«, fragte sie ganz ruhig.
    »Ich kann es sein lassen, wenn du …«
    »Nein, nein!« Abwehrend hob Johanna die Hände. »Der erste war gut! Und wenn Newsweek ihn kaufen will, warum solltest du nicht einen zweiten schreiben?«
    Dankbar sah Sigurd sie an, aber Kim erkannte an seiner Haltung, dass er sich nicht ganz sicher war, ob Johanna das wirklich ernst meinte. »Ich müsste für den zweiten Artikel nicht noch einmal hinfahren«, sagte er. »Ich habe genug Material, um ihn hier zu schreiben.«
    »Gut.« Johanna lächelte. Es wirkte ein wenig verkrampft. »Dann musst du nicht wieder bei diesen komischen Zeremonien mitmachen.«
    Bei den Navajo hatte Sigurd an irgendwelchen obskuren bewusstseinserweiternden Drogenzeremonien teilgenommen. Aus Recherchezwecken, wie er Johanna immer wieder versichert hatte, aber Kim kannte ihre Mutter gut genug, um zu wissen, dass es Johanna ums Prinzip ging. Sie trank nicht einmal Alkohol und verurteilte jede Form von Drogenmissbrauch. Forschend lag ihr Blick auf Sigurds Gesicht.
    Unter seinem rechten Auge zuckte es. »Nein«, sagte er dann. »Nein, das muss ich nicht.«
    »Gut.«
    Die Atmosphäre in der Küche war spannungsgeladen und wurde langsam unerträglich. »Ich glaube, ich muss mich ein bisschen ausruhen«, murmelte Kim. »Die Sitzung bei Dr. Schinzel war anstrengend.«
    Sie erhob sich.
    »Du wirst ihm in Zukunft aus dem Weg gehen, oder?« Fragend sah Johanna sie an und Kim wurde bewusst, was ihrer Mutter am meisten Sorge machte. »Ich meine, Lukas«, fügte Johanna hinzu. »Solange, sie diesen Kerl nicht …«
    Kim fühlte sich, wie in einem Schraubstock.
    Ich war es nicht, hörte sie Lukas’ leise Stimme durch ihren Kopf geistern.
    Langsam nickte sie. »Natürlich, Mom.« Dann verließ sie die Küche und ging in ihr schneeweißes, kaltes Zimmer.
    Kaum hatte sie

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