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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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Nachdenklich starrte sie in die brennenden Kohlen, als könne sie dort die Antwort finden, die Fandur von ihr gefordert hatte. Wie gern wollte sie ihm vertrauen, bei ihm leben, sich niemals von ihm trennen. Aber wie war das möglich? Selbst wenn es ihm gelänge, ihr einen Garten zu bauen, es würde kein Ersatz für die lebendige Natur sein. Würde sie in diesem künstlichen, unterirdischen Reich nicht verkümmern und dahinwelken wie die kleinen Pflänzchen, die er für sie in Töpfen zog?
    Sie verscheuchte die trüben Gedanken und lief hinüber in die vielen Gemächer, die Fandur für sie mit Geschenken und schönen Dingen gefüllt hatte. Wie mühevoll musste es gewesen sein, all diese Gewänder und Truhen, die Schmuckstücke und Kleinodien zu beschaffen und in die Burg zu bringen. War dies alles nicht ein Beweis dafür, wie sehr er sie liebte? Wie viel ihm daran lag, ihr Herz zu gewinnen?
    Sie öffnete die Truhen und zog die Gewänder hervor, bewunderte die zarten, bunten Stickereien und die kostbaren Stoffe. Doch als sie einige davon überzog, stellte sie fest, dass die Kleider nicht so recht passten, sie waren zu weit, zu steif, einige auch zu kurz. Auch die blitzenden Ohrgeschmeide und die Ketten von goldgelbem Bernstein erschienen ihr plump und wenig schmückend, als sie sich im Handspiegel betrachtete. Nur die Feengewänder, die Gora ihr geschenkt hatte, waren ihr wie auf den Leib geschneidert, schmiegten sich warm und sanft um ihren Körper, und ihre Farbe fand ihren Widerschein in Alinas Augen.
    Enttäuscht kehrte sie in ihr Gemach zurück, legte sich auf das Bett und sah zu der gemauerten Deckenwölbung hinauf. Bald würde er zurückkehren, und sie hatte immer noch keine Antwort für ihn. Wenn doch wenigstens Macha statt dieser dummen Zwergin bei ihr gewesen wäre. Ihre alte Magd hatte oft guten Rat gewusst, wenn ihr Schützling in Schwierigkeiten war und selbst wenn kein Rat helfen konnte, so hatte Macha sie doch in ihre Arme genommen, um sie zu trösten. Alina tat einen tiefen Seufzer, trotz des flackernden Kaminfeuers kroch die Kälte an ihrem Körper empor. Sie hatte alle ihre Freunde und Helfer zurückgelassen, Macha, Fergus, Baldin, nicht einmal Asa war hier, um ihr beizustehen.
    Und ihre Mutter? Hatte Fandur nicht gesagt, Etain habe ihr Kind niemals verlassen? Wo war sie jetzt, da Alina sie so nötig brauchte? Verbarg sie sich vielleicht in den blühenden Zweigen, die Fandur ihr gebracht hatte? Aber die grünen Blättchen waren schon matt, und die rosigen und weißen Blütenblätter lagen am Boden verstreut. Und auch draußen in dem öden Tal gab es gewiss keinen Ort, an dem sich eine Fee aufhalten konnte. Sie würde ihre Entscheidung also allein treffen müssen.
    Stunden vergingen, und sie schwankte immer noch zwischen der Sehnsucht, für immer bei ihm zu bleiben, sich ihm ganz und gar anvertrauen zu können und den Erwägungen kluger Vernunft. Als sie endlich wieder in die Fensternische kroch, um hinauszuschauen, stellte sie fest, dass das Licht abgenommen hatte. Der Abend nahte – bald würde Fandur zurückkommen.
    Unruhig hockte sie mit angezogenen Knien auf dem Lager, entwarf zahlreiche Formulierungen, versuchte, ihn ihrer Liebe zu versichern, gleichzeitig aber auch von ihrer Sorge und ihren Forderungen zu sprechen. Schließlich verwarf sie alles wieder, kroch in die Fensternische und stellte fest, dass es längst Nacht war.
    Hatte er nicht gesagt, er würde noch vor dem Abend zurückkommen? Nun, vermutlich war er aufgehalten worden, ein Kampf war ausgebrochen, an dem die Rabenkrieger ihren Anteil hatten. War er nicht gestern auch zur Unzeit gekommen? Schon am Nachmittag anstatt erst am Abend. Er war ein Rabenkrieger, er kam und ging, wann es ihm gefiel.
    Ärgerlich kroch sie ins Bett und zog die Decken über sich. Zum ersten Mal seitdem sie hier in dieser Burg lebte, würde sie nun wohl allein einschlafen müssen. Sie kauerte sich zusammen, umfasste das Kopfpolster, als müsse sie sich daran festhalten, und schloss die Augen. Dennoch wollte sich der Schlaf nicht einstellen, die innere Unruhe war allzu groß. Immer wieder setzte sie sich auf und blickte hinüber zum Kamin, wo das Feuer inzwischen heruntergebrannt war und nur noch ein wenig Glut in der Asche glomm. Weshalb kam er nicht?
    Eine unbestimmte Angst stieg in ihr auf. Sie kroch aus dem Bett und blies vorsichtig in die Asche, doch kein einziges rotes Fünkchen wollte sich mehr zeigen. Es musste schon weit nach Mitternacht sein, die

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