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Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
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schon vom Geruch der Speisen, und sie hatte Mühe, ihren Widerwillen vor der Zwergin zu verbergen.
    »Möchtest du mein Haar kämmen?«
    »Gern. Aber du musst essen, Feenkind. Wir haben versprochen, dich gut zu versorgen.«
    Alina brach das Brot auseinander, es war steinhart, aber es schien genießbar zu sein.
    »Ich esse, während du mich kämmst«, schlug sie vor, strich das lange Haar aus den Schläfen und setzte sich auf die Bettkante.
    Nachdenklich knabberte sie an dem trockenen Fladen herum, verteilte Krümel über Bett und Fußboden und spürte die begierigen Finger der Zwergin, die durch ihr Haar fuhren.
    »Würdest du gern eine Strähne meines Haares besitzen, Gora?«
    Die Zwergin zupfte gerade ein paar Härchen aus dem Kamm und war über das Angebot so erschrocken, dass ihr die rotgoldene Beute entglitt.
    »Kostbarer als Gold und Silber«, wisperte sie und bückte sich rasch, um das Löckchen aufzuheben. »Feenhaar leuchtet im Finstern. Macht, dass uns Zwergen die Augen übergehen.«
    »Lass uns einen Handel abschließen, Gora. Ich biete dir eine Strähne meines Haares, dick wie dein Zeigefinger und so lang, dass du sie dir dreimal um den Bauch wickeln kannst. Möchtest du eine solche, leuchtende Strähne meines Haares besitzen?«
    Alina drehte sich um, denn sie wollte der Zwergin ins Gesicht sehen. Es war ein ungewöhnlicher Anblick, die kleinen Augen glühten plötzlich in tiefem Rot, und die unförmige Nase zuckte aufgeregt.
    »Was willst du dafür, Feenkind?«, zischte sie. »Edelstein, Gold, Perlen? Was soll ich Etains Tochter für diesen Schatz geben?«
    »Nichts, das für euch Zwerge von großem Wert ist. Ihr werdet es leicht entbehren können, denn ihr habt mehrere davon.«
    »Was meinst du?«
    »Nur ein Rabenkleid.«
    Die Zwergin starrte Alina mit rotglühenden Augen an, die Begierde nach dem leuchtenden Schatz war deutlich darin zu lesen. Doch ebenso die Angst.
    »Das darf ich nicht.«
    »Weshalb nicht?«
    »Der Rabenkrieger wird zornig sein.«
    Alina drehte sich schulterzuckend wieder um und tat, als sei die Sache damit erledigt. Nachlässig zog sie eine Haarflechte nach vorn, spielte damit, ließ sie durch die Finger gleiten, so dass sich das dichte Haar wie ein rotgoldener Schleier auffächerte. Fünkchen blitzen auf, das Feenhaar schien heller zu leuchten als die Flammen im Kamin. Alina hörte tiefe, schnaufende Laute – die Zwergin seufzte und rang mit sich.
    »Wirst du mich verraten?«, wisperte Gora.
    »Niemand wird es erfahren, das verspreche ich dir.«
    »Du musst es verbergen. Er darf es nicht finden.«
    »Natürlich.«
    »So sei es.«
    Alina hörte nur die Pforte in den Angeln knirschen und über den Boden schleifen – Gora hatte den Raum verlassen. Rascher als Alina vermutet hatte, kehrte die Zwergin zurück, sie musste die vielen Kammern und Gänge in erstaunlicher Geschwindigkeit durchlaufen haben. In der einen Hand hielt sie eine scharf geschliffene, blinkende Schere, in der anderen ein dunkles Bündel.
    »Ist es auch heil? Nicht etwa beschädigt?«, fragte Alina misstrauisch.
    »Heil und ganz. Ich gebe dir mein Wort.«
    Alina schnitt sich die Strähne im Nacken ab, ein Büschel, so dick wie Goras Mittelfinger und länger als die Körperhöhe der Zwergin. Das Feenhaar war so dicht, dass man die kurzgeschnittene Stelle unter den welligen Flechten gar nicht bemerkte.

Kapitel 22
    Gora prüfte sorgfältig nach, ob die Strähne auch die versprochene Dicke hatte, hielt ihren Mittelfinger dagegen und zog die Stirnfalten bedenklich auf und nieder. Zwerge schienen misstrauische Händler zu sein, sie gab sich erst zufrieden, als Alina ihr noch eine kleine Locke als Zugabe schenkte. Da rollte die Zwergin ihren Schatz endlich zusammen, stopfte das glänzende Feenlicht in ihren braunen Ärmel und verschwand damit.
    Ob sie Morin wohl von ihrem Handel erzählte? Sicher nicht die ganze Wahrheit, denn Morin hätte das Rabenkleid wohl nicht so einfach herausgegeben. Alina band die silberne Schnur auf und breitete die blauschwarzen Federn auf dem Boden aus. Es waren unendlich viele, und sie lagen in wirrer Unordnung unter- und übereinander – zarte Nackenfederchen, flaumige Bauchfedern, glatte, glänzende Schwanzfedern und die großen Schwungfedern der Flügel –, von allem war reichlich vorhanden. Ob Gora mit ihrer Versicherung die Wahrheit gesagt hatte, konnte wohl nur ein Rabenkrieger beurteilen, Alina war dazu nicht imstande.
    Das Ganze war sowieso eine ziemlich verrückte Idee,

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