Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengefährte

Schattengefährte

Titel: Schattengefährte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan MacFadden
Vom Netzwerk:
Vater«, sagte sie eindringlich und streichelte seine kalten Hände. »Ich bin zurück und werde dir beistehen. Wir werden gemeinsam durch die Wiesen reiten, und drüben an der Quelle werden wir meine Mutter finden. Ich weiß, dass du nach Etain gesucht hast …«
    Er zuckte schmerzvoll zusammen, als sie den Namen ihrer Mutter nannte. Für einen kleinen Moment kam Bewegung in seinen erstarrten Körper, seine Finger krallten sich in das Holz der Lehnen, die Schultern strafften sich, und er schien bemüht, sich auf seinem Sitz aufzurichten. Doch gleich darauf sackte er wieder in sich zusammen, und seine Hände wurden schlaff.
    »Eine große Freude«, sagte er mit heiserer, gebrochener Stimme. »Eine große Freude wird dir zuteil, meine Tochter …«
    Es klang, als spreche er Sätze, die er zuvor auswendig gelernt hatte.
    »Eine große Freude … denn du wirst die Königin des Hügellandes sein. An deiner Seite wird ein Ritter stehen, der mein Land klug und verlässlich regieren wird, der es gegen alle Feinde verteidigen und vor jeglicher Not schützen wird …«
    »Was redest du da, Vater? Du selbst bist der König des Hügellandes …«
    Er hörte ihre Worte nicht, sondern sprach weiter, sah sie auch nicht mehr an, sondern starrte zu einem der Fenster hinüber, dessen bunte Glasscheiben im trüben Tageslicht fast grau erschienen.
    » …vor jeglicher Not schützen wird. Mein Schwager Nemed wird dir ein treuer Ehemann sein, er wird dich führen und anweisen, bei ihm sollst du leben, ihm Kinder gebären und ihm gehorsam sein, wie es einer Ehefrau …«
    »Nein!«, rief sie zornig. »Du weißt ja nicht, was du redest, Vater! Wie kannst du mich mit Nemed verheiraten – jenem Mann, dem du niemals vertrauen wolltest?«
    Sie fasste ihn bei den Schultern, um ihn aus der Betäubung wach zu rütteln, doch sein Körper war schwer und vollkommen unbeweglich. Nur der Mantel glitt von seiner rechten Schulter, was er aber gar nicht bemerkte.
    »Nemed wird dir ein treuer Ehemann sein«, wiederholte er, ohne auf sie zu achten, den Blick ins Leere gerichtet. »Er wird dich führen und anweisen, bei ihm sollst du leben, ihm Kinder ge…«
    »Hör auf!«, schrie sie verzweifelt und stampfte mit dem Fuß auf. »So hör doch auf, diesen Unsinn herunterzuleiern! Komm zu dir, Vater! Wach auf! Sei endlich wieder du selbst!«
    Plötzlich vernahm sie hinter sich eine leise Bewegung, und sie fuhr herum. Das Netz hatte sich um sie gelegt, und die Spinne kam herangekrochen.
    »Behandelt man so einen Kranken«, sagte der Ritter Nemed mit sanftem Tadel. »Euer Vater ist siech, Alina, woran Eure eilige Abreise nicht unschuldig ist. Ihr solltet freundlich mit ihm umgehen und Euch in allen Dingen als eine gute Tochter zeigen.«
    Er war auf leisen Sohlen in den Raum getreten und hatte die Pforte hinter sich zugezogen. Breitbeinig stand er vor ihr, den prächtigen Gewandrock mit einem gestickten Band gegürtet, in dem ein Dolch mit kunstvoll eingelegtem Griff steckte. Immer noch trug er den goldenen Reif ihres Vaters im sorgsam gekämmten braunen Haar.
    »Der König hat Euch nicht rufen lassen, Ritter Nemed«, sagte sie zornig. »Wieso dringt Ihr in sein Gemach ein?«
    Er lächelte und tat einige Schritte auf sie zu, so dass sie allen Mut zusammennehmen musste, um nicht vor ihm zurückzuweichen.
    »Der König hat mich zum Regenten eingesetzt, solange er selbst nicht in der Lage ist, das Land zu führen. Daher bin ich auch Herr dieser Burg und habe das Recht, jeden Raum zu betreten, wann immer es mir gefällt.«
    Trotz des Lächelns war der bedrohliche Unterton nicht zu überhören – Nemed war sich seiner Macht vollkommen sicher. Das konnte nur bedeuten, dass König Angus’ Tage gezählt waren, schon jetzt behandelte das Geschwisterpaar ihn wie einen Gefangenen.
    Nemed musste den Ausdruck in ihrem Gesicht richtig gedeutet haben, denn sein breites Schmunzeln zeigte es. Alina verfluchte ihre helle Haut, die jede Gemütsbewegung so deutlich auf ihren Zügen abzeichnete, der Zorn über Nemeds Unverfrorenheit war nur allzu leicht zu sehen.
    »Ihr habt Recht«, gab sie zurück. »Mein Vater ist krank, und als seine gehorsame Tochter werde ich mich seiner Pflege widmen. Von nun an werde ich hier bei meinem Vater wohnen, damit ich mich Tag und Nacht um ihn kümmern kann.«
    Er lachte kurz auf über diesen untauglichen Versuch, die Lage noch einmal zu wenden, dann trat er noch zwei weitere Schritte an sie heran und genoss es sichtlich, dass sie sich angstvoll

Weitere Kostenlose Bücher