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Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Schattengesicht (quer criminal) (German Edition)

Titel: Schattengesicht (quer criminal) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Wagner
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ist“, sagte Carsten. „Aber der kommt einfach nicht hoch, der sitzt bloß auf seinem Arsch. Aber was reg ich mich eigentlich auf“, brummte er. „Ein bisschen was davon habt ihr hier ja alle.“
    Als der Campingplatz errichtet wurde, hatte Jamie schnell reagiert. Er hatte den Bauwagen an seinen uralten Opel angekoppelt und ihn von der LPG zum Waldrand gefahren. Zehn Meter vom Zeltplatz entfernt koppelte er ihn wieder ab. Und dort stand er nun.
    Seinen Sessel hatte er mitgebracht. Genau wie eine erste Ladung an Bier, Limo und Wasser. Gleich am ersten Abend stellte er einen Grill auf. Kaum waren die Würstchen fertig, rissen die Camper sie ihm aus den Händen. Sie standen um den Wagen herum, aßen mit großem Appetit, tranken das Bier, lachten. So gab es plötzlich einen „Kiosk“ am Campingplatz. Niemand nahm es Jamie übel, nur Carsten.
    - - -
    Ich hockte jetzt fast jeden Abend hinter einem Gebüsch ganz in der Nähe des Campingplatzes. Ich sah zu, wie Jamie Gitarre spielte, wie die Leute sich Getränke von dem Klapptisch nahmen und Geld in ein leeres Saure-Gurken-Glas steckten.
    Manchmal war Jamie nicht in seinem Sessel, und das Licht im Bauwagen war an. Dann beobachtete ich, wie irgendwann Karina Ziegler herauskam, Jennys Schwester. Karina war sechzehn und ging in die Zehnte. Im Gegensatz zu Jenny war Karina ein Mädchen, das ich bewunderte. Es schien, als hätte Jenny sich von allen zur Verfügung stehenden Eigenschaften nur die einfallslosen und ermüdenden gegriffen, während ihre Schwester sich die interessanten und spannenden herausgezupft hatte. Karina machte Judo und war die beste Schwimmerin an der Schule. Jenny konnte nicht mal einen einzigen Klimmzug. Karina trug die Haare bis zum Ohr, was ich toll fand. Am meisten aber bewunderte ich, dass sie sich nichts gefallen ließ. Während Jenny bei jeder Kleinigkeit in Tränen ausbrach, schrie Karina jemandem, der absichtlich in sie hineinlief, zu: „Biste blind, oder was? Hier, wie viele Finger halte ich hoch?“ Und dann ließ sie ihre Hand mit dem ausgestreckten Mittelfinger nach oben fliegen.
    Wenn sie aus dem Bauwagen kam, sah sie aus, als würde sie glühen. Sie ging die Stufen hinunter, als wären sie nur für sie angebracht. Ich starrte sie aus meinem Versteck heraus an, und ich konnte ihre Hitze fast spüren; sie strahlte sie aus jeder Pore ab wie ein Radiator.
    Ich stellte mir vor, was Jamie jetzt tat. Da drin. Ob er sich anzog? Oder ob er noch im Bett lag, die Arme hinter dem Kopf verschränkt? Ich sah Karina hinterher, die pfeifend zum Weiher ging und sich ans Ufer setzte. Wie gern wäre ich Jamie gewesen. Jamie, der in seinem Bauwagen Besuch von so einem Mädchen bekam.
    Wenn Karina nicht da war, saß Jamie draußen, und ich sah von meinem Versteck aus zu, wie das Lagerfeuer die Luft rot färbte. Es gefiel mir. Ich kam mir rebellisch vor. Niemand wusste, wo ich war. Carsten nicht, Ina nicht, niemand.
    Bis Jamie einen Tages aufhörte zu spielen. Er stellte die Gitarre auf den Boden und begann, sich eine Zigarette zu drehen. „Na, komm schon vor“, sagte er. Er sprach nicht laut. Es war fast, als spräche er zu sich selbst.
    Ich reagierte nicht. Er konnte nicht mich meinen.
    Er leckte an dem Blättchen und drückte die Zigarette fest. „Mach schon“, sagte er. „Ich weiß, dass du da bist.“ Da kam ich hinter dem Gebüsch hervor.
    „Hi“, sagte er und zündete sich die Zigarette an. „Ich bin Jamie.“ Er nahm einen tiefen Zug und atmete dann Rauchkringel aus. „Und wer bist du?“
    „Milana“, sagte ich trotzig.
    „Die aus dem Anker ?“
    Mein Gesicht versteinerte. „Wenn du mich verpfeifst, dann … dann …“ Ich wusste nicht, womit ich ihm drohen konnte, ich hatte noch nie jemandem gedroht. Ich wusste nur, dass Carsten und Ina auf keinen Fall davon erfahren durften, dass ich hier war. Das hier war mein Geheimnis. „… dann stech ich die Reifen an deinem Opel platt!“
    Jamie sah mich interessiert an. Dann sagte er: „Warum sollte ich dich verpfeifen? Wir stehen doch auf derselben Seite.“
    Dann, als ich immer noch mit verschränkten Armen dastand, erhob er sich und sagte: „Hilfst du mir, die leeren Bierflaschen wieder einzusammeln?“
    - - -
    Von diesem Tag an hatte ich einen Freund.
    Tagsüber musste ich im Anker bleiben. Ina wollte wie immer, dass ich ihr in der Küche half, aber ich stellte mich absichtlich blöd an, ließ die Tomaten fallen, stellte die Temperatur am Ofen zu hoch ein, schnitt das Gemüse entweder zu

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