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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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krümmte seine Finger bis auf den Zeige- und Ringfinger und drehte die Hand, daß die Innenfläche nach unten zeigte.
    »So. Nun mußt du nur noch dem Hund in die Augen blicken und das Zeichen geben, indem du den kleinen Finger nach unten klappst – genau so – dann sprichst du: ›Friede, Freund Hund‹, während du dieses Zeichen machst.«
    »Ich habe beobachtet, wie du das gemacht hast. Deine Worte klangen ganz anders«, bemerkte Alec, wobei er das Handzeichen wiederholte.
    »Soora thasali, meinst du? Nun, du kannst es auch auf Aurënfaie sagen, wenn du willst. Ich dachte nur, es sei leichter für dich, wenn du es in deiner eigenen Sprache in Erinnerung behältst.«
    »Friede, Freund Hund«, wiederholte Alec und vollführte das Handzeichen. »Sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«
    »Mal überlegen. Die Dornen, die Hunde, die Diener. Nein, ich glaube, damit hätten wir alles. Glück im Schatten, Alec.«
    »Dir auch«, knurrte Alec und begann noch einmal, die Mauer zu erklimmen.
    Auf der Mauerkrone waren tatsächlich Dornen und scharfkantige Scherben eingelassen. Er hielt sich an der äußeren Kante fest, zog seinen Umhang von hinten nach vorn und legte ihn als Bündel über die scharfen, spitzen Kanten vor ihm.
    Dann stützte er sich mit dem Ellbogen darauf ab und löste die Bänder an dem Umhang.
    Der Garten unter ihm schien schien verlassen, wenn auch aus der halb geöffneten Hintertür des Hauses das geschäftige Treiben einer großen Küche zu hören war. Alec zog sich schnell über die Mauerkrone, kletterte vorsichtig, von den Fingerspitzen gehalten, hinab und ließ sich auf den Boden fallen.
    Im Mittelpunkt des Gartens befand sich ein ovaler Zierteich. Kieswege schimmerten hell in der Dunkelheit zwischen Blumenbeeten und kahlen Bäumen. Die Äste eines besonders großen Baumes reichten fast bis an den Balkon im zweiten Stock. Das schien der leichteste Weg zu sein, ins Haus zu gelangen.
    Die Schatten schlossen sich um Alec, als er zu dem Baum hinüberschlich. Er bewegte sich lautlos, stets bemüht, nicht auf die Kieswege zu treten. Er war bereits auf Armlänge an den Baum herangekommen, als er eine Bewegung neben sich wahrnahm. Ein heißes, nasses Maul schloß sich fest um seinen rechten Arm, gleich über dem Ellbogen.
    Der weiße Hund hatte nicht ganz die Statur eines Bären, aber das war im Augenblick Alecs geringste Sorge. Das Tier knurrte ihn nicht an und biß auch nicht zu, doch es hielt ihn fest und musterte ihn mit gelben Augen, die in der Dunkelheit leuchteten.
    Alec unterdrückte den Impuls, sich losreißen zu wollen oder zu schreien, machte statt dessen mit der linken Hand das gelernte Zeichen und krächzte: »Soora, Freund Hund.«
    Dem Hund schien das Sprachgemisch nichts auszumachen, und er kam Alecs Wunsch sofort nach. Dann tappte er lautlos und ohne einen Blick zurück in die Dunkelheit hinein. Als Alec die Brüstung des Balkons erreicht hatte, war er selbst überrascht, wie schnell er den Baum erklommen hatte.
    Auf dem Balkon hatten sich abgestorbene Blätter zu kleinen Haufen angesammelt. Er trat über sie hinweg und untersuchte die beiden Fenster rechts und links von der kunstvoll geschnitzten Tür, die ins Haus führte. Die Tür war verschlossen und die Fenster, aus denen kein Lichtschein drang, mit schweren Läden verrammelt.
    Schweigend schickte er ein Stoßgebet zu Illior und machte sich an der Tür an die Arbeit. Er ließ einen Draht den Spalt entlanggleiten und fand heraus, daß drei verschiedene Schlösser sie versperrten. So wandte er seine Aufmerksamkeit dem größeren Fenster zu, und auch dort fand er zwei dieser verflixten Schlösser vor. Das dritte Fenster, kaum groß genug, um einem Kind den Zugang zu gestatten, war nur durch einen einzelnen Laden verschlossen.
    Während einer Unterrichtsstunde über die Kunst des Einbruchs hatte Seregil einst bemerkt, daß der unwahrscheinlichste Weg meist derjenige sei, der die geringsten Hindernisse bot. Alec zog ein dünnes Stück Lindenholz aus der Rolle und suchte damit in den Spalten zwischen Laden und Fensteröffnung. In weniger als einer Minute fand er die beiden Haken, mit denen der Laden festgemacht war. Die Haken gaben schnell nach, und der Laden schwang auf und gab eine kleine Bleiglasscheibe frei. Der Raum dahinter war unbeleuchtet.
    Alec hoffte, daß ein etwaiger Bewohner mittlerweile längst Alarm geschlagen hätte, machte sich erneut mit dem Draht an die Arbeit und öffnete problemlos das Schloß, das nur über ein einziges

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