Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten
ertrage, dich beinahe sterben zu sehen«, stöhnte Seregil.
»Meine Grenze liegt bei zweimal«, krächzte Alec und sank auf die Knie. Als er noch einmal den Steinhaufen ansah, auf dem er beinahe sein Ende gefunden hatte, entdeckte er ein metallenes Glitzern fast ganz oben auf dem Geröll. »Seregil, siehst du es auch?«
»Das ist doch nicht möglich.« Seregil hinkte auf die Steine zu und zog sein verschrammtes Schwert aus dem Haufen. Der Griff war arg mitgenommen, und eine Parierstange fehlte, aber die Hülle hatte die Klinge geschont.
»Aura elthe!« rief er aus und ließ seiner Erleichterung freien Lauf. »Mein Großvater gab mir dieses Schwert, als ich noch jünger war als du. Dieser letzte Rutsch muß es freigegeben haben. Zwei frische Pferde und nun das! Es scheint, unsere soeben von uns gegangenen Besucher haben ihre üble Tat fast wiedergutgemacht.«
37
Zurück
Seregil ritt früh am nächsten Morgen voraus in den Hof von Watermead. Micum stand bei seinen Hunden.
»Ihr seid schon zurück?« rief der große Mann, als er sie kommen sah. Er wurde ernst, als er die beiden genauer betrachtete. »Was ist denn, zum Teufel, mit euch passiert?«
»Wir haben in Cirna Aufmerksamkeit erregt«, erwiderte Seregil, als er steif abstieg und ins Haus hinkte.
»Wir gerieten in einen Hinterhalt auf dem Rückweg«, erklärte Alec. »Es waren gewiß gedungene Mörder.«
»Glaubst du?«
Seregil hob eine Braue. »Wir hatten nicht viel Zeit, uns zu unterhalten, aber vermutlich hat er recht. Es ist möglich, daß man mich beobachtet, seit Thero in meinem Körper aus dem Turm kam.«
»Ich dachte doch, daß ich bekannte Stimmen höre!« rief Kari. Sie wirkte sichtlich blaß, als sie aus ihrem Zimmer in den Wohnraum trat. »Seregil, du bist ja verletzt! Ich hole meine Kräuter.«
»Es geht mir gut«, versicherte er ihr und ließ sich auf der Bank neben dem Kamin nieder. »Wir schliefen in der Garnison auf dem Weg. Der Arzt dort hat sich meiner angenommen. Allerdings könnte ich ein heißes Bad gebrauchen.«
»Ich werde Arna sagen, daß sie etwas Birkenkätzchen und Arnikablätter ins Wasser gibt, das lindert den Schmerz. Etwas Weidenrindentee kann dir auch nicht schaden.«
»Sie sieht blaß aus«, bemerkte Seregil. »War sie krank?«
»Nicht wirklich krank«, erwiderte Seregil und vermied dabei, dem Freund in die Augen zu sehen. »Mehr unwohl.«
Seregil blickte seinen Freund eine Weile an, dann lächelte er wissend.
»Ich kenne diesen Blick. Sie ist wieder schwanger, nicht wahr?«
»Nun …«
»Ach, sag es ihnen«, meinte sie, als sie mit ein paar Krügen zurückkam. »Es ist doch sinnlos, etwas vor ihm geheimzuhalten!«
»Dann stimmt es?« rief Seregil aus. »Bei Bilairy, Micum, wie lange weißt du es denn schon?«
»Sie sagte es mir, als ich letztens nach Hause kam. Das Baby wird im Spätsommer zur Welt kommen, wenn der Schöpfer es so will.«
»Wenn es der Schöpfer so will«, wiederholte Kari und drückte die Hände gegen ihren Leib. »Es geht mir die meiste Zeit schlecht, außerdem bin ich zu alt, ein Kind zu tragen. Ich hatte nicht geglaubt, daß es wieder geschehen würde, aber Dalna muß wohl gesehen haben, daß wir noch etwas Platz haben.« Sie lächelte nachdenklich. »Vielleicht bekommen wir diesmal einen Sohn. Man sagt, mit einem Jungen fühlt man sich während der ersten Monate schlechter.«
»Die Ärmste mußte sich die ganze Nacht hindurch übergeben«, erklärte Micum und legte ihr einen Arm um die Taille.
»Ich fühle mich auch jetzt nicht sehr gut«, seufzte Kari. »Ich werde mich lieber hinlegen. Die Mädchen werden euch nicht stören. Sie sind heute nicht hier.«
Micum brachte Kari in ihr Zimmer und schloß die Tür. Als er zurückkam, verzog Seregil das Gesicht.
»So, so, im Spätsommer? Das muß ja ein recht stürmisches Wiedersehen gewesen sein im Erasin.«
»Ein besseres, als du es hattest, das garantiere ich dir. Hoffentlich kann sie das Kind behalten. Ich hätte nichts gegen ein paar kleine Füße, die durchs Haus laufen.«
»Behalten?« fragte Alec.
»O ja.« Micum nickte traurig. »Sie hat ebenso viele Fehlgeburten, wie sie Kinder austrug. Zum erstenmal geschah es etwa ein Jahr, nachdem Illia geboren wurde. Es geschieht stets in den ersten Monaten, danach geht es ihr noch wochenlang schlecht. Die gefährliche Zeit ist noch nicht vorüber, und sie macht sich große Sorgen. Aber laßt uns von euch sprechen. Womit haben sie euch traktiert, mit Knüppeln?«
»Steinschlag«,
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