Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
Vom Netzwerk:
beste Zeit, aufzubrechen. Jeder, der uns dann auf der Straße sieht, denkt, wir wären auf dem Weg zum Markt, verstehst du?«
    »Aber ja! Ich werde tun, was du vorschlägst. Ich bin dir ja so dankbar!«
    Sie wandte sich ihm zu, zog ihn mit überraschender Entschlossenheit an sich und gab ihm einen heftigen Kuß, daß beider Zähne aufeinanderkrachten. Während sich ihre Lippen noch berührten, zog sie seine Hand auf ihren flachen Busen, und mit der anderen begann sie ihren grob gewebten Rock hochzuziehen.
    »Stamie, dafür ist jetzt keine Zeit«, keuchte Alec, und versuchte, freizukommen. Sie hatte Knoblauch gekauft, zum Schutz gegen das Winterfieber.
    »Es dauert nicht lange«, kicherte sie und ergriff den Saum seines Hemdes. Mit zartem Nachdruck gelang es Alec, sich zu befreien, und er hielt sie eine Armlänge von sich entfernt. »Nicht so schnell.«
    »Was ist denn los mit dir?« wollte das Mädchen beleidigt wissen. »Zuerst tust du mir schön, dann willst du nichts von mir wissen.«
    »Aber doch«, versicherte ihr Alec. »Aber so würden wir nur Ärger heraufbeschwören. Wenn du nicht bald zurückkehrst mit den Tannenzapfen oder was immer du holen solltest, werden sie dich suchen, oder? Vielleicht sperren sie dich sogar ein, wenn sie dich zurückgebracht haben.«
    »Das würden sie wohl«, stimmte Stamie wenig begeistert zu.
    »Natürlich würden sie das«, sagte Alec und lockerte den Griff, bis er sie nur noch zärtlich berührte. »Und was wäre dann, hm? Aber wenn wir vorsichtig sind, könnten wir morgen abend schon in Rhíminee sein. Wir beide.«
    »Wir beide!« echote Stamie verzückt.
    »Ja. Komm jetzt, ich werde dir helfen.«
    Sie hielten sich außer Sichtweite der Wachen auf dem Turm und sammelten dürre Äste, um Stamies Korb zu füllen.
    Das aufgeregte Mädchen plapperte fröhlich, und es war Alec ein leichtes, die Unterhaltung auf den zerstörten Turm zu bringen.
    Der Turm über der Schlucht war schon seit ewigen Zeiten unverändert. Niemandem war der Zutritt gestattet, und Tante Illester behauptete, daß dort ein Gespenst sein Unwesen trieb, vielleicht ein Lord, der den Blitzschlag nicht überlebte.
    »Sie sagen, er stieße jeden hinab, der es wagt, nach Einbruch der Dunkelheit den Turm zu betreten«, vertraute sie ihm schaudernd an. »Und das ist wahr. Einige der Dienstboten hörten seltsame Schreie aus dem Turm und sahen Lichter, die sich bewegten. Tante sagte, daß einer der Diener, der sich nur einige Schritte in den Turm wagte, von der Hand eines Toten berührt wurde. Er starb nicht sogleich, aber noch in derselben Woche stürzte er in die Schlucht, und dort am Grund fanden sie seinen zerschmetterten Körper. Tante sah ihn, als sie ihn heraufbrachten. Geister bringen Unglück, selbst wenn man sie nur sieht.«
    »Das habe ich auch gehört«, erwiderte Alec unsicher und dachte an den kalten Lufthauch, den er in der Eingangshalle verspürt hatte.
    Bald war der Korb gefüllt. Stamie gab Alec einen Abschiedskuß, ließ eine Hand über seine Hüfte gleiten und flüsterte: »Ich werde heute nacht kein Auge zutun. Das verspreche ich!«
    »Das werde ich auch nicht.« Nun war der Zeitpunkt gekommen, den letzten Kunstgriff anzuwenden. Er warf einen sehnsüchtigen Blick hinüber zur Burg und seufzte tief. »Heute nacht wird es wieder kalt werden hier draußen.«
    »Oh, du Ärmster! Es sieht aus, als bekämen wir Schnee.«
    Alec hielt den Atem an und beobachtete, wie sie nachdachte. Laß ihr Zeit, alles zu überdenken, hatte Seregil geraten.
    »Es würde uns beiden schlecht ergehen, wenn sie uns erwischen.« Sie zögerte. »Aber ich könnte hinunterschleichen wenn alle schlafen, und dich hereinlassen. Wenn du dich in der Vorratskammer versteckst und still bist, wirst du wahrscheinlich nicht entdeckt.«
    »Was ist mit den Wachen?«
    »Sie halten ohnehin hauptsächlich die Straße im Auge. Und diese Seite des Hofes liegt im Dunkeln. Aber trotzdem müssen wir sehr leise sein!«
    »Leise wie Geister.« Alec lächelte, als er ihre Hände in seine nahm. »Ich brauche nur einen warmen, windgeschützten Winkel.«
    »Ich wünschte, ich könnte dich heute nacht wärmen«, seufzte sie.
    »Bald«, versprach er. »In Rhíminee.«
    »In Rhíminee!« echote sie. Sie hauchte Knoblauchduft gegen seine Wange, küßte ihn ein letztes Mal und eilte davon.
    Alec wartete, bis sie hinter einer Biegung verschwunden war und ging zurück in den Wald. Als er um einen gefallenen Baum herumging, trat er fast auf

Weitere Kostenlose Bücher