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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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seinen Ausbruch. »Also soll ich tatenlos hier herumsitzen, während die Zengati von den Hügeln herabströmen und neuerlich über Bôkthersa herfallen?«
    Adzriel seufzte. »Ich glaube kaum, daß du tatenlos herumsitzen wirst, wenn die Plenimaraner mit geballter Macht gegen eure Ufer donnern und ihre Armeen Mycena überrollen, um eure Nordgrenze anzugreifen. Und denk an meine Worte, soweit wird es kommen, ehe dieser Krieg vorüber ist. Ich verstehe deinen Schmerz, mein Liebling, aber du hast mehr als die Hälfte deines Lebens hier verbracht.« Sie setzte ab. »Manchmal frage ich mich, ob es nicht irgendwie so am besten ist.«
    »Daß ich verbannt bin, meinst du?« Ungläubig starrte Seregil sie an. »Wie kannst du so etwas sagen?«
    »Ich habe nicht gesagt, ich sei froh, daß du uns entrissen wurdest, aber trotz all der Einsamkeit und Trauer, die du erfahren haben mußt, frage ich mich, ob du nicht ohnehin für ein Leben unter den Tírfaie geschaffen bist. Sei doch mal ehrlich: Wärst du denn wirklich damit glücklich, zu Hause unter einem Limonenbaum zu hocken und Kindern Geschichten zu erzählen oder mit den Ratsältesten von Bôkthersa zu besprechen, ob der Sturz des Tempels weiß oder silber gestrichen werden soll? Denk zurück, Seregil. Du warst schon immer ein unruhiger Geist, wolltest stets herausfinden, was sich hinter dem nächsten Hügel befindet. Vielleicht verbirgt sich hinter alldem ja ein höherer Sinn.«
    Adzriel erhob sich und nahm seine Hände in die ihren. »Ich weiß, daß du für deine Fehler bezahlt hast. Glaub mir, ich will, daß dein Bann aufgehoben wird, aber du mußt Geduld haben. Veränderungen kommen auf Aurënen zu, große Veränderungen. Halt solange die Stellung in diesem deinem gefährlichen, wunderbaren Land. Was meinst du dazu, mein Bruder?«
    Mit nach wie vor gerunzelter Stirn murmelte Seregil: »Silber.«
    »Was?« fragte Adzriel.
    »Silber«, wiederholte Seregil und schaute mit jenem schiefen Grinsen auf, mit dem er sie schon immer um den Finger gewickelt hatte. »Richte den Ratsältesten aus, ich bin für einen silbernen Sturz.«
    Adzriel lachte, und es war ein herrliches, erfüllendes Geräusch. »Bei Aura, Vater hatte recht! Ich hätte dich öfter übers Knie legen sollen. So, wo ist jetzt dieser Alec í Amasa, von dem Nysander mir erzählt hat? Ich bin schon sehr gespannt auf ihn.«
    »Du weißt über Alec Bescheid?« fragte Seregil überrascht.
    »Anscheinend besser als er selbst«, erwiderte sie in vorwurfsvollem Tonfall.
    Verdrossen starrte Seregil sie an. Offenbar hatte Nysander in der kurzen Unterhaltung sehr viel untergebracht.
     
    Wäre Nysander nicht bei ihm auf der Galerie gewesen, es wäre Alec schwergefallen, nicht zu lauschen. Auch so hörte er ein fortwährendes Gemurmel durch die Tür dringen, hinter der Seregil verschwunden war.
    Nach scheinbar unendlich langer Zeit öffnete sich die Tür, und Seregil kam in Begleitung der jungen Aurënfaie-Frau zurück in die Galerie. Die qualvollen Züge waren verschwunden, verdrängt von einem geradezu verlegenen Grinsen.
    Noch bevor sein Freund das Wort ergriff, wußte Alec, wer die Frau sein mußte. Ihre Lippen waren voller und weniger spröd als jene Seregils, die wunderschönen, grauen Augen aber waren dieselben und versprühten dieselbe überlegte Klugheit.
    »Das ist meine älteste Schwester, Adzriel ä Illia Myríl Seri Bôkthersa«, erklärte Seregil. »Adzriel, das ist Alec.«
    Selbst das Bißchen Aurënfaie, das Alec beherrschte, ließ ihn im Stich. »Mylady«, stammelte er und vollführte eine ordentliche Verbeugung.
    Die Frau lächelte und streckte die Hände nach den seinen aus. »Mein Volk verwendet derlei Titel selten«, meinte sie auf Skalanisch, dem jedoch ein schwerer Akzent anhaftete. »Nenn mich einfach Adzriel, so wie mein Bruder.«
    »Adzriel also«, verbesserte sich Alec, ließ sich den Klang auf der Zunge zergehen und genoß das Gefühl ihrer kühlen Hände in den seinen. Rubine und Mondsteine funkelten in den Ringen, die sie an nahezu jedem Finger trug.
    »Nysander hat mir erzählt, du seist meines Bruders geschätzter Gefährte, ein Mann von großer Ehre«, sagte sie und blickte ihm ernst ins Gesicht.
    Alec fühlte, wie ihm das Blut in die Wangen schoß. »Das hoffe ich. Er war mir stets ein guter Freund.«
    »Ich bin froh, so etwas über ihn zu hören.« Sie verneigte sich anmutig vor ihm und dem Zauberer, dann schritt sie rücklings auf die Tür zu. »Ich hoffe, eines nahen Tages kann ich euch

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