Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
Hauptfrau dazu überredet, den Rest der Turma aufbrechen zu lassen, um euch entgegenzureiten. Er und Portus befanden sich weniger als eine Meile entfernt, als Arna auf sie stieß.«
Der Rest der Turma war herübergekommen, um zu lauschen. »Irgendwelche Verluste?« erkundigte sich Beka.
»Keinen einzigen, Leutnant!« berichtete Unteroffizier Nikides stolz. »Nicht schlecht für unsere erste Schlacht, was?«
»Ich glaube zwar kaum, daß man es als Schlacht bezeichnen kann, Banditen in die Flucht zu jagen, aber wir haben uns recht wacker geschlagen«, meinte Beka und grinste in die Runde. »Ihr habt eure Sache gut gemacht, alle miteinander.«
Braknil tauschte einen Blick mit Mercalle und räusperte sich. »Bei allem gehörigen Respekt, Leutnant, es gibt einen Brauch, den einige der Reiter einhalten sollten, nachdem sie das erste Mal getötet haben.«
»Meint ihr, das Blut des ersten Menschen zu trinken, den man getötet hat, um die Geister fernzuhalten?«
»Genau der, Leutnant. Manche nennen so etwas heutzutage Aberglauben, aber ich behaupte nach wie vor, daß Traditionen eine gute Sache sind.«
»Na schön«, sagte Beka. Ihr Vater hatte ihr einmal von diesem Brauch erzählt, ebenso Alec, der nach seinem ersten Kampf das gleiche getan hatte. »Wie viele von euch haben heute das erste Mal getötet?«
Alle Soldaten aus Mercalles Dekurie traten vor, und einige weitere aus anderen Dekurien. »Also gut. Alle Bogenschützen suchen jetzt den Pfeil, mit dem sie zum ersten Mal getötet haben. Wenn ihr ihn gefunden habt, kommt ihr hierher zurück. Die anderen bringen ihre Schwerter her.«
Beka ging zum Leichnam des ersten Schwertkämpfers hinüber, den sie niedergestreckt hatte – ein Bandit mittleren Alters mit geflochtenem Bart. Er lag auf dem Rücken, und die Züge des unscheinbaren Gesichtes verrieten leise Überraschung. Eine Weile starrte sie auf den Mann hinab und versuchte sich an die Mordlust zu erinnern, die in seinen Augen gelodert hatte, als er sie angriff. Sie war froh, am Leben zu sein, aber nicht, ihn getötet zu haben. Es war eine seltsame Gefühlsmischung. Kopfschüttelnd zog sie ihm den Pfeil aus der Brust und begab sich damit zu den anderen, die sich neben der Straße in einem Halbkreis aufstellten. Nachdem alle zurück waren, sah sie sich um und spürte, wie sich die Schwere des Augenblicks auf sie herabsenkte.
»Feldwebel, für mich ist das genauso neu wie für die anderen. Gibt es irgendwelche besonderen Worte, die wir sprechen müssen?«
»Was immer Ihr sagen wollt«, erwiderte Braknil und zuckte mit den Schultern.
Beka hielt den Pfeil vor sich hoch. »Mögen wir alle in Ehre, Gnade und Stärke gemeinsam kämpfen.«
Damit führte sie die Pfeilspitze an die Zunge, und der Kupfergeschmack des Blutes breitete sich in ihrem Mund aus. Unwillkürlich wollte sie das Gesicht verziehen und ausspucken, doch sie ließ keine Regung erkennen, als sie den Pfeil im Schnee abwischte und zurück in den Köcher steckte.
»Ehre, Gnade und Stärke!« wiederholten die anderen gleich einem Echo und machten es ihr mit Pfeilen und Schwertklingen nach.
»Ich schätze, das war’s. Und jetzt müssen wir die Vorräte abliefern«, sagte sie. »Hat irgend jemand mein Pferd gesehen?«
An jenem Abend veranstaltete Hauptfrau Myrhinis Truppe mit dem ersten Frischfleisch seit Wochen ein Festessen und trank mehrere Runden auf die Gesundheit Bekas und ihrer Turma.
Nachdem sie fertig waren und sich für eine weitere, frostige Nacht in die Zelte zurückzogen, nahm Hauptfrau Myrhini Beka beiseite.
»Ich habe mit einigen von Mercalles Reitern gesprochen«, begann sie, während die beiden an den Lagerfeuern der verschiedenen Turmae vorbeischlenderten. »Klingt, als hättet Ihr kühlen Kopf bewahrt und Euch um Eure Leute gekümmert.«
Beka zuckte mit den Schultern. Sie hatte selbst schon darüber nachgedacht. »Das war auch gut so. Ich habe einen Fehler begangen, indem ich zwei Reiter weggeschickt habe, obwohl ich bereits drei in der Vorhut hatte. Ich glaube kaum, daß der Zeitpunkt des Angriffs ein Zufall war.«
»Tatsächlich?« Myrhini zog die Augenbrauen hoch. »Wie hättet Ihr es denn sonst machen können?«
»Ich wollte Mercalle ohnehin ablösen. Ich hätte allein vorausreiten und die anderen beiden zurückschicken sollen, um ihren Ersatz in die Vorhut zu senden.«
»Aber dann hätten Eure Reiter ohne Offizier oder Feldwebel dagestanden.«
»Schon, aber …«
»Und so, wie es mir erzählt wurde, wart Ihr es, die
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