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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Alec gegenüber eine eigenartige Mischung aus Unnahbarkeit und Besorgtheit an den Tag, die nachgerade an Höflichkeit grenzte. In den schlimmsten Augenblicken der Folter ertappte sich Alec unerklärlicherweise dabei, daß er mitunter hilfesuchend zu Mardus schaute.
    Mit Ashnazai verhielt es sich völlig anders. In der Gegenwart anderer zeigte er sich durchweg teilnahmslos. Ließ man ihn jedoch mit Alec allein, sprudelte der Haß wie siedende Säure aus ihm heraus.
    »Du und dein niederträchtiger Gefährte, ihr habt mein Ansehen in jener Nacht in Wolde schändlich besudelt«, zischte er Alec ins Ohr, als der Junge nach einer seelischen Vergewaltigung durch den Dyrmagnos zitternd in der Dunkelheit lag. »Zunächst hatte ich nur im Sinn, euch zu töten, jetzt aber vergönnt es mir der Wundersame, meine Rache richtig auszukosten.«
    Und das tat er mit Hingabe, bis Alec so weit war, daß er seinen Anblick mehr als den der anderen fürchtete.
    Ashnazais Mißhandlungen hinterließen keine Spuren, vergossen kein Blut. Statt dessen würzte er seine magische Folter mit schauerlichen Beschreibungen des Gemetzels im Jungen Hahn, an dem er maßgeblich beteiligt gewesen war.
    »Schade, daß du in jener Nacht nicht früher dort angekommen bist«, sagte er zu Alec. »Die alte Frau hat beharrlich geschwiegen, aber wie ihr vertrottelter Sohn gewinselt hat! Und das Mädchen! Zuerst zeigte sie sich stolz, bis wir der alten Schlampe den Kopf abgehackt haben, dann begann sie zu kreischen, daß ihr großer Busen neckisch auf und ab hüpfte. Die Männer wollten gleich dort auf dem blutverschmierten Boden über sie herfallen …«
    Durch Ashnazais Magie zu Schweigen und Reglosigkeit verdammt, konnte Alec nur erschaudern, als der Totenbeschwörer mit einer feuchtkalten Hand über seine Brust strich und danach mit dem Finger den harten Steg seines Brustbeines nachfuhr. »Hast du sie je auf diesem Boden genommen, Junge? Nein? Nun, ich nehme an, dort haben sich ganz andere Dinge abgespielt, was? Aber dann, zack, zack, zack, schon waren die Köpfe ab, und wir konnten damit den Kaminsims verzieren. Ich muß sagen, dein Verhalten bei dem Anblick hat meine Hoffnungen ganz und gar erfüllt. Um ein Haar hätte ich deinen Kopf der Sammlung hinzugefügt, aber dann fiel mir eine – wie sagt man?«
    Mit geradezu verträumter Miene fuhr der Totenbeschwörer die Linie über Alecs Brust ein zweites Mal nach. »Mir fiel eine befriedigendere Rache ein. Du wirst gleichzeitig von großem Nutzen für uns sein und für die Schwierigkeiten büßen, die du uns bereitet hast.«
    Die Andeutung war unmißverständlich. Als Alec an die Leichen dachte, die Micum und Seregil gesehen hatten, die gespaltenen Brustkörbe, die wie Flügel zurückgeschlagenen Rippen, wünschte er, sie hätten ihn in jener ersten Nacht getötet.
     
    Die Folterungen dauerten noch einige Tage an, und nachdem sie endlich fertig mit ihm waren, verstand Alec, weshalb Nysander ihm und Seregil so wenig erzählt hatte. Alles, selbst das letzte Quentchen, wrangen sie aus ihm heraus, obwohl sein Wissen sich ohnehin nur auf den Splitter einer Prophezeiung beschränkte.
    »Na also. Gut gemacht, Alec«, lobte Mardus und lächelte auf ihn herab, nachdem der Dyrmagnos die Arbeit abgeschlossen hatte. »Aber euer Hüter ist tot und somit ist diese geheimnisvolle Vierergruppe, von der er gesprochen hat, zerschlagen, zersprengt. Armer Seregil. Auch wenn er dich am Ende im Stich gelassen hat, er muß sich ein wenig schuldig fühlen, weil er soviel Elend über so viele seiner Freunde gebracht hat.«
    Des letzten Funkens Hoffnung und Stolz beraubt, konnte Alec nur das Gesicht abwenden und weinen.
     
    Nachdem die Verhöre beendet waren, wurden die Soldaten zum Hauptquell Alecs täglicher Not. Unter ihnen befanden sich Mardus’ Hauptmann, Tildus sowie die Soldaten, die ihn in Wolde angepöbelt hatten. Er hielt sich an das, was Seregil ihm beigebracht hatte, und suchte nach einem schwachen Glied unter ihnen, nach einem Mann mit einem verhängnisvollen Hauch Mitgefühl, aber Mardus hatte seine Leibgarde sorgfältig ausgewählt.
    Während der Folterungen hatte sich das rauhe, brutale Gesindel am Gitter versammelt, um dabei zuzuhören, wie Alec gefoltert wurde. Nun waren sie diejenigen, die ihn zum täglichen Frischluftschnappen – worauf Mardus bestand – an Deck zerrten. Während er aß, standen sie über ihm, wenn er um einen Eimer bat, um sich zu erleichtern, kicherten sie. So gut wie keiner der Soldaten sprach

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