Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit
ein Wort Skalanisch, dennoch gelang es ihnen, Alec ihre derben Späße und Beleidigungen verständlich zu machen. Ein paar von ihnen nahmen sich sogar die Freiheit, Alec lüstern zu begrapschen und lachten, wenn er nach ihnen schlug.
Der schlimmste unter ihnen war ein haariges, muskelbepacktes Scheusal namens Gossol. Alec hatte dem Mann in der Nacht seiner Gefangennahme, im Zuge des kurzen, verzweifelten Kampfes im Jungen Hahn, das Schwertheft in den Mund gerammt und ihm die Vorderzähne ausgeschlagen. Deshalb hegte Gossol einen beträchtlichen Groll gegen Alec und quälte ihn bei jeder Gelegenheit.
Am Morgen von Alecs sechstem Tag an Bord kam Gossol allein, um ihn an Deck zu begleiten. Alec erkannte mit einem Blick, daß ihm Ärger bevorstand.
»Kommen, du Mannkind«, befahl Gossol in gebrochenem Skalanisch. Die Stümpfe der zerschmetterten Zähne zeigten sich, als er boshaft grinste und einen Umhang hochhielt, das einzige Kleidungsstück, das man Alec neben seiner Unterhose gestattete.
Alec begriff. Er sollte sich den Umhang holen.
»Kommen schnell, nicht machen seshka Mardus warten«, drängte ihn Gossol.
»Wirf ihn her«, sagte Alec und streckte die Hand aus.
Gossols Grinsen wurde breiter. Er lehnte sich an den Türstock und schüttelte den Umhang herausfordernd. »Nein. Du kommen, Mannkind. Jetzt.«
Alec rappelte sich auf die Beine und griff vorsichtig nach dem Umhang. Jäh riß Gossol ihn zurück und lachte auf, als Alec erschrocken zurücksprang.
»Was? Kleine Mannkind haben Angst vor Gossol?« Er hielt ihm den Umhang hin und zog ihn abermals grinsend zurück, dann stapfte er auf Alec zu und drängte ihn in den schmalen Winkel zwischen der Pritsche und der Wand. »Du haben Angst gut. Du schlagen kaputt Mund von Gossol. Du denken, Huren diesen Mund jetzt mögen? Hä? Gossol glauben, du kennen Huren.« Gossol machte eine anzügliche Geste. »Huren nicht mögen so kaputte Mund. Vielleicht du mögen, hä?«
Damit stieß er Alec so heftig an die Wand, daß der Junge nach Luft japste, preßte ihn mit seinem Körpergewicht dagegen und küßte ihn ungestüm auf den Mund. Alec wehrte sich aus Leibeskräften, aber Gossol hielt ihn mit einer Hand fest, während er die andere über Alecs Bauch zur Brustwarze hinaufwandern ließ und diese schmerzhaft zusammenkniff.
Knurrend gab Alec den Versuch auf, den schwergewichtigen Mann von sich zu stoßen und biß ihm statt dessen in die Lippe.
Gossol wich zurück und holte mit der Faust aus, doch Alec kam ihm zuvor. Sobald seine Arme frei waren, rammte er dem völlig überraschten Mann die Faust ins Gesicht und vernahm zutiefst befriedigt das Knirschen eines Knochens, als Gossols Nase brach.
Außer sich vor Zorn packte er Alec wieder, schleuderte ihn auf die harte Pritsche und schloß die Hand um seine Kehle. Während Alec nach Luft rang, hörte er, wie jemand unter wüsten plenimaranischen Flüchen in die Zelle stürmte.
Tildus zerrte den wutentbrannten Soldaten von dem Jungen weg und versetzte ihm einen Schlag über den Kiefer, bevor er ihn in die Arme der an der Tür wartenden Wachen stieß.
»Verfluchter kleiner Mistkerl!« brüllte Tildus, als er Blut auf Alecs Gesicht und Brust sah. Er bellte einem anderen Soldaten im Niedergang einen Befehl zu, dann drehte er sich wieder zu Alec um. »Wenn das dein Blut, du so tot wie Gossol. Nutzlos, wenn beschädigt. Mardus schneiden dich auf wie Aal und speisen deine rezhari zum Abendessen!«
Jemand holte einen Eimer Wasser und einen Lappen, und Tildus begann, das Blut von Alec abzuwaschen und nach Wunden zu suchen.
Während ihn die Soldaten hin und her drehten, ließ Alec sich durch den Kopf gehen, was Tildus zuvor herausgerutscht war: Mardus wollte ihn mit unversehrter Haut; kein Tropfen Blut durfte vergossen werden. Das erklärte, weshalb man ihn auf jene besondere Weise gefoltert hatte, nicht jedoch, warum es notwendig war.
Nachdem Tildus fertig war, stieß er Alec zurück auf die Pritsche und warf ihm den Umhang zu. »Du heute glücklicher Mistkerl. Keine Wunde.«
»Das ist in der Tat ein Glück«, sagte eine andere Stimme.
Alec schaute an Tildus und den Wachen vorbei und erblickte an der Tür Mardus und Vargûl Ashnazai.
»Ich habe gehört, es gab Unannehmlichkeiten«, fuhr Mardus fort und warf Tildus einen bedrohlichen Blick zu.
Der Hauptmann ratterte in seiner Muttersprache einen knappen Bericht herunter. Mardus antwortete kurz angebunden, ebenfalls auf Plenimaranisch, und gab dem Totenbeschwörer einen
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