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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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hatte.
    Sie sattelten gerade die Pferde für den nächtlichen Ritt, als Steb zurückgaloppiert kam.
    »Wir haben Mirn und Gilly gefunden, Leutnant!« berichtete er Beka.
    »Sakor sei gepriesen! Wo?« wollte Beka wissen, während sich die anderen betreten schweigend um sie scharten.
    »Etwa zwei Meilen voraus habe ich eine plenimaranische Kolonne entdeckt. Der Troß hat gerade angehalten, um das Nachtlager zu errichten. Er ist ganz schön groß, Leutnant, mindestens fünfzig Soldaten. Und etwa doppelt so viele Gefangene, die zu Fuß und in Ketten marschieren.«
    »Gefangene?« Überrascht zog Beka die Augenbrauen hoch. »Das höre ich über die Plenimaraner zum ersten Mal. Und du bist sicher, daß du Gilly und Mirn gesehen hast?«
    Steb nickte; dabei funkelte sein heiles Auge vor Kummer und Zorn. »Diese verfluchten Schweinehunde haben sie geplankt.«
    Braknil fluchte und spuckte wütend über die linke Schulter aus.
    »Was soll das heißen, geplankt?« fragte Beka.
    »Das ist ein alter, plenimaranischer Soldatendreh, Leutnant«, erklärte der Feldwebel mit finsterer Miene. »Man nimmt einen Mann, bindet ihm eine Planke über die Schultern und nagelt die Hände daran fest.«
    Eine Weile verharrte Beka stumm und spürte, wie sich in ihrem Herzen eine schwarze, leere Kluft auftat. Bislang hatten sie Glück gehabt und mußten es höchstens mit einer oder zwei Soldatendekurien und schreckhaften Fuhrleuten aufnehmen. Und bislang hatten sie, abgesehen von den Toten, keinen ihrer Leute zurückgelassen. Diesmal sah sie sich einer völlig anderen Lage gegenüber.
    Sie umfaßte den Schwertgriff und knurrte: »Sehen wir uns die Sache mal an.«
    Beka nahm Braknil und Kallas mit und folgte Steb. Wie muß er sich wohl fühlen? überlegte sie und warf einen verstohlenen Blick auf Stebs ausgezehrtes Antlitz; die Bindung zwischen ihm und Mirn war stark. Die beiden waren stets zusammen, ob sie nachts am Feuer hockten oder Seite an Seite gleich tollwütigen Racheengeln kämpften. Für gewöhnlich übernahmen sie auch gemeinsam den Kundschafterdienst. Was war heute bloß geschehen? Grimmig und schweigend führte der junge Reiter sie zu der kleinen Schlucht in den Hügeln, an der Arbelus Wache hielt. Weniger als eine Meile unter ihnen flackerten die verstreuten Lagerfeuer der plenimaranischen Kolonne in der Dunkelheit. Jenseits des Lagers widerspiegelten die schwarzen Weiten des Inneren Meeres das Licht der ersten Sterne. Der Wind blies in jener Nacht vom Meer herein und trug ein leises, beunruhigendes Geräusch an Bekas Ohr. Bald erkannte sie, daß es sich lediglich um das entfernte Rauschen der Brandung handelte, die gleich einem im Schlaf grollenden Hund gegen die felsigen Klippen toste.
    »Oberhalb der Küste verläuft eine alte Straße«, teilte Arbelus ihr mit. »Sie haben das Lager auf der landwärtigen Seite davon aufgeschlagen.«
    »Bist du sicher, daß unsere Leute noch am Leben sind?« fragte Beka und spähte mit zusammengekniffenen Augen auf die vereinzelten Lagerfeuer hinab.
    »Bei Sonnenuntergang waren sie es noch. Ich habe gesehen, wie die Wachen sie und die anderen Gefangenen für die Nacht zusammengetrieben haben.«
    Ohne das feindliche Lager aus den Augen zu lassen, kaute Beka auf der Unterlippe. Schließlich drehte sie sich zu Braknil um. »Das ist die erste wirkliche Streitmacht, auf die wir treffen. Was meint Ihr? Besteht irgend eine Möglichkeit, die beiden heute nacht herauszuholen?«
    Braknil kratzte sich eine Weile unter dem bärtigen Kinn und starrte auf die Feuer hinunter. »Kaum, Leutnant. Die werden das Lager mit einem Ring von Wachen umgeben, so eng wie das Korsett einer Jungfrau. Selbst wenn es uns gelingt, irgendwie hineinzuschlüpfen, könnten wir uns nie und nimmer wieder hinauskämpfen, sobald sie uns auf die Schliche gekommen sind.«
    Beka stieß einen aufgebrachten Seufzer aus. »Bei Sakors Faust, zuerst machen sie gar keine Gefangenen, dann ziehen sie plötzlich mit mehreren hundert durch die Gegend. Und wo haben sie so weit hinter den eigenen Grenzen überhaupt so viele aufgegabelt?«
    Braknil zuckte mit den Schultern. »Das ist eine gute Frage.«
    Überrascht schaute Arbelus auf. »Daran habe ich gar nicht gedacht. Aber ich verrate Euch etwas noch Seltsameres.«
    »Und zwar?«
    »Bevor sie für die Nacht angehalten haben, waren sie nach Norden unterwegs.«
    »Nach Norden!« rief Beka leise aus. »Die mycenische Grenze kann nicht mehr als fünfzig Meilen von hier entfernt liegen, und dazwischen

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