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Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit

Titel: Schattengilde 02 - Der Gott der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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weiß Frauen für Frauen; auch gelb zeigte ein Haus für Frauen an, doch die Liebesdiener waren Männer.
    Am rätselhaftesten jedoch erschien ihm die grüne Laterne, die männliche Gesellschaft für männliche Gäste versprach. Schlimmer noch, an einigen Häusern prangten mehrere unterschiedliche Laternen.
    Es gibt keinen Grund, aufgeregt zu sein, dachte er, als er durch den Bogen schritt. Schließlich trug er herzeigbare Kleider, hatte eine schwere Geldbörse dabei und war dank Ylinestra nicht völlig unerfahren. Und wie seine Freunde ihm unermüdlich versicherten – er war inzwischen alt genug für derlei Zerstreuung. Außerdem konnte es nicht schaden, sich einfach mal umzusehen. Neugier war doch nichts Schlechtes.
    Wie immer herrschte reger Betrieb in der Straße. Reiter auf glänzenden Pferden und Fuhrwerke mit den Bannern von Adelshäusern und reichen Händlern zogen polternd an ihm vorbei, während er vor sich hinschlenderte und mit unbedarften Augen Häuser mit der rosa Laterne betrachtete. Überall schienen Gruppen reicher, junger Nachtschwärmer zu sein, deren schallendes Gelächter durch die Dunkelheit hallte.
    An einer Tür unter einer gelben Laterne verabschiedete sich gerade schweren Herzens eine Frau in der Uniform der Leibwache der Königin von einem halbnackten Mann, als Alec vorbeikam. Ein Stück weiter die Straße hinab verließen ein betuchter Kapitän und einige seiner Männer ein Haus mit einer rosa Lampe und stürmten nach kurzer Beratung weiter zu einem mit einer grünen. Fast jedes Fenster war hell erleuchtet; gedämpftes Gelächter und leise Musik erfüllten die Luft und trugen zur festlichen Stimmung bei, die dem Ort anhaftete.
    Alec kam der Gedanke, daß allein die Farbe einer Laterne eine ziemlich dürftige Grundlage für eine solche Entscheidung darstellte. Seregil hätte ihm gewiß ein paar gute Häuser empfehlen können, doch im Augenblick half ihm das nicht weiter. Schließlich wählte er ein Haus etwa in der Mitte der Straße, und zwar deshalb, weil ihm die Schnitzereien an der Tür gefielen. Doch gerade als er eintreten wollte, schwang auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Tür auf, und eine Gruppe junger Männer strömte heraus, begleitet von einem Schwall Licht und Musik. Drinnen sang ein Mann; die Stimme ließ Alec wie vom Donner gerührt innehalten. Der klare, schwungvolle Tenor gehörte unverkennbar Seregil.
     
    Dein Haar auf dem Kissen, so gelb wie Gold,
    deine Augen, so grün wie ein Fliederstrauch,
    teuer wie Perlen, deine Dienste hold,
    und doch unbezahlbar dein Atemhauch.
     
    Aha! Hier steckst du also, dachte Alec. Und eine letzte Zeile für die Strophe ist dir auch noch eingefallen.
    Alec fragte sich, welche Rolle sein Freund heute nacht wohl spielte. Flinken Schrittes überquerte er die Straße und hastete die Treppe hinauf in eine geräumige Vorhalle. In seiner Eile stieß er unmittelbar hinter der Tür mit einem großen, adrett gekleideten Mann zusammen.
    »Guten Abend!« rief dieser aus und stützte sich leicht auf Alecs Schultern, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Zwar zogen sich silbrige Strähnen durch das Haar des Mannes, doch das lange, hübsche Gesicht, das auf Alec hinunterlächelte, wirkte jugendlich.
    »Verzeihung, ich habe nicht aufgepaßt, wo ich hinrenne«, entschuldigte sich Alec.
    »Nichts passiert. Ich freue mich immer, wenn ich jemanden treffe, der es so eilig hat, mein Haus zu betreten. Ich glaube, du warst noch nie mein Gast. Mein Name ist Azarin.«
    Die blauen Augen wanderten mit spürbar geübtem Blick über Alecs Körper. Er hatte keinen Vatersnamen genannt und sich nicht nach Alecs Namen erkundigt.
    Offenbar hatte Alec die Prüfung bestanden, denn Azarin schlang den Arm durch den seinen und führte ihn freundlich, aber bestimmt zu einem mit Vorhängen versehenen Türbogen.
    »Komm mit, junger Freund«, meinte er herzlich und zog den Vorhang beiseite. »Ich glaube, du wirst die Gesellschaft höchst ansprechend finden.«
    »Eigentlich wollte ich nur …«
    Als Alec den Raum mit einem Blick in sich aufnahm, erstarrte er und vergaß sogar Seregil vorübergehend.
    Hinter dem Vorhang führte eine breite Treppe in einen prunkvollen Salon hinab.
    Die Luft in dem schummrig beleuchteten Raum duftete stark nach Weihrauch. Ganz der skalanischen Tradition entsprechend, zierten exquisite Wandgemälde die Mauern; zwar galten erotische Bilder gemeinhin als keineswegs ungewöhnlich, solche aber hatte Alec noch nie gesehen.
    Grün, dachte er

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