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Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond

Titel: Schattengilde 03 - Unter dem Verrätermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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geschickten Fingern finden.
    Endlich allein in ihrem großen Zelt, lehnte sich Phoria auf ihrem Stuhl zurück und lächelte, während sie die etwas hellere Haut betrachtete, die unter dem Ring zum Vorschein gekommen war.
    Ihre Kopfschmerzen waren so gut wie weg.

 
27
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    Am letzten Tag der Trauerzeit erwachte Seregil bereits vor Anbruch der Morgendämmerung und versuchte wieder einmal, sich seines Traumes zu erinnern, ehe auch die letzten Fragmente verblassten. Er hatte mit den üblichen vertrauten Bildern begonnen. Dieses Mal aber glaubte er sich zu erinnern, dass der Rhui’auros Lhial, in einer Ecke des Raumes gestanden und versucht hatte, ihm etwas überaus Wichtiges mitzuteilen, doch er hatte so leise gesprochen, dass Seregil ihn über das Prasseln der Flammen hinweg nicht hatte verstehen können.
    Dieses Mal empfand er keine Panik, er wusste, wohin er nun gehen musste; er fühlte, wie der Ort ihn mit der Macht eines Enterhakens in seinen Rippen anzog. Seufzend glitt er aus dem Bett und fragte sich, ob er wohl zurück sein würde, bevor die ersten Kondolenzbesucher des Tages eintrafen.
     
    Als er auf dem Rücken seines Pferdes am Nha’mahat eintraf, hörte Seregil, wie jemand an einem Fenster des Turmes eine Weise zu Ehren der Morgendämmerung sang. Ganze Schwärme kleiner Drachen flatterten um das Gebäude herum, und ihre braunen Leiber schimmerten golden im Licht der ersten Sonnenstrahlen.
    »Marös Aura Elustri chyptir«, flüsterte er, ohne recht zu wissen, warum er das Gebet sprach, abgesehen davon, dass er plötzlich tiefe Dankbarkeit dafür empfand, hier zu sein, an diesem gesegneten Ort, und diesen Anblick genießen zu dürfen.
    An der Tür setzte er sich eine Maske auf und folgte einer Führerin bis in den großen Raum im Inneren des Gebäudes. Schon zu dieser Stunde lagen dort die ersten Träumer. »Ich würde gern mit Lhial sprechen, wenn Ihr gestattet«, sagte Seregil zu dem Mädchen.
    »Lhial ist tot«, erwiderte sie.
    »Tot?«, keuchte er. »Seit wann?«
    »Schon seit beinahe vierzig Jahren. Ich glaube, eine Krankheit hat ihn dahingerafft.«
    Der Boden unter Seregils Füßen schien in Bewegung zu geraten. »Ich verstehe. Darf ich eine Dhima benutzen?«
    Sie bereitete eine Kohlenpfanne für ihn vor und gab ihm eine Handvoll halluzinogener Kräuter. Mit einer respektvollen Verbeugung nahm er sie entgegen, ehe er in die Höhle unter dem Raum eilte. Aufs Geratewohl entschied er sich für eine der kleinen Kammern, entkleidete sich und kroch unter der ledernen Klappe vor der Öffnung hindurch, und dieses Mal war er dankbar für die dampfgeschwängerte Enge. Nachdem er auf der Binsenmatte Platz genommen hatte, warf er die Kräuter in die Kohlenpfanne und wedelte mit der Hand durch die Luft, um Rauch und Dampf zu vermengen.
    Unter tiefen und rhythmischen Atemzügen entspannte er sich langsam, als der narkotisierende Rauch allmählich Wirkung zeigte.
    Zuerst erkannte er verwundert, dass er keine Furcht empfand und auch seit seinem Entschluss, herzukommen, nicht empfunden hatte. Das Atmen machte ihm keinerlei Schwierigkeiten. Dieses Mal war er aus eigener freier Entscheidung hergekommen, ohne Angst und ohne Groll.
    Seregil schloss die Augen und dachte über diesen Umstand nach, während sich der Schweiß unter seiner Maske sammelte und über seine Nase rann. Der Rauch der Kräuter brannte in seiner Lunge und machte ihn schwindelig, doch auch diese Gefühle hieß er willkommen und wartete geduldig.
    »Du fängst an zu verstehen, Sohn des Korit«, hörte er die vertraute Stimme.
    Als er die Augen aufschlug, saß er auf einem sonnengefluteten Felsen über dem Drachensee in der Fai’thast der Akhendi. Neben ihm saß Lhial, dessen Augen wieder golden schimmerten.
    »Ich bin nicht sicher, ob ich das tue, Ehrwürdiger«, gestand Seregil schaudernd, und spürte wie die kühle Bergluft über seine nackte Haut strich.
    Der Rhui’auros ergriff einen Kieselstein und warf ihn in den Teich unter ihnen. Seregil folgte seinem Flug mit den Augen, und als er wieder aufblickte, sah er Nysander auf Lhials Platz sitzen. Aus einem unerfindlichen Grund war er über diese Verwandlung nicht einmal überrascht. Stattdessen fühlte er erneut diese unerklärliche Dankbarkeit, die er beim Anblick der kleinen Drachen verspürt hatte.
    Nysander hockte mit überkreuzten Beinen neben ihm und blickte mit ernster Miene auf das Wasser hinaus. Er trug eine seiner abgenutzten alten Roben, und die Vorderseiten seiner

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