Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengold

Schattengold

Titel: Schattengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
Vom Netzwerk:
dachte er und nahm einen kräftigen Schluck.

     
    *

     
    »Vor vielen 100 Jahren lebte einmal hier in der Nähe, in der Goldschmiedegasse, ein Kollege von mir. Damals waren die Handwerker noch nicht so angesehene Bürger wie heute und konnten sich nur bescheidene Ganghäuser leisten.

    Dieser Goldschmied hatte es jedoch schon ein wenig weiter gebracht und nannte immerhin ein Häuslein mit Front zur Gasse hin sein Eigen. An dem hohen Treppengiebel erkannten die Menschen, dass er ein durchaus ehrbarer Bürger war.
    Wie er zu seinem bescheidenen Reichtum kam, konnte sich niemand erklären, denn sein Geschäft ging nicht gut.
    Die Leute mochten den stets übel gelaunten Miesepeter nicht besonders.
    Er hatte weder Frau noch Kinder, und so wurde er ein stadtbekannter Geizhals.
    Nichts erschien ihm wichtiger, als sein bescheidenes Vermögen zu vermehren.
    Aber wozu? Er selbst gab keinen Silberling aus, und Nachkommen hatte er nicht.
    Nicht einmal einen Gesellen wollte er in Brot halten, und zur Kirchmesse ging er auch nicht, weil er sich vor dem Klingelbeutel fürchtete.
    Nur eine halbblinde Magd kümmerte sich sporadisch um sein leibliches Wohl. Dafür durfte sie ein paar Krumen mitessen, Lohn bekam sie nie.
    Es war schlichtweg der Geiz – als ob der Teufel von ihm Besitz ergriffen hätte.
    Er sorgte sich sehr um seinen Mammon. Wenn ihn auf der Straße ein Bekannter grüßte, pflegte er zu antworten: ›Verdammter Erbschleicher!‹
    Eines Tages erhielt er von Übersee – niemand wusste, wo dieser Kontakt herrührte – eine schwere Kiste zugeschickt. Drei Soldaten und zwei Träger bemühten sich, so schwer und wertvoll muss diese Kiste gewesen sein.
    Man munkelte, dass die eisenbeschlagene Lade einen riesigen Schatz an Goldschmuck in sich bergen würde. Aber Genaues wusste niemand.
    Ein Pfaffe will beobachtet haben, wie der Goldschmied seinen Schatz im Hof unter einem Wegestein vergraben hat.
    Niemand sollte ihn jemals anrühren, schwor sich der Geizige, und als es an der Zeit war, vor den Thron des Herrn zu treten, fragte man ihn: ›Wer soll nach deinem Tode dein Hab und Gut erhalten?‹
    ›Der Teufel soll mein Erbe sein!‹, antwortete der Geizhals.
    Und wirklich stellte sich am selbigen Tage der Teufel in Gestalt eines vornehm gekleideten Ratsherrn ein.
    ›Du hast mich gerufen?‹
    Verlegen antwortete der Goldschmied: ›Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, gnädiger Herr.‹
    ›Ich will mein Erbe antreten, ich will den Goldschatz!‹
    ›Einen Goldschatz? Hab keinen. Sehen Sie doch, wie armselig ich hier hause!‹
    Der Teufel mochte noch so überzeugend reden, der Alte sagte nichts. Er hatte den Stein mit einem kleinen, unscheinbaren Kreuz gekennzeichnet.
    So sehr der Teufel auch suchte, er fand nichts und musste unverrichteter Dinge wieder abziehen.
    Wenige Tage später verstarb der Goldschmied. Ob er in den Himmel fuhr oder in die Hölle stürzte, vermochte niemand zu sagen. Nicht einmal der Pfaffe.
    Wahrscheinlich ist, dass er in das Reich des Teufels kam.
    Weil sich kein Erbe finden ließ, wollten die Stadtväter sein Vermögen einer Armenstiftung vermachen. Doch es gab nicht viel zu holen. Einen Schatz entdeckte niemand, und die wenigen Goldschmiedearbeiten, die seinen Verkaufsstand zierten, verschwanden über Nacht.
    Wahrscheinlich war ein gerissener Dieb den Stadtvätern zuvorgekommen.
    Das Haus kaufte ein Bierbrauer, der sich in seinem begehrten Handwerk vergrößern wollte. Er richtete sich zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn in den Räumen ein.
    Eines Tages erhielt er Besuch von einem Fremden mit einem Spitzhut auf dem Kopf und einer Wünschelrute in der Hand. Der erzählte ihm, dass in seinem Haus ein Schatz liege.
    Man wurde schnell handelseinig, und der Fremde ließ seine Wünschelrute spielen. Dann hieß er den Brauer, auf dem Hof eine bestimmte Steinplatte anzuheben und vorsichtig die Erde abzutragen.
    Kaum fing der Hausherr an, lief seine Frau hinzu: ›Ach, lieber Mann, was ist unserm Sohn widerfahren, dass er im Bett liegt und das Gesicht über den Nacken verdreht!‹
    Eilig steckte der Brauer seinen Spaten in die Erde und eilte ins Haus. Der Sohn kam jedoch plötzlich wieder kerngesund aus seinem Bett, und als der Brauer zum Hof zurückkehrte, war der Fremde verschwunden.
    Ein Loch in der Erde zeigte an, dass unter der Steinplatte etwas verborgen gelegen haben muss, als wäre es eine Schatzkiste gewesen.
    Seither munkelt man in der Stadt von einem geheimnisvollen Schatz, den sich der

Weitere Kostenlose Bücher