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Schattengold

Schattengold

Titel: Schattengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Buehrig
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wusste, dass er von praktischer Physik keine Ahnung hatte: »Kann ich Ihnen helfen? – Es muss ja schließlich irgendwie weitergehen.«
    »Ja, kommen Sie mit. Wir müssen runter in den Keller zum Hauptschalter. Sie können mir die Taschenlampe halten.«
    Beide verschwanden grußlos, und die Zuhörer mussten wieder im Dunkeln sitzen, weil keiner daran gedacht hatte, Kerzen mitzubringen.
    Vor der Tür zur Kellertreppe zog der Hausmeister umständlich einen langen, angerosteten Schlüssel aus der Tasche. Der stammte noch aus der Klosterzeit.
    »Vorsicht jetzt, die Treppen sind uneben, und man kann sich leicht den Kopf stoßen! Am besten, ich geh voraus und Sie halten sich dicht hinter mir.«
    Im Kegel der Taschenlampe sah man, wie Staub aufgewirbelt wurde. Überall hingen Spinnweben.
    Die beiden gingen einen schmalen Gang entlang, der völlig mit alten Theaterrequisiten, Schaufensterpuppen und Bühnenaufbauten vollgestopft war.
    »Immer diese verdammte Theater-AG! Ich hab denen schon tausendmal gesagt, sie sollen ihren alten Schrott zum Sperrmüll bringen. Aber nichts passiert!«
    Wieder musste er eine Tür öffnen. Man kam in einen Raum, der früher als Weinkeller gedient hatte. Es roch moderig. Endlich erfasste der Lichtkegel den Hauptschrank. Aber die Sicherungen waren alle in Ordnung.
    »Dann muss der Fehler noch tiefer liegen, an der Übergabestelle von der Straße in den Keller!«
    Wieder ging es enge, dreckige Kellerfluchten entlang. Irgendwo befand sich ein Gitterfenster zur Straße hin. Man sah den Kreuzschatten an einer Wand. Eine aufgescheuchte Fledermaus zischte an ihren Köpfen vorbei. Nun flackerte zu allem Überfluss auch noch die betagte Taschenlampe.
    »Mist! Nichts als Bruch in den öffentlichen Gebäuden! Ich werde mich beim Schulsenator …«
    Das Schimpfen des Hausmeisters wurde durch einen lauten Knall unterbrochen.
    »Das muss die Kellertür am Eingang gewesen sein. Das kann ja heute noch heiter werden!«
    Der Philosophielehrer hatte eine Idee: »Gehen Sie mit der Taschenlampe voraus zur Übergabestelle, dann können Sie den Fehler beheben, und wir haben wieder Licht. So lange wird die Batterie durchhalten. Ich taste mich zurück zum Ausgang und hole Hilfe.«
    Sie trennten sich. Der Hausmeister hinkte mit seiner nur noch schwach funzelnden Lampe durch den nächsten Gang und verschwand.
    Der Lehrer stolperte tastend auf eine Wand zu, die sich als rostige Eisentür entpuppte. Sie öffnete sich unerwartet vor ihm. Schon hoffte er auf fremde Hilfe. Vielleicht kam ihm ja einer seiner Zuhörer entgegen.
    Er prallte mit einer unheimlichen Gestalt zusammen.
    Die Gestalt umklammerte ihn und presste ihn eng an sich. Die Berührung fühlte sich kalt an. Nichts hörte er, nicht einmal ein Atemholen. Nur die Augen seines Gegenüber schimmerten trotz der Dunkelheit milchfarben.
    Der Philosoph schrie grell auf, aber das kümmerte niemanden. Der Klammerdruck begann unangenehm zu werden. Er hatte das Gefühl, als wolle man ihm die Rippen brechen. Dann legte sich eine eiskalte Hand über sein Gesicht, sodass er keine Luft mehr bekam. Wenig später hing er leblos in den Armen der geheimnisvollen Gestalt.
    Diese öffnete eine enge Falltür und warf den toten Körper in eine namenlose Hölle.

     
    *

     
    Oben im Musikraum machte man sich längst Sorgen. Endlich stolperte der bereits erwähnte Rechtspfleger, dem von Berufs wegen Recht und Ordnung am Herzen lagen, in der Dunkelheit zur Eingangstür der Oberschule und rief eine zufällig vorbeikommende Polizeistreife an.
    Inspektor Kroll und sein Assistent eilten schnell zur Stelle. Man konnte aber keine Spuren von den beiden Verschwundenen entdecken.
    Vor der Kellertür lag ein Stück Papier: ›fotoana = fiainana +
fahafatesana‹.
    Hopfinger schloss nicht aus, dass das irgendeine Formel war, mit der der Dozent seine These von der Zeit im Schwarzen Loch mathematisch untermauern wollte. Kroll aber fühlte ein gewisses Kribbeln im Nacken. Sein widerspenstiger Turnschuh hatte wieder einmal dafür gesorgt, dass er mit einem offenen Schnürsenkel rumlief. Der Inspektor bemerkte es erst jetzt. Er setzte sich auf den Treppenabsatz, der den Zugang zum Musikraum bildete, weil dieser etwas tiefer als der Flur lag. Er strich sich mit dem Daumen über die Stirn. Umständlich schnürte er seinen Turnschuh wieder zu.
    »Schon wieder diese fremde Sprache!«, murmelte er leise vor sich hin. »Zum Teufel noch mal, jetzt ist das bereits der fünfte Fall, den ebenfalls verschwundenen

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