SchattenGrab
er es dir so besorgt, mein Alter? Oder willst du es fester?“ Dabei griff er ihre Brüste und drückte sie so heftig, dass seine Knöchel weiß wurden. „Oder hattest du gleich mehrere Schwänze auf einmal, du Hure?“, flüsterte er atemlos und spritzte seine nutzlose Flüssigkeit in sie hinein.
In diesem Moment kam auch die Ernüchterung. Was hatte er getan? Und vor allem, was würde sie tun, wenn er sie jetzt losband? Er zog seine Hose hoch, lauschte an der Tür – da tat sich nichts – und überlegte. Was sollte er mit Verena anfangen? Sie würde ihn mit Sicherheit anzeigen. Dann wäre seine berufliche Karriere, ja, sein ganzes Leben zu Ende. Er musste sie irgendwie loswerden, aber wie? Das war schwierig, falls die Schwester da war und so würde er außerdem zum Mörder werden. Er hatte einen anderen Plan.
Mit glasigen Augen lag sie da und wimmerte.
„Kannst du mich hören?“, fragte er.
Sie nickte apathisch.
„Dann hör mir jetzt sehr gut zu!“, befahl er. „Ich lasse dich am Leben, wenn du die Klappe hältst. Wir sind quitt. Du hast mich betrogen und beschissen. Ich hab’s dir heimgezahlt. Solltest du zu irgendjemandem etwas sagen, bringe ich dich um. Hast du das verstanden? Ich werde einen Weg finden, glaub mir.“
Sie nickte wieder und hoffte inständig, dass er sie in Ruhe lassen würde. Der ganze Körper tat ihr weh.
„Du schreist nicht, sonst schlage ich dich sofort tot. Oder wäre dir erwürgen lieber?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ich will dich niemals wiedersehen“, sagte er, „niemals. Sag mir, wenn du ein neues Zuhause gefunden hast, dann lasse ich dir deine Sachen schicken. Ich gehe auch davon aus, dass du einwilligst, dass wir bereits ein Jahr getrennt leben, damit die Scheidung möglichst bald vollzogen wird. Das ist der Deal. Stimmst du zu?“
Sie nickte und hustete. Er band sie los und entfernte den Knebel. Sie hustete wieder, dann spuckte sie aus.
„Du bist ein Schwein, Justus!“, keuchte sie heiser. „Hau endlich ab und lass dich nie wieder blicken. Ich bin fertig mit dir.“
„Ich denke, wir haben uns beide gegenseitig nichts vorzuwerfen“, sagte er und schaute in ihr zugequollenes Gesicht. „Sag einfach, du wärst die Treppe runtergefallen. Das glaubt man dir sofort.“
Dann schaute er vorsichtig um die Ecke, lief auf Zehenspitzen nach unten und verließ ungesehen das Haus, was kein Wunder war, denn Toni war mit ihrer Familie schon in den frühen Morgenstunden aufgebrochen.
Verena schleppte sich als Erstes in die Dusche, um die Schande abzuwaschen und sich ein bisschenherzurichten, bevor sie ihrer Schwester unter die Augen kam. Aber das Haus war ruhig, zu ruhig. In diesem Moment empfand sie das als Glücksfall. Mühsam erreichte sie das Erdgeschoss. Die Schmerzen in Gesicht und Bauch waren kaum auszuhalten. Auf dem Küchentisch fand sie einen Brief von Toni, der an sie adressiert war und einen Zettel darauf, auf dem stand, dass sie erst am Abend wieder da sein würden. Sie atmete auf, ließ sich auf die Eckbank sinken und öffnete den Brief.
Sarah
Inzwischen war Sarah in ihrer WG von Beamten der Oldenburger Kripo auf die rosafarbene Uhr angesprochen worden.
Sie hatte erleichtert gelacht und gefragt, wie sie denn darauf kämen, sich nach diesem hässlichen Ding zu erkundigen.
„Bitte beantworten Sie unsere Frage“, Murat Civelek zeigte ihr nochmals das Foto, „kennen Sie diese Uhr?“
„Ja, sicher, die hat mal mir gehört.“
„Von wem haben Sie sie geschenkt bekommen und wann?“
„Ach, ich muss so acht oder neun gewesen sein. Mein Opa hat sie mir gekauft. Ich konnte sie nie leiden und hatte sie nur in der Schublade.“
„Haben Sie sie noch?“
„Nein, ich hab’ sie meinem Opa wiedergegeben. Er wollte sie für Sophie und die war ganz versessen darauf. Sie liebte alles, was schrill war und glitzerte. Mir war es wurscht. Ich war froh, das Ding los zu sein.“
„Wann haben Sie die Uhr zuletzt gesehen?“, fragte Civelek.
„Keine Ahnung. Ich glaube, als ich das letzte Mal bei Papa in Hannover zu Besuch war, aber beschwören kann ich’s nicht.“
Civelek bedankte sich und fuhr wieder aufs Präsidium. Viel hatte er nicht herausgefunden, aber er hoffte, dass sein Kollege aus Hannover etwas damit anfangen konnte und schrieb ihm eine Mail, die Thorsten Büthe fast unmittelbar empfing.
Ja, mit dieser Information konnte er etwas anfangen. Es war jetzt klar, wer Sophie die Uhr geschenkt hatte und es lag nahe, dass Verena davon gewusst hatte.
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