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Schattenhaus

Schattenhaus

Titel: Schattenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Reichenbach
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Kanzlei mehr als schleppend anlief, erkannte er: Es gab viele Anzeigen von Anwälten, deren Name etwas hermachte. Zum Beispiel, weil ein Doktortitel davorstand oder ein Master of Laws oder eine Fachanwaltskompetenz. Nicht einmal im Alphabet war er weit vorne.
    «Zu einem Prozess würde ich Ihnen nicht raten, jedenfalls nicht sofort», schwafelte er der gelockten braunen Kruste von Billigurlauberin vor. «Man setzt in einem solchen Fall erst einmal den Reiseveranstalter unter Druck. Lassen Sie Ihren Anwalt einen wohlformulierten Brief schreiben, in dem er auf einschlägige Urteile verweist und mit einem Prozess droht, sollte der Veranstalter eine außergerichtliche Einigung verweigern.»
    «Können das net Sie für uns machen?», fragte die Frau, geködert von seiner Formulierung.
    Sarnau tat so, als werfe er einen Blick in seinen Terminkalender. «Einen einzelnen Brief könnte ich nächste Woche mit knapper Not noch dazwischenschieben», befand er. «Dann lassen Sie bitte vorne meine Sekretärin Ihre Urlaubsunterlagen kopieren und füllen Sie ein Klientendatenblatt aus; ich brauche Ihre Adresse und Kontoverbindung. Schließlich muss der Reiseveranstalter ja wissen, an wen er die Erstattung zu schicken hat.»
    «Jo, das ist wahr», kicherte die Dame und entschwand samt Gatten hoffnungsfroh ins Vorzimmer.
    Die Leute waren so dumm. Alles, was von Sarnau jetzt für die Klienten tat, fiel nicht mehr unter Erstberatung, sondern unter das Rechtanwaltsvergütungsgesetz. Der Brief, den er an den Reiseveranstalter schrieb, würde die beiden Sonnenanbeter schlappe 250  Euro kosten, im für sie besten Fall. Nämlich wenn die Sekretärin es nicht schaffte, ihnen vorne eine Unterschrift unter seine spezielle Honorarvereinbarung zu entlocken.
    «Herr von Sarnau?» Die Sekretärin betrat den Raum.
    «Ja?»
    «Ein Einschreiben.» Sie legte ihm eilig das Kuvert auf den Schreibtisch, bevor sie wieder verschwand.
    Als Hendrik von Sarnau den Absender sah, erstarrte er. Es wurde ganz still im Raum. Er hörte nichts mehr, keinen Verkehrslärm von unten, keine Stimmen vom Vorraum, nur noch den Schlag seines eigenen Herzens.
    Pfister hatte es getan. Hatte es tatsächlich getan. Damit hatte er im Leben nicht gerechnet. Die Menschen waren so dumm.
    Außer ihm selbst natürlich.
    ***
    «Sag mal, hast du sie noch alle?»
    Sven Kettler war rot im Gesicht und schäumte vor Wut. Er fühlte sich von Winters gestrigem Ausflug nach Wiesbaden und Preungesheim hintergangen.
    «Du warst nicht mehr da, als ich von der Vernehmung der Vogel-Kinder zurückkam», verteidigte sich Winter. «Ansonsten hätten wir das zusammen –»
    In diesem Moment betrat Fock den Raum, seinerseits mit vor Erregung roten Wangen.
    «Was höre ich? Die Mutter Vogel müssen wir entlassen, und ihr Komplize soll heute noch einmal verhört werden, weil es Zweifel am Geständnis gibt?»
    Winter hatte ihm das gemailt.
    «Es gibt keine Zweifel am Geständnis», klinkte sich Kettler sofort ein, plötzlich ganz ruhig. «Lediglich Herr Winter hat welche. Deshalb hat er gestern Abend den Verdächtigen in Preungesheim aufgesucht und ihm nahegelegt, er könne das Geständnis auch wieder zurücknehmen. Darauf hat sich unser Mann besonnen, dass ich ihn angeblich unter Drogenentzug verhört hätte. Was natürlich frei erfundener Unsinn ist. Kann auch Kollege Glocke bestätigen, Moment …»
    Kettler entschwand. Fock sagte: «Winter, ich muss mich wundern», da war Kettler schon wieder da, mit Glocke im Schlepptau: «Heinz, bitte bestätige doch mal, dass der Verdächtige Preiß gestern keinerlei Anzeichen von Entzug gezeigt hat und wir ihm außerdem zwei Unterbrechungen gewährt haben.»
    «Ja, sischä», erklärte Glocke nach einer Pause von drei Sekunden, in denen er perplex dreingeblickt hatte. «Das war so. Alles korrekt gelaufen gestern.»
    Winter nahm beschwichtigend die Hände hoch. «Ist ja gut. Dann hab ich mir von dem Jungen einen Bären aufbinden lassen. Aber sein Geständnis ist trotzdem nicht hundertprozentig koscher. Der Preiß hat ja ursprünglich behauptet, dass ihm Renate Vogel die 5000  Euro gegeben hat dafür, dass er ihren Sohn und ihre Schwiegertochter umbringt. Das Geld ist aber, wie wir inzwischen wissen, in Wahrheit an diesen Arzt der Klinik in Wiesbaden gegangen und nicht an den Preiß. Außer einer fragwürdigen Anschuldigung des Preiß haben wir also gegen Renate Vogel nichts in der Hand. Abgesehen davon, dass durch den Einbruch ins Vogel’sche Haus gestern Abend

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