Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit
Armand kommt mit einigen Leckereien für mich zurück an den Tisch.
„ Alors , bitte schön“, sagt er lächelnd.
„ Danke.“
„ Wegen vorhin am Fahrstuhl“, meint er betreten. „Also, wenn ich wirklich geglaubt hätte, dass du Hilfe brauchst, ma petite , dann...“
„ Schon gut.“
Ich bin überrascht von seinen Worten. Immerhin ist er nicht mit mir befreundet und ich würde eher darauf spekulieren, dass er wegsieht, wenn sein Herr etwas tut, das nicht vorbildlich ist. Bei Tylandora stand mir niemals jemand bei.
„Ich würde nicht ernsthaft erwarten, dass Sie...“, beginne ich.
„ Ah, ah, ah“, hebt er abwehrend die Hände. „Erstens bin ich gegen Unrecht und zweitens solltest du mich nicht Siezen. Ich bin Armand.“
Er streckt mir seine Hand hin und ich schüttle sie dankbar.
„Und der dort ist Desmodan, aber ihr habt Euch ja schon vorgestellt. Bei Konsti musst du aufpassen“, erklärt er mir verschwörerisch.
Konsti? Hat hier jeder einen Spitznamen für ihn?
„ Er tut nur so reich“, fährt Armand fort. „Aber in Wahrheit ist er mehr einer von uns.“
„ Ach wirklich?“
Ich muss schmunzeln.
„Lass dir von den beiden nichts einreden“, steuert Konstantin bei. „Ich bin ganz klar ein verzogener, reicher Snob.“
Er will noch etwas sagen, doch sein Telefon klingelt. Nach einem schnellen Blick aufs Display, wendet er sich an mich.
„Der ist wichtig. Stört es dich, wenn ich schnell ran gehe?“
„ Nein, natürlich nicht.“
Ich bin mehr als perplex über die Häufung merkwürdiger Verhaltensweisen von den Vampiren in diesem Haus. Sie sind freundlich, stehen mir bei, sind bemüht, mir ein gutes Gefühl zu geben, fragen mich nach meiner Meinung.
Konstantin steht auf und geht raus.
„ Marcellus, was gibt es?“, höre ich ihn noch sagen, bevor sich die Küchentür hinter ihm schließt.
Armand deutet mit der Gabel in der Hand hinter ihm her.
„Schuld ist natürlich seine Mutter, dem Himmel sei gedankt. Sicher weißt du schon, dass sie in jeder Hinsicht des Wortes menschlich ist und sie hat ihn entsprechend erzogen. In all den Jahren gab es nie ein schlechtes Wort von ihm.“
„ Es ist schön, dass du da bist“, stimmt Desmodan ein. „Mit Maribella wehte hier ein seltsamer Wind. Sie ist sehr launisch. Hat ihm nicht gut getan die Frau, oh nein.“ Er schüttelt den Kopf. „Dann sagt er mir bei Tylandoras Empfang, wir hätten noch einen Gast, den wir abholen. Er war total aufgeregt. Hat mich an mich selbst erinnert, als ich klein war und mich auf Weihnachtsgeschenke freute. So habe ich ihn noch nie gesehen.“
„ Du hältst sie vom Essen ab“, tadelt Armand. „Sie hat noch keinen Bissen von meinem Braten gegessen. C'est indiscutable . Das geht nicht.“
Ist er wirklich so von der Rolle gewesen?
Mir fällt unser erster Kuss ein. Ich hatte es mehr unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass es mein erster und letzter sein würde. Für mich war es sehr besonders gewesen. Ich habe zu der Zeit nicht gewusst, dass es ein Anfang war. Ich frage mich, was in Konstantin vorging. Er hat gesagt, ich sei ihm schon beim Eintreten aufgefallen. Ich wünschte, ich könnte mich ähnlich genau erinnern, doch meine Bekanntschaft zu ihm begann in jenem Zimmer.
„ Ich lasse mich gerne vom Essen abhalten. Bitte erzählt mir mehr über ihn“, dränge ich.
„ Wir erzählen mehr, wenn du etwas isst, oui ?“, schlägt Armand vor.
Ich nicke und häufe mir vom Braten auf die Gabel, nehme einen Bissen und würdige ihn mit einem „Mhm“. Armand ist zufrieden und knetet seine kurzen, kräftigen Finger.
„Einmal saßen wir in der Küche, redeten über Sport und die Welt und er war irgendwie nicht bei der Sache.“ Desmodan lehnt sich zu mir vor. „Da fragt er uns, ob es irgendwo noch eine normale Frau draußen gibt oder ob er zu viel wolle.“
„ Wir kannten ein paar der Damen, die er so traf“, nimmt Armand den Faden auf. „Es war klar, dass er im falschen Tümpel fischte.“
Ich nicke gefesselt. Die beiden beherrschen das Wechseln beim Erzählen perfekt. Ich tippe auf jahrelange Übung.
„Ich habe versucht, ihn mit meiner Schwester zu verkuppelt“, erinnert sich Desmodan. „Ein hübsches Mädel“, bestätigt Armand. „Nicht so dumm wie die anderen. Aber der Funke wollte nicht überspringen.“
Er nimmt einen Schluck von seinem Glas und leckt sich das Blut von den Lippen. „Er hat sich nicht für sie interessiert. Ich hatte eine andere Partie für ihn. Meine Nichte lebt in
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