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Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Titel: Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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sollte.
    „ Möglicherweise weiß ich einen Ansatz für deinen Berater“, sage ich langsam.
    „ Meinst du Marcellus?“, fragt er verwirrt.
    „ Ja. Ist er denn nicht dein Berater?“
    „ Eher meine rechte Hand. Was für ein Ansatz?“ Er richtet sich auf und sieht mich gespannt an.
    „ Ich will nicht, dass du denkst, ich wäre illoyal, wenn ich das sage.“
    „ Weil du mir etwas über deine Tante verrätst?“, hakt er nach.
    „ Ja.“
    Er legt eine Hand unter mein Kinn und schaut mich bestimmt an.
    „Das tue ich nicht. Ich denke überhaupt nichts Schlechtes von dir. Wenn du dich unwohl fühlst, mir etwas preiszugeben, dann musst du es nicht tun. Das wäre in Ordnung, Elise. Ich komme mit deiner Tante alleine klar. Doch wenn du mir helfen magst, sinkst du auf keinen Fall in meiner Achtung, okay?“
    Sein Blick ist grün und klar und unmissverständlich. Ich nicke und nehme seine Hand.
    „Tylandora hat mich in ihrer Firma putzen lassen und als ich das letzte Mal dort war, habe ich etwas gefunden. Ich habe mir nicht viel dabei gedacht, als ich es eingepackt habe. Ich war einfach bloß neugierig, weil vertraulich drauf stand.“
    Er bemüht sich, ein Schmunzeln zu unterdrücken.
    „Verstehe.“
    Dass er dafür seine Lippen zusammenpressen muss, sorgt nicht dafür, dass ich ihm Sachlichkeit abkaufe. Er scheint es urkomisch zu finden, weiß der Himmel, was ihm durch den Kopf geht. Ich ignoriere seine Belustigung, schließlich ziehe ich ihn selber gerne auf.
    „Na jedenfalls habe ich es mir genauer angeschaut und ich bin kein Profi bei so was, aber da können ein paar Zahlen in ihren Bilanzen und Kontobewegungen nicht stimmen.“
    Er stößt einen Pfiff aus. Sein Schalk weicht Neugier.
    „Doch gleich so etwas aufgespürt? Hast du es hier?“
    Ich nicke, bedeute ihm zu warten und hole die Papiere.
    „Das mit dem Knittern war ich nicht“, fühle ich mich gleich bemüßigt klarzustellen. „Ich habe sie aus dem Mülleimer von Tylandoras Kröte.“
    „ Von wem?“, fragt er irritiert und nimmt den Stapel an sich. Er hat schöne Hände. Ich weiß, was er damit gemacht hat.
    „ Ihr Buchhalter“, erkläre ich und mir wird klar, dass er mit meinem Spitznamen nichts anfangen kann.
    „ Wieso nennst du ihn Kröte?“
    „ Weil er mich anwidert mit seiner verdreckten Art. Es war eine Zumutung, sein Büro zu putzen.“
    Er hebt eine Braue. „Na hoffentlich war es nützlich.“
    Ich lasse Konstantin mit den Papieren allein und setze mich vor den Kamin. Es macht mir Spaß, mit dem Schürhaken im Feuer zu spielen und zu sehen, wie Funken aufwirbeln und sich die Form der Flammen verändert.
    „ Pyromanische Neigungen?“, höre ich seine belustigte Frage.
    „ Nein, es ist nur so schön. Bei meiner Tante durfte ich nie am Feuer sitzen.“
    „ Du bist jederzeit willkommen.“
    Er senkt den Blick auf seine Unterlagen.
    Ich lege etwas Holz nach. Es ist eine schöne Aufgabe, sich um den Kamin zu kümmern. Die Steine im Inneren sind rußschwarz. Es ist unmöglich, ihre ursprüngliche Farbe zu benennen. Bloß die Konturen lassen sich noch erkennen. Ich stelle mir vor, wie der Rauch nach oben abzieht und als Wolke von Konstantins Privatschloss davon weht. Irgendwo im kalten Morgenhimmel verliert er sich zu dünnen Schlieren und ist frei.
    „ Stört es dich, wenn ich nach oben gehe und mir den Sonnenaufgang ansehe?“, frage ich freudig.
    „ Nein, geh nur.“
    Ich drücke meine Gelenke durch, als ich aufstehe und husche dann nach oben. Der Himmel sieht aus wie unter einem Milchfilm. Er ist fast weiß. Ein wirkliches Blau sehe ich nicht. Die Sonne steigt über den Hügeln auf. Der Fluss schimmert blutrot, Dunst hängt über den Ufern. Wie eine glühende Kirsche hebt sich der Feuerball über den Horizont, taucht die Nebelschwaden in rote Geistererscheinungen.
    Es ist unbeschreiblich schön. Man sieht dem Morgen die nachhängende Kälte der Nacht an. Draußen könnte ich kleine Wölkchen atmen. Mir ist klar, dass ich mit Konstantin nie einen Spaziergang im Sonnenlicht machen kann. Er würde zu Asche verwehen, bevor sein toter Körper am Boden aufschlägt.
    „ Dann eben im Mondlicht“, murmle ich und mache mich wieder auf nach unten.
    „ Das ist übel, Elise“, meint er schließlich, als er den Stapel durch hat. „Damit kann Marcellus in jedem Fall etwas anfangen. Deine Tante hat die längste Zeit etwas mit meiner Firma zu tun gehabt.“
    „ Was wirst du tun?“ Ich nage unsicher an meiner Unterlippe.
    Er atmet schwer

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