Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit
„Wie gut, dass du mir einen Tipp gegeben hast.“
„Es betrifft uns beide“, hilft er mir aus.
Mir geht die Unart bei Prominenten durch den Kopf, deren Vornamen zu einem Wort zu mischen.
„Man nennt uns inzwischen Elistantin?“, frage ich gespielt schockiert.
„ Oh, wenn du so anfängst, kann sich das Raten durchaus hinziehen“, resümiert er.
„ Also gut. Was ganz anderes“, murmle ich. „Gentests haben ergeben, dass wir verwandt sind und es unschicklich wäre, wenn wir länger zusammen sind.“
Seine Augen weiten sich. „Du lieber Himmel, nein!“
„Machen wir vielleicht zusammen Yoga?“ Ich zucke ratlos die Schultern.
„ Wir fahren ans Meer“, lüftet er seine Überraschung. „Ins »Rouillard Imperial«, eines meiner Hotels.“
Das hört sich mehr als gut an und ich hüpfe freudig mit den Rosen im Arm im Kreis. Ich war noch nie am Meer und kann es kaum erwarten, es zu sehen.
„Dort findet der alljährliche Medienempfang statt“, erklärt er. „Da ich gewissermaßen Gastgeber bin, muss ich hin und ich will dich unbedingt dabei haben.“
Während er spricht, finde ich eine Vase, lasse Wasser hinein und mache mich daran, die Stiele der Rosen mit einer Schere an den Enden einzukürzen, bevor ich den Strauß arrangiere.
„Du könntest das blaue Kleid tragen“, schlägt er mit einem sehr intensiven Blick vor. „Wir könnten uns früh davon stehlen und ich zeige dir eine wunderschöne Bucht bei Mondschein.“ Konstantin senkt seine Stimme zu einem Raunen. „Bei Vollmondschein.“
Vor Schreck schneide ich mir in den Finger.
Er flucht und steht sofort neben mir, nimmt meine Hand und schließt seine Lippen um die Wunde. Obwohl er nur ein paar Tropfen meines Blutes kostet, ist sein Blick schwarz wie Teer. Ich lege die Schere beiseite und fahre mit einem Finger die Linien der Adern auf seiner Haut entlang.
„ Wir müssen das nicht, wenn du nicht willst“, flüstert er schließlich, beäugt meinen geheilten Schnitt und haucht einen zärtlichen Kuss darauf.
Unser Gespräch vom Turmzimmer geht mir durch den Sinn, als ich jenes blaue Kleid zum ersten Mal trug. Es wäre mehr als passend, es an diesem Abend auch zu tragen. Ich habe seither einige Nächte in Konstantins Bett gelegen und unsere Küsse sind jedes Mal feuriger geworden.
„Doch“, sage ich und nicke. „Bei Vollmond.“
Zwei Tage später sind unsere Taschen gepackt und mit der einsetzenden Dämmerung fährt Desmodan uns zum Flughafen nach Tulsa hinaus. Durch die Privatmaschine ersparen wir uns den langwierigen Check-In und haben eine Direktverbindung nach Corpus Christi in Texas. Außerdem sind wir ungestört, was für den Vampir an meiner Seite gewissermaßen ein Totschlagargument ist.
Konstantin grinst mich an wie ein kleines Kind. Der Jet, eine Embraer Phenom 300 , steht schnittig und flugbereit auf dem schwarzen Asphalt. Die Nase des Fliegers ist leicht nach unten gebeugt und erinnert mich an alte Fotos von Concorde-Maschinen.
„ Mhm“, meine ich scherzhaft. „Düsen statt Propeller. Finde ich gut.“
Er schüttelt amüsiert den Kopf. „Wie gut du dich mit Flugzeugen auskennst, Süße. Ich bin schwer beeindruckt.“
Ich krause zum Spaß die Nase und mache eine wegwerfende Handbewegung. „Kennst du einen Jet, kennst du alle, hat meine Oma immer gesagt.“
Jetzt lacht er und führt mich hinein. Weiße, schwenkbare Ledersitze erwarten uns mit einer Ankündigung von Luxus.
„ Lieber Herr Gesangsverein“, sage ich beeindruckt.
„ Man kann die Sitze sogar zu Liegen umfunktionieren“, informiert er mich.
Ich werfe einen bedeutungsvollen Blick auf Desmodan.
„Eher nicht. Wir sind nicht allein.“
Konstantin nimmt seinen Chauffeur mit, da er selbst in einer anderen Stadt keinen anderen Fahrer wünscht. Er seufzt ergeben. Der Flug dauert weniger als zwei Stunden. Mein Vampir wird es überleben.
Es ist Ewigkeiten her, dass ich in einem Flugzeug saß und noch nie war ich in einem Jet. Der Start gefällt mir wie eine Fahrt mit der Achterbahn. Es ist wundervoll! Wir fliegen. Wie könnte man sich freier fühlen? Ich genieße den Blick auf die Miniaturlandschaft unter uns. Die Siedlungen und Städte funkeln mit ihren Lichtern wie Kerzen am Weihnachtsbaum. Konstantin fallen viele Geschichten ein, um mir die Reisezeit zu vertreiben.
Ich finde Desmodan merkwürdig schweigsam. Während des kurzen Fluges ist er unentwegt in eine Zeitung vertieft. Das könnte normal sein, doch ich sehe ihn kein einziges Mal
Weitere Kostenlose Bücher