Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit
umblättern.
Sterne leuchten wie ein kosmisches Begrüßungskomitee am Himmel, als wir landen. Es ist deutlich milder. Wir sind unentwegt nach Süden geflogen. Selbst nachts liegen die Temperaturen noch bei fast zwanzig Grad. Nur wenige Minuten vom Flugplatz entfernt erstreckt sich der Golf von Mexiko.
Konstantin hat mir versichert, dass sein Hotel sich direkt am Strand befindet und ich bin aufgeregt wie ein kleines Mädchen, weil ich das Meer sehen werde. Ich stelle es mir wunderschön vor, wie auf einer scheinbar ewig langen Küstenlinie das Land endet und das Wasser beginnt. Eine andere Welt – ohne Menschen oder Vampire. Das hört sich friedlich an, doch ich weiß, dass überall in der Natur der Stärkere überlebt.
Gegen neun Uhr erreichen wir das Rouillard Imperial . Es ist prunkvoll und luxuriös. Bisher hatte ich Konstantins Haus für groß gehalten, doch sein Hotel ist gewaltig. Natürlich befinden sich erheblich mehr Menschen darin.
Während ich den kunstvollen Bau bewundere, winkt Desmodan einen Pagen herbei und instruiert ihn wegen des Gepäcks. Ich höre seine Stimme an mein Ohr dringen und finde ihn freudlos und sehr kurz angebunden. Daher lege ich meine Hand auf Konstantins Arm und lehne mich zu ihm herüber.
„Ist irgendetwas mit Desmodan los? Er wirkt so niedergeschlagen?“
Stutzig gleitet sein Blick zum Chauffeur. „Ich habe nichts mitbekommen. Bist du sicher?“
„Eigentlich nicht. Es ist nur ein Gefühl.“
Er beobachtet ihn weiter und scheint zu keinem Ergebnis zu gelangen. Schließlich zuckt er die Schultern.
„Vielleicht ist er müde. Mach dir keinen Kopf, Liebes. Lass uns erst einmal hineingehen und uns frisch machen.“
Der Empfang beginnt in drei Stunden – Schlag Mitternacht. Für Vampire gewissermaßen die Happy Hour. Wir begeben uns ins Hotel, wo Marmor und rote Teppiche ein festliches Ensemble für das bevorstehende Ereignis bieten.
Wir sind nicht die einzigen Gäste, die zu diesem Anlass eintreffen, doch Konstantin erntet bedeutungsvolle Blicke. Es scheint mir eine pikante Mischung aus Ehrfurcht und Verblüffung bezüglich seiner Begleitung, also mir, zu sein.
Tapfer versuche ich die Inaugenscheinnahme der anderen zu überstehen, drücke meinen Rücken durch und mache mir bewusst, dass ich bei diesem Empfang kein Dienstbotenkostüm mehr trage. Ich muss niemandem die Champagnerflöten reichen oder mich verkaufen lassen an… Der Gedanke an den ältlichen Vampir Callistus jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken. Wie gut ich es jetzt habe und wie sehr ich stattdessen in der Patsche stecken könnte. Vermutlich hätte ich längst einen Weg gefunden, mein Leben doch noch zu beenden.
Das ist deine Party, Elise, ermahne ich mich. Feiere dein Leben und vergiss den Rest.
Meine Kleidung ist meine Rüstung. Ich sehe aus wie sie – nur ohne die Zähne. Es ist schwierig, sich Selbstbewusstsein einzureden, während der Körper etwas anderes fühlt, als man es sich wünscht. Als ließe er sich nicht durch Kleider hereinlegen. Der Drang, meinen Kopf senken zu wollen, ist übermenschlich.
Im selben Moment spüre ich Konstantins Hand in meinem Rücken und einfach so gibt er mir Kraft.
„ Atme, es ist alles okay“, flüstert er.
Der Manager des Hotels, ein hochgewachsener Vampir mir kultiviertem Auftreten begrüßt uns, sobald er uns erblickt. Er muss unsere Ankunft abgewartet haben und ich fühle mich dadurch irgendwie exklusiv, obwohl es ihm nur um Konstantin gehen kann. Doch sein Empfang kennt keine Zwei-Klassen-Teilung.
„Mister Rouillard, es ist mir eine Freude, Sie und Ihre charmante Begleitung empfangen zu dürfen.“
Er strahlt wie tausend Sonnen, weiß glänzende Zähne und blassblaue Augen kontrastieren mit schwarzem Haar in einem aparten Gesicht. Er ist ähnlich weltmännisch, wie der Mann an meiner Seite, hat vermutlich einen untadeligen Werdegang mit Eliteuniversitätsabschluss vorzuweisen und kann sicher mehr Fremdsprachen fließend, als ich Daumen an den Händen habe.
Konstantin schüttelt ihm geschäftsmäßig die Hand und stellt mich vor.
„ Kassondrus, das ist Elise. Sie ist mit mir zusammen hier und ich wünsche, dass sie nicht anders behandelt wird, als ich.“
Mit einem feinen Lächeln nickt der Manager. „Natürlich. Wenn ich mir die Anmerkung erlauben darf: Die junge Dame sieht noch schöner aus, als ihre geschätzte Frau Mutter.“
Das entlockt Konstantin ein warmes Lachen.
„ Ich habe ja auch nicht vor, meine Mutter zu
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