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Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Titel: Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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soziale Einrichtungen bekannt.
    „ Ein Kindergarten?“, erkundige ich mich.
    „ So ähnlich. Es ist eine Auffangstelle für Kinder ohne Vormund. Bis sie wieder vermittelt sind.“
    „ Menschen?“, flüstere ich.
    „ Ja.“
    Ich wäre selber fast in so einer Einrichtung gelandet. Sie sind klein, eng und dunkel. Es gibt nur Gemeinschaftsschlafräume, nicht immer genug zu Essen und vor allem wenig Hoffnung. Nicht alle Kinder dort haben tote Eltern, manche wollen nur keine menschlichen Kinder haben. Besonders alleinerziehende Vampirinnen neigen dazu, Babys mit Gendefekt abzugeben, wenn sie nicht sogar Mülltonnen als Ablageplätze verwenden.
    „Wo sollen sie denn hin?“, frage ich ihn.
    Er zuckt mit den Schultern. „Man versucht, sie zu vermitteln. Sie sind potenzielle Arbeitskräfte und Blutspender. Allerdings noch nicht, wenn sie so klein sind. Jedenfalls nicht richtig.“
    Mich erinnern diese Institutionen mehr an Tierheime. Es geht nie darum, die Kinder wirklich zu adoptieren und als eigene aufzuziehen, damit sie es schön haben, sondern darum, sie zu besitzen und später einen Vorteil daraus zu ziehen. Es gibt Vampire, die sehr gern Kinderblut trinken, jedoch ist das nicht so ergiebig, wie einen Erwachsenen anzapfen zu können. Außerdem könnten diese arbeiten während Kinder selbst Arbeit darstellen. Das bürdet sich kaum einer auf.
    Es gibt in dieser Welt Landstreicher. Menschen, die ausreißen und sich verstecken. Sie dürfen keinen Besitz haben, also gehört ihnen nirgendwo ein Platz auf der Welt, an dem sie bleiben könnten. Manche schlagen sich damit durch, ihr Blut zu verkaufen. Aber wenn man versucht, sich damit über Wasser zu halten, kann man schnell in die Blutarmut driften. Niemand beschützt sie.
    Vampire haben oft eine sehr verkümmerte menschliche Seite und bei einigen fehlt sie inzwischen ganz. Es kommt vor, dass sie nicht aufhören zu trinken und am Ende ist jemand tot. Wenn die Polizei einen menschlichen Leichnam findet, ermittelt sie lediglich den Vormund, um über den Schadensfall zu informieren. Dann kann wegen Sachbeschädigung ein Verfahren eingeleitet werden. Doch wenn es keinen Vormund gibt, wird der Fall eingestellt.
    In meinem Kopf entsteht ein Szenario, bei dem nicht alle Kinder rechtzeitig einen Vormund finden, die man einfach auf die Straße setzt und sich selbst überlässt. Meine Haut fühlt sich kalt an bei diesem Gedanken.
    „Konstantin hat viel Platz“, flüstere ich.
    „ Genügend, um alle Kinder zu übernehmen.“
    „ Aber er ist keine staatliche Einrichtung“, wende ich ein.
    „ Nein, sie brauchen einen Vormund. Das steht fest. Er könnte sie nur dann übernehmen, wenn...“
    „ Wenn er selbst ihr Vormund würde“, beende ich den Satz.
    Desmodan nickt. „Und er müsste das Personal übernehmen, eher noch mehr einstellen. Dann hätten sie eine Chance. Sie könnten eine schöne Kindheit haben, auf seinem Anwesen groß werden, draußen im Park spielen und unterrichtet werden.“
    Oh mein Gott, wie bringe ich ihn bloß dazu? Wir haben nicht einmal mehr das Thema eigene Kinder besprochen.
    Desmodan schiebt mir einen Flyer zu. Ich sehe die Einrichtung darauf abgebildet und ein paar traurige Kindergesichter, die mir wie ein Stein im Magen liegen. Jedes davon hätte ich sein können.
    „Wenn es nicht dringend wäre, hätte ich dich nicht damit überfallen. Aber sie schließen Ende Jahr. Einfach so. Meine Schwester ist wie überfahren.“
    Also das ging ihm die ganze Zeit durch den Kopf.
    „Wie heißt sie?“, frage ich ihn.
    „ Meine Schwester? Lindana.“
    „ Das ist ein schöner Name. Und so normal. Ich habe nie verstanden, weshalb Vampire so sehr auf blöde Namen stehen.“ Meine Güte, was rede ich da eigentlich? Er hat andere Sorgen, als Vampirnamen. „Tut mir leid“, murmle ich.
    Er lächelt. „Wirst du uns helfen?“
    Ich werfe einen letzten Blick auf den Prospekt, der genauso gut die Überschrift »Endstation Ausweglosigkeit« tragen könnte und nicke.
    „ Ja, ich versuche es.“
    „ Danke.“ Er drückt meine Hand. „Wenn du nicht schon mit Konstantin zusammen wärst, würde ich selbst mein Glück bei dir versuchen.“
    Sprachlos sehe ich ihn an und werde rot. Wo kam das denn her?
    „Ich wünsche Euch alles Gute.“ Mit diesen Worten steht er auf und geht.
    Ich bleibe allein in der Suite zurück und fühle mich so zerschlagen, als hätte ich den langen Empfang bereits hinter mir. So langsam tut mir mein Schädel weh und die Müdigkeit meldet sich

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