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Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit

Titel: Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Winter
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zurück. Doch ich weiß, dass ich im Moment nur wachliegen und grübeln würde. Es ist schon komisch, dass man den ganzen Tag müde sein kann, aber immer dann wach wird, sobald man sich hinlegt.
    Behutsam schlürfe ich vom Tee, puste vor jedem Schluck erneut die Oberfläche ab. Duftende Wölkchen steigen mir ins Gesicht wie eine kleine Mini-Spa-Behandlung. Die kleinste Apfel-Feige-Sauna der Welt. Lächelnd lehne ich mich zurück und trinke die Tasse geruhsam leer. Mir fällt auf, dass Desmodan in seinem Tee nur herum gerührt, ohne einen Schluck zu trinken. Ich habe also Recht damit gehabt, dass er nicht mal merken würde, was ich ihm hinstelle.
    Kurzerhand leere ich seine Tasse auch noch und wende mich dann dem Flyer zu.
    Die Infobroschüre ist sehr interessant und definitiv aus einer Zeit vor der geplanten Schließung. Es stehen Hinweise für solche Leute darauf, die sich in der Einrichtung  betätigen wollen.
    » Für die Arbeit mit Menschenkindern ist keine Ausbildung erforderlich.«
    Der Satz lässt mich innerlich stöhnen. In vampirischen Betreuungseinrichtungen wird durchaus auf eine angemessene Qualifikation geachtet.
    »Menschen sind anspruchslos und dankbar für jede Aufmerksamkeit.«
    Mir steckt ein Kloß im Hals.
    »Wenn Sie sich diesen Kindern trotz ihres Gendefekts widmen möchten, um sie für den gesellschaftlichen Umgang mit einem späteren Vormund zu erziehen und sie auf ihre Dienste für ihre künftigen Herren vorzubereiten, melden Sie sich bitte bei…«
    Wut kocht in mir hoch. All die Jahre war diese Denkweise so normal für mich gewesen. Ich habe keine Möglichkeit gehabt, etwas daran zu ändern, anderen oder auch nur mir selbst zu helfen und ich begreife, dass sich eine Option auftut, es für diese Kinder anders sein zu lassen.
    Sie könnten nicht nur eine Unterkunft bei Konstantin finden, sie könnten vor allen Dingen auch aus der Gehirnwäsche ausbrechen, die sie bisher erfahren haben. Er hält Menschen nicht für minderwertig, liebt seine Mutter und will mit mir zusammen sein. Ich muss ihn nur noch dazu überreden, einen Teil seines ungenutzten Hauses für den guten Zweck zur Verfügung zu stellen.
    Mir ist klar, dass heute nicht die richtige Nacht ist, um ihn darum zu bitten. Ich werde es lieber probieren, wenn wir zurück in seinem Haus sind.
    Ich beginne mich zu fragen, weshalb Desmodan sich eigentlich an mich gewendet hat. Er und Konstantin kennen sich schon so lange, dass ich sie als Freunde bezeichnen würde. Wieso fragt er mich? Denkt er wirklich, dass ich Konstantin besser dazu bewegen kann, aus seinem privaten Reich ein eher öffentliches Domizil zu machen?
    Ratlos greife ich nach der Fernbedienung und schalte den Fernseher an. Mir steht der Sinn danach, mich passiv berieseln zu lassen, während ich ein wenig die Füße hochlege. Es laufen einige Filme und Seifenopern für das Abendprogramm. Nichts davon ist wirklich ansprechend, zumal die Darsteller überwiegend aus Vampiren bestehen.
    Es hat eine Zeit gegeben, wo alte Klassiker der früheren Menschheit neu aufgelegt wurden als Vampir-Variationen. Wie wäre »Vom Winde verweht« mit Blutsaugern gewesen? Das hatte sich »Better Bite Pictures« auch gefragt und eine Neuauflage gedreht. Ebenso »Robin Blood«, der langzahnige Rächer, der es den Menschen nimmt und den Vampiren gibt. »Spartacus« ist am heutigen Abend nicht wiederzuerkennen. Er hat nun die herzergreifende Fassung, dass Vampire unter Menschen geknechtet sind und sich dann erheben. Natürlich wurde auch »Blade« neu verfilmt – mit dem viel stimmigeren Ende, dass Vampire siegen.
    Anderswo entdecke ich einen Shopping-Kanal, auf dem Menschen demonstrieren, wie gut sie als Bedienstete diese und jene Geräte verwenden könnten.
    Ich zappe weiter, sehe einen Werbespot, in dem angepriesen wird, wie man Blut aromatischer macht. Irgendwie packt mich der Ekel und ich schalte weiter. Dabei lande ich auf einem religiösen Kanal. Die »Kirche des vampirischen Glaubens« preist ihre Gemeinschaft und ihre Leistung an. Ein überkandidelter Vertreter mit beschwörendem Blick verteufelt die Missstände der Welt, etwa undankbare Menschen, und ruft zur Selbstheilung auf.
    Egal, wohin mich die Fernbedienung führt, überall sind Vampirkanäle zu finden und frustriert schalte ich den Fernseher aus. Als Stille das Zimmer erfüllt, lenkt mich nichts mehr von den bevorstehenden Stunden ab und ich erhebe mich mit einem flauen Gefühl von der Couch.
    Ruhelosigkeit packt mich und ein innerer

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