Schattenherz - Fesseln der Dunkelheit
nur daran gedacht, dir nicht weh zu tun. Nach einer Weile schien es dir zu gefallen und ich habe so genossen, dich zu spüren. Erst bevor ich kam, ging mir durch den Kopf, dass ich keinen Schutz verwende.“
Also hat er es gemerkt.
Er leckt sich über die Lippen und sucht den weiten Himmel mit seinen Blicken ab. Ein Ausdruck von Reue liegt auf seinem Gesicht.
„ Natürlich hätte ich aufhören können“, gibt er zu. „Wir hätten besprechen können, ob wir verhüten oder nicht. Das hätte dazu geführt, dass wir unseren ersten Sex zerreden und du kannst mich egoistisch nennen, aber das wollte ich nicht. Vor allem, als mir einfiel, dass ich die Kondome im Hotel liegen gelassen habe.“
„ Du hast eine Entscheidung ohne mich getroffen“, erkenne ich.
„ Das habe ich nie gewollt, doch in dem Punkt bin ich schuldig.“
Eigentlich müsste ich sauer sein. Vor allem, weil es nicht darum ging, wonach unser Badewasser riecht oder welche Blumen in der Einfahrt wachsen sollen. Es ist alles andere als banal.
Als ich in mich hinein fühle, bemerke ich allerdings bloß eine tiefe Erleichterung, weil sich unser Thema von selbst geklärt hat. Ich will eine Familie mit ihm haben. Ein Baby – ob es früh ist oder nicht. Ich habe darüber nachgedacht, dass wir eine natürliche Beziehung führen, wie es für Menschen in der Vergangenheit normal war. Sex erzeugt Babys. Wie überall sonst in der Natur.
Außerdem ist er nicht allein Schuld. Zum Sex gehören zwei Personen und ich habe keinen Gedanken daran verschwendet. Vermutlich, weil ich ein Baby möchte. Er könnte mir daher auch vorwerfen, dass ich nichts gesagt habe.
Stattdessen war unser erster Sex sagenhaft schön. Frei und sorglos. Konstantin hat mir einen Antrag gemacht. Ich lächle und spiele mit der Muschelkette an meinem Hals.
„ Wenn ich nun schwanger bin...“
Ich spreche die Worte ganz vorsichtig, so als wollte ich es im Geiste an mir ausprobieren. Mein Herzschlag beschleunigt sich und ich muss aufpassen, dass ich nicht zittere und weine, weil es wahr sein könnte.
„Würde dir das gefallen?“, fragt er mich.
Ich presse meine Lippen aufeinander und nicke stumm. Er zieht mich fest an sich und küsst mein Haar. Meine Wange. Sein Finger legt sich unter mein Kinn und hebt es seinem Mund entgegen. Dann küsst er mich innig und ich verschmelze mit meinen Gefühlen und dem Moment.
„Da ich dich eben überrumpelt habe, kannst du frei entscheiden“, sagt er. „Ich würde es dir nicht nachtragen, wenn du die Pille danach möchtest.“
Bloß nicht.
„Nein“, entgegne ich sofort.
„ Was ist in der Zukunft? Willst du, dass ich Kondome verwende?“
Ich runzle die Stirn. Warum einen Schritt zurück gehen?
„Nein. Willst du das denn?“, erkundige ich mich besorgt.
Er lächelt und schüttelt den Kopf. „Aber ich bin etwas älter als du, Elise.“
Ich grinse ihn frech an und zucke mit den Schultern. „Ich nehme es dir nicht übel. Toleranz und so. Was macht deine Gicht?“
„ Besser. Viel besser. Eine große Echse hat sie mir vor ein paar Millionen Jahren kuriert. Sie kannte da ein Spezialmittel. Die heutige Medizin ist so rudimentär. Da gerät vieles in Vergessenheit.“
Ich bin erleichtert, dass wir scherzen können.
„Jetzt möchte ich, glaube ich, doch ins Meer“, sage ich freudig.
Er nimmt mich an der Hand mit zum Wasser. Der Sand wird immer fester unter unseren Füßen, kälter und nasser und dann stehen wir plötzlich im Meer. Nicht mal bis zum Knöchel, doch es fühlt sich himmlisch an. Ich jauchze auf vor Glück und gehe ein paar Schritte tiefer hinein. Die Wellen kommen und gehen und umspülen meine Haut. Mal reichen sie nur bis zu den Füßen, dann schäumen sie hoch bis zu meinen Schenkeln.
Das Wasser ist mild, ich hatte es mir viel kälter vorgestellt. Doch die Sonne scheint hier mehr als bei uns. Trotzdem oder gerade deswegen freue ich mich darauf, wenn wir wieder zurück sind. Konstantin kann dann länger draußen bleiben.
Die Stunden mit ihm verfliegen immer viel zu schnell. Ich frage mich, ob sich das je ändert. Jedes Zeitgefühl ist verloren, also greife ich nach seinem Handgelenk und schaue auf die Uhr.
Er lacht. „Du kannst mich auch einfach fragen.“
„ So macht es mehr Spaß.“
„ Ich beschwere mich sicher nicht, wenn meine Frau mich berührt“, erklärt er.
Bis zum Morgengrauen bleibt uns eine Stunde, doch ich würde nicht riskieren, dass wir knapp dran sind und er verbrennt. Für ein paar Minuten genießen
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