Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
Vom Netzwerk:
kann ich nicht«, sagte sie leise, damit es niemand aus der Stadtgarde hörte. »Ihr seht doch, wie sie sind.
    Es sind grobe, ungebildete Männer. Um mein Volk muß ich mich persönlich kümmern.«
    Iome hatte recht. Der Kommandant der Garde wirkte
    geradezu glücklich, so viele Diebe gefaßt zu haben. Nach vielen Jahren der Jagd auf Verbrecher war er nur zu bereit, so gut wie jeden umzubringen, den er fand. Iome konnte nicht darauf vertrauen, daß die Gardisten das gleiche Ausmaß an Mitgefühl walten ließen wie sie selbst.
    »Dann wenigstens bald«, flehte Myrrima. »Vergeßt nicht, Ihr habt ein Kind, um das Ihr Sorge tragen müßt.«
    Der Anflug von Gequältheit, der über Iomes Gesicht kam, verriet Myrrima, daß sie das Falsche gesagt hatte. Iome hatte ihr Kind nicht vergessen. Vermutlich dachte sie an kaum etwas anderes und hatte entsetzliche Angst. Doch sie erwiderte kühl: »Ich darf wegen der Sorge um ein einziges Kind, das in meinem Bauch heranwächst, meine Pflichten nicht vernachlässigen.«
    »Verzeiht, Euer Hoheit«, sagte Myrrima. »Ich habe das Falsche gesagt.«
    In diesem Augenblick brachte der Kommandant der Garde einen klumpfüßigen Jungen aus dem Butterweg herauf. Er schleppte ihn nicht heran wie einen Dieb, sondern stützte den Jungen und half ihm. Der Gardist ging langsam mit ihm, denn er schien kaum in der Lage, sein unförmig angeschwollenes Bein nachzuziehen.
    Der Bursche hatte sichtlich Schmerzen. Gefangen in der Rolle zwischen Erwachsenem und Kind hatte er vermutlich zuviel Angst, andere um Hilfe zu bitten, doch alleine fliehen vermochte er ebensowenig. »Wen haben wir denn hier?«
    fragte Iome. »Einen elternlosen Jungen«, antwortete der Kommandant der Garde.
    Jetzt wußte Myrrima, daß Iome nicht aufbrechen würde.
    Jedenfalls nicht so bald, solange noch die Möglichkeit bestand, daß sich weitere Kinder in der Stadt versteckt hielten.
    Sie ging zu den Pferden, um sich zu vergewissern, daß sie zum Aufbruch bereitstanden. Jureem war schon dagewesen, hatte die Sattelgurte festgezurrt und Wasserflaschen und Bündel auf jedes Tier gebunden. Auch die Welpen hatte er eingesammelt und in zwei Weidenpicknickkörben sicher verstaut. Die Welpen kläfften und wedelten mit ihren Schwänzen, als Myrrima nahte.
    Sir Donnor stand bei den Pferden. »Meine Dame«, drängte er. »Wir müssen aufbrechen. Ich würde mich besser fühlen, wenn Ihr endlich aus der Burg fliehen würdet.«
    »Und Ihre Hoheit zurücklassen?« fragte Myrrima.
    »Ich stehe zu ihrer Bewachung zur Verfügung«, antwortete Sir Donnor. »Ihr Pferd ist schneller als das Eure. Ihr brauchtet Jureem nur ein paar Meilen weit die Straße hinunter zu begleiten und hättet einen guten Vorsprung. Dort würdet Ihr die Bäume erreichen, unter denen Ihr Euch verstecken könnt.
    Hinzu kommt, wenn Ihre Hoheit Euren Aufbruch bemerkt und sich allein gelassen fühlt, folgt sie Euch vielleicht.«
    Gaborns Stimme erscholl in ihrem Kopf deutlicher als je zuvor und rief verzweifelt: »Lauft fort! Lauft augenblicklich fort! Lauft um Euer Leben!«
    Myrrima war so erschüttert, daß sie fühlte, wie ihr die Sinne schwanden. Ohne sie um Erlaubnis zu fragen, umfaßte Sir Donnor ihre Hüfte, hob sie hoch und setzte sie in den Sattel.
    Jureem, der bereits auf seinem Pferd saß, wirkte plötzlich aufgebracht. »Er hat recht, laßt uns wenigstens bis zum Waldrand reiten.« Sir Donnor reichte Jureem die Körbe mit den Welpen, der beide in der Beuge eines Armes hielt.
    Dann ergriff Jureem die Zügel ihres Pferdes, pfiff, und das Kraftpferd setzte sich mit einem Ruck in Bewegung.
    Bevor Myrrima dazu kam, es sich anders zu überlegen, donnerten sie über die Zugbrücke zu den Toren von Burg Sylvarresta hinaus.
    Sie warf einen Blick in den Burggraben und sah die
    mächtigen Störe, die verzweifelt noch immer Runen
    zeichneten und ihre Kreise zogen, obwohl sie schon eine ganze Nacht und einen Tag hier waren. Draußen auf dem Feld kreisten Lerchen in einer Wolke, wandten sich nervös mal hierhin, mal dorthin, als fürchteten sie sich vor dem nahenden Winter und wüßten nicht, wohin sie fliegen sollten.
    Der Himmel über ihnen hatte sich in den letzten Stunden zunehmend verdunkelt und mittlerweile eine bleierne Farbe angenommen. Dahinter glaubte Myrrima eine mächtige schwarze Gewitterwolke zu erkennen, die rasch von Süden näher kam.
    Während sie diese beobachtete, beschlich sie eine
    entsetzliche Angst. Blitze zuckten aus der Wolke, und fernes Donnergrollen brach

Weitere Kostenlose Bücher