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Schattenjagd

Schattenjagd

Titel: Schattenjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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hatte ich diese Prüfung bestanden. Danach war ich bereit, zur Hölle zu fahren – um als vollwertige Jägerin zurückzukehren.
    Meine Muskeln verkrampften sich. Nun begann der schreckliche Kampf, in dem ich versuchte, meine Finger von dem Eisen zu lösen, während der Stab danach schrie, freigelassen zu werden, um abermals die Luft zu zerschneiden, Fleisch und Härteres zu zertrennen, egal was – zu zermalmen, zu zerreißen und zu zerstören. Heißes Blut rann mir über Seite, Bein und Arm. Die Krallen der Bestie hatten meine Schulter zu Hackfleisch verarbeitet.
    Doch Sauls Blick war finster und er wandte ihn nicht ab. Er bewegte sich nicht einmal. Die elektrische Strömung zwischen uns – die ihn hinter jede Fassade blicken ließ, die ich je um mich errichtet hatte, und die mich ihn erkennen ließ – ging tiefer als all die wunden Stellen in meinem Kopf, tiefer als Atem und Knochen und Blut, viel, viel tiefer.
    Er kannte mich, selbst jetzt.
    Was in Wirklichkeit nur wenige Sekunden waren, schien eine Ewigkeit zu dauern, bis ich endlich meinen Griff lockern konnte. Der Stab glitt zu Boden, ich drehte ihn herum, während meine Muskeln jaulend protestierten. Ein Schrei entfuhr mir, der jede kleine Glasscherbe in noch winzigere Splitter zerfasern ließ. Auch die Schicht aus Eis, die alles bedeckte, verpuffte zu Kristallstaub. Der Stab befreite sich aus meinen Händen, riss mir die Haut vom Fleisch und krachte in die nächste Wand, wo er bebend stecken blieb, fünfzehn Zentimeter tief im Beton.
    Schwankend stieß ich einen leisen rasselnden Laut aus. Das Blut, das auf die Dielen tropfte, verursachte in der Stille einen Höllenlärm. Auf einmal wurde mir bewusst, dass ich mich auf Arten und Weisen bewegt hatte, für die kein menschlicher Körper gebaut war, nicht mal einer, der die Hilfe eines vor-atlantischen Stücks Meteoritenstahl und eines Höllenmals hatte. Alles tat mir weh, sengender, feuriger Schmerz saß mir in allen Gliedern.
    Doch mein Herz schlug weiter, und zwar so schnell, dass sich das Hämmern in Kehle und Handgelenk anfühlte wie der Flügelschlag eines Kolibris. Noch immer rang ich keuchend nach Atem, und meine Rippen hoben und senkten sich unruhig, während brennendes Öl meine linke Seite zu bedecken schien. Meine Schultern fühlten sich an, als hätte man sie mit flüssigem Blei begossen, meine Beine waren aus Gummi, und mein Kopf. – Mein Gott, mein Kopf schien jeden Augenblick mitten entzweibrechen zu wollen, als würde mir ein geisteskranker Zwerg Reißzwecken ins Hirn piken.
    Abermals schwankte ich und schmeckte saures Adrenalin auf der Zunge. Dann hörte ich, wie sich mir jemand näherte, und wusste, dass es nicht Saul war, wusste einfach, dass er es nicht sein konnte, und setzte mich ohne nachzudenken in Bewegung.
    Meine Finger hatten sich zu Klauen gebogen, und wild kreischend fuhren meine Nägel durch Perrys Gesicht, während sich meine Narbe vor Lust und Qual aufbäumte. Im nächsten Moment hatte mich Saul in seine Arme gerissen und redete auf mich ein, während ich mich wehrte. Doch er hatte mich im Schwitzkasten, und dann knallten wir beide inmitten von Schutt und tauendem Eis auf den Boden. Immer noch strampelte ich und hieb um mich, bekam allerlei Sägespäne, Glas, Putz, Wasser und anderen Dreck in die Haare, bis Saul mich schließlich anknurrte, das Gesicht an meinem Hals vergrub und ich augenblicklich mucksmäuschenstill wurde. Seine scharfen Zähne konnten meine Halsschlagader in null Komma nichts durchdringen.
    Ein leises Schluchzen drang aus meinem Mund, und mein Schädel dröhnte, als hätte jemand einen Gong darin geschlagen. „Zi-zi-zi-zi …“
    Ich wollte ihm mitteilen, dass im Haus eine Zivilistin war, die meinen Schutz brauchte, als ich das Bewusstsein verlor.

18
     
     
    Als ich aufwachte, hatte ich einen mörderischen Kater.
    Die Nachwirkungen des Stabs. Man sollte ihn niemals leichtfertig als Waffe auswählen, wie Michail mir immer und immer wieder eingetrichtert hatte. Aber ehrlich gesagt, ich war einfach nur froh, dass es geklappt hatte.
    Ich schlug die Augen auf, sah etwas Verschwommenes, das unter Umständen als Licht durchging, und stöhnte leise. Auf der Stelle schob jemand seinen Arm unter meinen Kopf und hielt mir das wohl stinkendste Gebräu aller Zeiten an die Lippen.
    Das beste Rezept für einen besonders üblen Fall von Überbelastung ist folgendes: Erhitze Cola so lange in der Mikrowelle, bis die Kohlensäure komplett raus ist, zehn Minuten auf

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