Schattenjahre (German Edition)
Bedürfnissen, und Edward …“
„Wenn du mich fragen willst, ob ich ihm untreu war, dann lautet die Antwort – nein“, unterbrach sie ihn und wurde rot, aber sie hielt seinem Blick entschlossen stand, während sie freimütig erklärte: „Ich bin nicht leidenschaftlich veranlagt. Das fand ich schon vor Jahren heraus, in Kits Armen. Er war mein einziger Liebhaber – Davids Vater …“ Nervös biss sie sich auf die Lippen. „Als ich Edward heiratete, wusste ich, was ich auf mich nahm, und ich tat es bereitwillig. Niemals habe ich ihn betrogen, und ich beabsichtige es auch gar nicht. Ich brauche keinen Liebhaber, ich möchte gar keinen …“ Sie las tiefes Mitleid in Ians Augen und fuhr beklommen fort: „Es fällt mir schwer, mit dir über diese Dinge zu reden. Niemand gibt gern seine Mängel zu, seine Unzulänglichkeiten … Aber glaub mir, was Sex betrifft, bin ich einfach unfähig …“
Was er über Kit Danvers gehört hatte und über Liz wusste, stimmte ihn nachdenklich. Er war ein fortschrittlicher Arzt, der das weibliche Geschlecht mochte und bewunderte. Für Liz empfand er nicht nur Zuneigung, sondern er respektierte sie auch. „Wenn du deine Unzulänglichkeiten erwähnst, habe ich das Gefühl, du lädst die Schuld eines anderen auf deine Seele.“ Verständnislos starrte sie ihn an, und er lächelte. „Nach allem, was du mir von deiner Tante erzählt hast, war sie ziemlich streng und gefühlsarm. Natürlich musste ein solcher Mensch einen gewissen Einfluss auf dich ausüben, vor allem in deinen Teenagerjahren. Wie alt warst du, als David gezeugt wurde? Achtzehn?“
„Siebzehn“, korrigierte sie zögernd.
Ian seufzte. Siebzehn – noch ein Kind. Und Kit? Ende zwanzig. Alt und erfahren genug, um Liz sanft und liebevoll ins Reich der Erotik einzuführen … Aber wenn es stimmte, was über Edwards Vetter behauptet wurde, dann hatte er zweifellos zu jenen Männern gezählt, die begierig und rücksichtslos nur ihr eigenes Vergnügen suchten, ohne an die Gefühle ihrer Partnerinnen zu denken.
„Also ist Kit für deine sogenannten ‚Unzulänglichkeiten‘ verantwortlich“, erwiderte Ian entschieden. „Er war älter als du und gewiss erfahrener.“
Unsicher rutschte sie in ihrem Sessel umher. „Es wäre unfair, ihm die Schuld in die Schuhe zu schieben. Immerhin habe ich in all den Jahren niemals …“ Verlegen verstummte sie. Es war ihr peinlich, über so intime Dinge zu sprechen, obwohl Ian ein Arzt war und sie ihn gut kannte.
„Was hast du nie?“, hakte er nach. „Du hast niemals Verlangen empfunden?“
Wieder röteten sich ihre Wangen. Ahnte er etwas von jenen Nächten, wo sie erwachte und heiße Triebe in ihrem Körper spürte? „Ich wollte nie eine sexuelle Beziehung eingehen“, entgegnete sie leise.
„Du meinst wohl, du hast es dir nie erlaubt“, wurde sie von dem einfühlsamen Arzt verbessert. „Und das ist etwas ganz anderes. Ich will dich nicht in Verlegenheit bringen oder aufregen, Liz – ich sorge mich nur, weil Edward seinen Frust und seine Bitterkeit an dir auslässt. Sicher, das isteine natürliche Reaktion, aber wenn er gewalttätig wird …“ Er beobachtete, wie ihre Lippen zitterten, und da wusste er, dass Chivers nicht übertrieben hatte.
„Er ist so eifersüchtig … Das verstehe ich nicht. Ich gab ihm nie einen Grund dazu.“
Ian schaute sie mitleidig an. „Er liebt dich, und er empfindet auch alle sexuellen Emotionen eines verliebten Mannes, aber die kann er körperlich nicht ausdrücken. Deshalb fürchtet er, ein gesunder Mann könnte seinen Platz als dein Liebhaber einnehmen.“
Sie wurde blass. „Aber – aber das …“
„So sind die Männer nun mal“, bemerkte er trocken. „Hier geht es um uralte Instinkte, jenseits aller Vernunft. Jeder Mann, der sich eine Partnerin ausgesucht hat, ist eifersüchtig. Aber Edwards natürliche Eifersucht scheint außer Kontrolle zu geraten. Er sollte eine Zeit lang in einem Sanatorium verbringen, dann hättet ihr beide eine dringend benötigte Atempause …“
„Dazu wird er sich nie bereit erklären“, fiel Liz ihm ins Wort.
„Offensichtlich nicht. Aber wir müssten ihn irgendwie veranlassen, seine Eifersucht einzugestehen und zu erkennen, dass sein Verhalten allmählich irrational wird. Sein Hang zur Gewalttätigkeit beunruhigt mich. Du kannst in dieser Ehe nicht glücklich sein …“
„Ich bin Edwards Frau“, erwiderte sie kühl, „und ich verdanke ihm sehr viel, Ian – mehr, als du weißt. Wenn ich
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