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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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kindischen Schweigen, das er – wie Ian zu seiner Bestürzung oft feststellte – auch Liz zumutete. Aber im Grunde seines Herzens war Edward fair und ehrlich genug, um sich etwas einzugestehen – es lag nur an seiner Liebe zu Liz, dass er sie manchmal unfreundlich behandelte, an seiner Angst, sie könnte ihn irgendwann zu langweilig finden und verlassen. Doch wie er wusste, gab es keinen Grund für solche Befürchtungen. Kein Mann konnte sich eine treuere Frau wünschen.
    Und so meinte er widerstrebend, irgendwann in ferner Zukunft sollte man vielleicht erwägen, die Spinnerei wiederzueröffnen – vorausgesetzt, die finanzielle Situation würde es gestatten.
    Wenn es die finanzielle Situation gestattete … Liz behielt ihre Gedanken für sich. Sie wusste bereits, wie sie das Geld aufbringen würde. Auf Vics Rat hin führte sie mit dem neuen Schäfer Zuchtexperimente durch, die nicht auf erstklassige Wolle abzielten, sondern auf Lammfleisch, um von der plötzlich sprunghaft gestiegenen Nachfrage zu profitieren.
    So wie der Krieg die Sehnsucht nach Luxusgütern geweckt hatte, so war auch eine andere Art von Hunger entstanden, ein Hunger, der sich nicht mit den einfachen Lebensnotwendigkeiten begnügte, ein Appetit auf ein Essen, das die Geschmacksnerven verführte und dem Auge gefiel. Im ganzen Land wurden Herden gezüchtet, die diesen neuen Anforderungen entsprachen. Und Liz, mit klugem Weitblick begabt, hatte diesen Bedarf rechtzeitig erkannt und verfolgte nun zielstrebig ihre Interessen.
    Ärgerlich widersprach Edward, als sie verkündete, sie wolle ihre Lämmer auf einem County-Jahrmarkt ausstellen. Er rümpfte angeekelt seine aristokratische Nase, und sie musste ihn behutsam daran erinnern, dass die Landwirtschaft einen bedeutsamen Platz in den Traditionen der englischen Oberschicht einnahm.
    Letzten Endes gab er nach. Liz und ihr Schäfer – stets vorsichtig bedacht, sich nicht zu überfordern – verhalfen den Cottingdean-Lämmern allmählich zu einem guten Namen. Im Vorjahr hatten sie in Smithfield den Preis für die besten Zuchtlämmer gewonnen. Sie begannen Zuchttiere zu verkaufen, und so kam langsam das Kapital für die Wiedereröffnung der Spinnerei zusammen.
    Liz war schon oft mehrmals heimlich in dem alten Gebäude gewesen, sah nicht den Verfall, sondern die Vorzüge. Wenn sie ehrlich zu sich selbst sein wollte, gab es nur einen einzigen Vorteil, die günstige Lage mitten im Dorf, in einer Gegend, wo ein großer Mangel an Arbeitsplätzen herrschte. Sie glaubte, allein aus diesem Grund müssten die Behörden ihr Unternehmen fördern. Die Männer, die für ihr Vaterland gekämpft hatten, nahmen ihreArbeitslosigkeit und die Armut keineswegs klaglos hin. Und jeder, der in ländlichen Gebieten für Arbeitsplätze sorgte, wurde unterstützt.
    Ian Holmes war auf dem Weg zu Edward. Es sollte kein freundschaftlicher, sondern ein ärztlicher Besuch werden. Mehrmals pro Jahr untersuchte er den Patienten und bemühte sich um ein Gespräch über dessen Zustand. Aber Edward neigte nicht dazu, sich anderen anzuvertrauen. Sobald heikle Themen angeschnitten wurden, zog er sich brüsk in sein Schneckenhaus zurück, mochte Ian seine Worte auch noch so taktvoll wählen.
    Wenigstens hatte er Edward überredet, Liz’ geschäftliche Pläne nicht zu durchkreuzen. Auf Ians Betreiben hin wandte sich Edward sogar an einen County-Verein, dem der Friedensrichter angehörte, ein Mann mit beträchtlichem Einfluss in Whitehall.
    Mit der Zeit lernte Liz, wie der Hase lief. Offiziell war die Wiedereröffnung der Spinnerei jetzt Edwards Idee. Sie selbst fungierte nur als sein Sprachrohr und legte seine Ansichten dar, denn der kranke Mann konnte nicht an langwierigen Besprechungen teilnehmen. Der Friedensrichter machte sie mit dem Direktor einer kleinen privaten Handelsbank bekannt, die nach neuen Investments Ausschau hielt.
    Ian bewunderte Liz und hoffte aufrichtig auf ihren Erfolg. Die junge Frau brauchte ganz einfach etwas, das sie ausfüllte – jetzt, wo David im Internat war. Und Edward … Der Arzt runzelte die Stirn, während er zum Haus Cottingdean fuhr. Die immer häufigeren Depressionen des Patienten bereiteten ihm Sorgen, umso mehr, weil Edward bestritt, unter solchen Anfällen zu leiden.
    Schon mehrmals hatte der Doktor vorgeschlagen, Edward solle sich – sich selbst und Liz zuliebe – einige Zeit in einem der neuen privaten Rekonvaleszentenheime aufhalten, die von Kriegsverwundeten gegründet worden waren. Aber der

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