Schattenjahre (German Edition)
dich nicht kriegen“, fauchte er. „Weder er noch ein anderer Mann.“ Bedrohlich pochte die Ader in seiner Schläfe, und Liz fürchtete einen neuen Wutanfall.
Vergeblich versuchte sie, ihn zu besänftigen. Er weigerte sich, sie anzuhören, stieß wilde Beschuldigungen aus, warf ihr vermeintliche Affären mit diversen Männern vor, beschimpfte sie mit obszönen Worten. Liz war schockiert, dass sie nur stumm dastehen konnte.
Doch dann zwang sie sich, das Gefühl der Scham und Demütigung zu überwinden, das seine ungerechtfertigen Anklagen erregt hatten. Wieder wollte sie ihn beruhigen, zu spät. Als sie beschwichtigend über seine Arme strich, umfasste er mit beiden Händen ihren Hals – so kraftvoll, dass sie sich nicht befreien konnte. „Ehe ich dich diesem Mann überlasse, töte ich dich lieber, Liz. Oh, zweifellos wird man mich dafür aufhängen, aber das ist mir egal. Was habe ich schon von meinem Leben zu erwarten? Ich verrotte doch nur im Gefängnis meines elenden Körpers. Nie mehr kann ich ein Mann sein – nicht der Mann, den du lieben und begehren könntest, keiner wie all die vielen Männer, mit denen du schläfst. Wer sind sie? Verdammt, nenn mir die Namen …“
Er schüttelte sie, seine Finger pressten sich auf ihre Luftröhre, und sie brachte kein Wort hervor. Roter Nebel verdunkelte die Welt ringsum, und Liz glaubte, von Blutströmen eingehüllt zu werden. Wie aus weiter Ferne hörte sie Edwards Stimme, laut und wütend. Ein unerträglicher Schmerz breitete sich in ihrer Brust aus. Ihre Sinne schwanden in rasch verebbenden Wellen, obwohl sie sich verzweifelt bemühte, bei Bewusstsein zu bleiben. Ich werde sterben, dachte sie vage. Aber das spielte keine Rolle, denn wenn sie tot war, würde sie erlöst sein von diesen Qualen, die sie zu ersticken drohten.
Und während sich der rote Nebel schwarz färbte, rief Lewis’ Stimme ihren Namen. Rasche Schritte näherten sich auf dem Kiespfad, dann wurden – welch ein Segen – Edwards Finger von ihrer Kehle gerissen. Liz sank auf den Weg hinab, sog Luft in ihre gepeinigten Lungen.
„Chivers!“, schrie Lewis. „Rufen Sie den Arzt! Schnell!“ Wütend wandte er sich zu Edward. „Dafür sollte ich Sie ermorden!“
Sie versuchte aufzustehen, zu sprechen, zu erklären, es sei nicht Edwards Schuld. Aber kein Wort kam über ihre Lippen.
Irgendwo hörte sie jemanden weinen und glaubte, es wären ihre eigenen Tränen – bis sie merkte, dass Edward hilflos schluchzte. Mitleid und Gewissensbisse verdrängten ihre Angst. Der arme Edward … Er konnte doch nichts dafür. Sie schloss die Augen, zu müde, um etwas anderes zu tun, als einfach nur am Boden zu liegen.
Keuchend kehrte Chivers zurück, und sie lag immer noch reglos da. „Der Doktor ist unterwegs … Jetzt bringe ich den Major wohl besser ins Haus“, fügte er hinzu und vermied es, in Lewis’ grimmiges Gesicht zu blicken.
„Ja, schaffen Sie ihn rein“, stimmte Lewis kurz angebunden zu.
Das Schluchzen Edwards, der sich wie ein geprügeltes Kind im Rollstuhl duckte, und die Erkenntnis, dass der Mann nicht für seine Handlungsweise verantwortlich war, konnte Lewis’ Zorn nicht lindern. Wäre er nicht im letzten Augenblick hinzugekommen – hätte er Liz’ Behauptung, sie wolle ihn nicht sehen, ernst genommen –, ihr Mann hätte sie sicher erwürgt.
Lewis kniete neben ihr nieder, nahm sie behutsam in die Arme, flüsterte immer wieder ihren Namen, küsste zärtlich die roten Flecken an ihrem Hals. Jetzt würde sie Edward doch endlich verlassen. Der Mann war wahnsinnig. Der Mordversuch hatte es eindeutig bewiesen.
Wenig später traf Ian Holmes ein, und ein leichenblasser Chivers schilderte die Ereignisse. „Wäre Mr McLaren nicht rechtzeitig angekommen – ich weiß nicht, was passiert wäre. Ich wollte ihn gerade in den Garten führen, und da sahen wir, was da geschah …“ Er erschauerte, und der Arzt klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.
„Wie geht es Edward jetzt?“
Unbehaglich schaute Chivers ihn an. „So wie immer nach diesen Anfällen, Sir. Ich habe ihm zwei Schlaftabletten gegeben und ihn ins Bett gebracht. Vermutlich wird er erst in zwölf Stunden aufwachen.“
„Gut. Wo ist Liz?“
„Immer noch im Garten. Sie wurde ohnmächtig.“
Ian eilte nach draußen. Er hoffte, Liz wäre tatsächlich nur in Ohnmacht gefallen. So wie Edward sie nach Chivers Worten gewürgt hatte, war es ein Wunder, dass sie noch lebte.
Liz hob die Lider und lag in Lewis’ Armen. Mit
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