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Schattenjahre (German Edition)

Schattenjahre (German Edition)

Titel: Schattenjahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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wenn sie nach Hause kam, verspürte sie tiefen inneren Frieden, ein Gefühl der Kontinuität, die Gewissheit, ein Glied in der magischen Kette zu sein, die alle Generationen miteinander verband. Das war eine andere Art der Vollkommenheit als jene, die sie mit Lewis erlebt hatte – die Einheit zweier vom Schicksal füreinander bestimmter Menschen. Hier entsprang das Bewusstsein der Vollkommenheit ihrer Erkenntnis, dass sie ein kleiner, aber notwendiger Teil im riesigen Mosaik der Menschheit war.
    Sie parkte den Wagen und ging an den Staudenrabatten entlang durch den Gemüsegarten zur Hintertür. Duftender Lavendel säumte den Weg, in derselben Farbe wie Liz’ Rock, den sie aus einem selbst produzierten Tweed nach einem Vogue-Schnittmuster genäht hatte. Das Diormodell, ganz schmal, mit einer koketten Faltenpartie am rückwärtigen Teil, erschien ihr etwas zu elegant für ihren ländlichen Lebensstil. Aber die Frau des Vikars hatte sie überredet, diesen Rock zu schneidern, und erklärt, als Besitzerin der Spinnerei und Weberei müsse sie den Besuchernvorführen, wie gut sich das Material zur Verarbeitung eignete. Und so hatte Liz sich umstimmen lassen, bereute aber immer noch den Kauf der extravaganten passenden Schuhe, die aus Bath stammten.
    Während sie sich dem Haus näherte, überlegte sie, ob Edward schon zu Mittag gegessen hatte. Seit einiger Zeit litt er an Appetitlosigkeit, und seine depressiven Stimmungen erfolgten in immer kürzeren Abständen. Ihre Nerven spannten sich an. Längst kannte sie die Anzeichen. Wenn er wie ein Kind zu schmollen begann, führte das unweigerlich zu einem Temperamentsausbruch, zu Gewaltaktionen.
    In aller Entschiedenheit hatte Ian erklärt, sie dürfe dies nicht länger hinnehmen. Wenn schon nicht zu seinem eigenen Wohl, dann müsse sich Edward ihr zuliebe einer Behandlung unterziehen, die sein Temperament bezähmen würde.
    „Er kann nichts dafür, Ian“, hatte sie erwidert, „und er meint es nicht böse.“ Das stimmte. Doch es fiel ihr zusehends schwerer, Edwards Anfälle zu verkraften. Aus einer körperlich bedingten Notwendigkeit heraus hatten sich starke Muskeln in seinen Armen entwickelt. Und bei seinem letzten, von wilder Eifersucht entfachten Wutausbruch war Liz in ernsthafte Angst geraten. Es hatte eine Woche gedauert, bis die blauen Flecken an ihren Handgelenken verblasst waren.
    Bedrückt runzelte sie die Stirn. Der Wind presste die Bluse aus Crêpe de Chine an ihre Brüste, als sie sich vorbeugte, um eine soeben erblühte Rose zu berühren.
    Edward beobachtete sie eifersüchtig durch das Bibliotheksfenster. Sie sah so jung aus, so schön, wenn der Wind die Kleidung an ihren Körper schmiegte, so begehrenswert … Wieder einmal spürte er das vertraute Feuer seines unstillbaren Verlangens und fluchte. Wenn das Schicksal seine Manneskraft zerstört hatte – warum war ihm dann nicht auch die geistige und emotionale Fähigkeit geraubt worden, Begierde zu empfinden?
    Voller Bitterkeit betrachtete er Liz. In seiner Schläfe pochte schmerzhaft eine dicke Ader, und das Pulsieren durchdrang seinen ganzen Körper. Nachts hatte es geregnet, und obwohl Liz sich bemühte, seine Räume stets warm und trocken zu halten, spürte sein empfindliches Fleisch stechende rheumatische Qualen.
    Mit der Wachsamkeit eines eifersüchtigen Liebhabers erkannte er die Veränderung, die mit Liz vorgegangen war. Irgendetwas bedrohte die Ehe. Seine Frau entglitt ihm.
    Er sah sie durch den Garten wandern, stehen bleiben, die Blumen bewundern. Die Art und Weise, wie sie über die Blüten strich, drückte ihre Liebe zu ihnen aus. Auch darauf war er eifersüchtig. Beinahe hasste er die Pflanzen, weil sie Liz so viel Zeit und Aufmerksamkeit abverlangten – Zeit und Aufmerksamkeit, die sie ihm widmen sollte. Und er verabscheute die Stunden, die sie außerhalb des Hauses verbrachte, wenn sie mit anderen Leuten, mit anderen Männern zusammenkam – fern von seiner Kontrolle, fern von seinen besitzergreifenden Forderungen.
    Sie richtete sich von den Rosen auf, schaute zum Haus, und ihr Atem stockte, als sie durch das Bibliotheksfenster Edwards Blick begegnete. Seine Miene konnte sie nicht erkennen, aber seine Körperhaltung verriet seinen Zorn.
    Sekundenlang verspürte sie den feigen Wunsch, ihm den Rücken zu kehren, das Haus nicht zu betreten, sich im Garten zu verstecken, wohin er ihr nicht folgen konnte. Erschrocken über ihre eigenen Gedanken, schnitt sie eine Grimasse. Das alles war nicht seine

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