Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
Vom Netzwerk:
warten, ohne zu wissen, worauf oder auch, ob ich es überhaupt merken würde, wenn es mir über den Weg läuft. Kannst du nachvollziehen, was ich meine?«

    »Besser, als du glaubst. Hast du einen neuen Freund?«
    »Mehr oder weniger. Allerdings bin ich auch, was ihn angeht, etwas zwiegespalten. Um genau zu sein …« Sie brach mitten im Satz ab.
    Eileens Kopf neigte sich in der für sie typischen Art auf die Seite. »Ja?«
    Tara seufzte. Fast glaubte sie, in Eileens Gegenwart die Schwingungen ihres Sohns in der Luft spüren zu können. Und es war, als bestünde sie immer noch, diese tiefe, elementare Verbindung zwischen ihr und Evan, die sie sonst noch mit niemandem gehabt hatte. Jedenfalls ganz sicher nicht mit Ron Nolan.
    Warum traf sie sich dann eigentlich noch mit Ron? War es nur, weil sie, was Evan anging, einen Schlussstrich gezogen hatte, nachdem ihm eindeutig nichts mehr an ihr lag? Oder weil mit Ron alles irgendwie einfacher war? Die Liebe musste ja nicht unbedingt total und überwältigend sein, oder? Die wahre, große, anhaltende Liebe war sowieso nur eine Wunschvorstellung, ein Mythos. Das hatte sie sehr schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Jetzt war sie eine reife, realistische Beziehung eingegangen, in der sie nie in dem Maß verletzt werden könnte, wie sie von Evan verletzt worden war. Und das war absolut vernünftig. Alles in allem ging es ihr besser. Daran musste sie einfach glauben.
    Außerdem würde Evan sie jetzt nicht mehr zurückhaben wollen. Nicht nach dem, was sie getan hatte. Da war sie sich ganz sicher und konnte es ihm auch nicht verdenken.
    »Tara?« Eileen kam näher auf sie zu. »Was ist denn?«
    Sie versuchte zu lächeln, aber es wollte ihr nicht so recht gelingen. »Ach nichts. Nur dass ich, wie gesagt, wegen dieses Manns etwas zwiegespalten bin.«

    »Also, wenn du einen Rat von einer alten Frau hören willst, die dich sehr mag, dann tue nichts Unwiderrufliches, solange du dir nicht absolut sicher bist.«
    »Oh, mach dir da mal keine Sorgen. Davon bin ich weit entfernt - sowohl von etwas Unwiderruflichem als auch davon, mir irgendeiner Sache sicher zu sein. Ich denke ständig, es muss an Weihnachten liegen, diese alten hohen Erwartungen, die sich irgendwie nicht zu erfüllen scheinen.« Sie schluckte gegen die Gefühle an, die sie plötzlich zu überwältigen drohten. »Vielleicht hätten Evan und ich damals nicht so eine schöne Zeit mit dir und der ganzen Familie verbringen sollen. Ich warte weiter darauf, an Weihnachten wieder so eine Geborgenheit zu empfinden.«
    »Das kann immer noch werden.«
    »Na ja, vielleicht. Jedenfalls kann ich weiter hoffen.« Damit setzte Tara ein Lächeln auf und griff nach ein paar Artischocken. »Aber jetzt, ich möchte hier nicht so negativ klingen. Im Vergleich mit dem, was du gerade durchmachst, kann ich wirklich nicht klagen.«
    »Auch wir beklagen uns nicht«, sagte Eileen. »Evan ist am Leben, und wir beten darum, dass er eines Tages wieder ganz gesund wird. Wir haben wirklich eine schwere Zeit hinter uns, aber das Schlimmste haben wir eindeutig hinter uns. Und nachdem das überstanden ist, wüsste ich nicht, wie wir noch glücklicher sein sollten.«
    »Also, das finde ich wirklich erfreulich. Und das habt ihr auch verdient.«
    »Jeder verdient es, glücklich zu sein, Tara.«
    »Gute Menschen verdienen es mehr.«
    »Ach was.« Eileen legte Tara die Hand auf den Arm. »Im Übrigen tust du das auch. Du bist ein guter Mensch.«

    »Kein so guter, wie du denkst.« Nicht einmal annähernd, dachte sie. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie Evan irgendwie betrogen hatte, auch wenn sie Schluss gemacht hatten, auch wenn sie kein Paar mehr waren, auch wenn sie ihm nicht einmal einen Brief geschrieben hatte, seit er in den Irak gegangen war. »Ich hätte Evan gegenüber nicht so stur sein sollen«, sagte sie. »Ich hätte ihm schreiben sollen und …«
    »Aber, aber.« Eileen kam näher. »Ihr zwei hattet eine Meinungsverschiedenheit. Du hast getan, was du für richtig hieltst, und er ebenfalls. Das heißt nicht, dass einer von euch ein schlechter Mensch ist. Ihr seid beide gute Menschen.« Sie strich aufmunternd über Taras Arm. »Vielleicht schreibst du ihm ja jetzt mal, nur ein paar aufmunternde Zeilen. Ich bin sicher, er würde sich freuen, von dir zu hören.«
    »Nein, das geht nicht. Außerdem ist es dafür jetzt zu spät. Er ist ohne mich besser dran.«
    »Solltest du diese Entscheidung nicht ihm überlassen? Vielleicht erzähle ich ihm

Weitere Kostenlose Bücher