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Schattenkinder

Schattenkinder

Titel: Schattenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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möglich zu klingen. »Aber ich glaub nicht, dass ich dich zur Hochzeit einladen werde.«
    Er spürte einen kalten, harten Klumpen in seinem Bauch, der nichts mit dem Brot zu tun hatte. Natürlich würde er niemals heiraten. Oder irgendetwas anderes tun. Er würde nie auch nur aus dem Haus kommen.
    Mark verlegte sich nun darauf, Matthew zu ärgern, der neuerdings eine Freundin hatte. Luke sah zu, wie die anderen lachten.
    »Entschuldigt ihr mich bitte?«, fragte er.
    Alle drehten sich überrascht um. Normalerweise war er der Letzte, der sich vom Essen verabschiedete.
    Häufig bat die Mutter seine Brüder: »Bleibt doch noch und unterhaltet euch ein Weilchen mit Luke.«
    »Bist du schon fertig?«, fragte die Mutter.
    »Ich habe keinen großen Hunger«, erwiderte Luke.
    Die Mutter sah ihn besorgt an, nickte aber dennoch mit dem Kopf.
    Luke ging in sein Zimmer hinauf und kletterte auf den Hocker vor der hinteren Ventilatoröffnung. Wenn es dunkel war, konnte man noch einfacher in die Häuser der Nachbarschaft hineinsehen. Die Fenster leuchteten in der Finsternis. Einige Familien aßen, genau wie seine eigene. Er sah eine vierköpfige Familie um einen Esstisch sitzen und eine andere mit drei Leuten. Manche Familien hatten die Vorhänge zugezogen oder Rouleaus heruntergelassen, aber mitunter war das Material so dünn, dass er dennoch die Umrisse der Gestalten dahinter erkennen konnte.
    Nur bei der Sport-Familie waren sämtliche Fenster vollkommen verdunkelt und durch dichte Jalousien vor Blicken geschützt.
    – 25 –
    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    Kapitel 11
    Von nun an beobachtete Luke das Haus der Sport-Familie ununterbrochen. Bisher hatte er nur früh am Morgen und spät Nachmittags hinausgesehen, wenn er wusste, dass Leute da waren. Aber das Gesicht hatte er um zwei Uhr nachmittags entdeckt. Vielleicht wusste das andere Kind auch über den Tagesablauf der Nachbarschaft Bescheid und war nur in den Zeiten, die es ohnehin für sicher hielt, etwas unvorsichtiger.
    Drei endlose Tage lang sah Luke überhaupt nichts.
    Doch am vierten Tag wurde er belohnt: Um elf Uhr wurde an einer Jalousie im oberen Stock blitzschnell eine Lamelle angehoben und wieder fallen gelassen.
    Am siebten Tag blieb morgens an einem der unteren Fenster die Jalousie oben. Luke sah, wie um sieben Minuten nach neun ein Licht an- und ausgeschaltet wurde, zwei volle Stunden nachdem das letzte Mitglied der Sport-Familie das Haus verlassen hatte. Eine halbe Stunde später kam die Sport-Familien-Mutter in ihrem roten Wagen angefahren und stürmte ins Haus. Zwei Minuten später ging an dem unteren Fenster die Jalousie herunter. Die Mutter verließ sofort wieder das Haus.
    Der dreizehnte Tag war für die Jahreszeit ungewöhnlich warm und Luke schwitzte oben auf seinem Dachboden. Im Haus der Sport-Familie standen einige Fenster offen, auch wenn sie weiterhin von Jalousien verdeckt waren. Ein- oder zweimal bewegte der Wind das Rouleau. Luke sah, dass in einigen Räumen hin und wieder Licht brannte und später dann in anderen. Einmal glaubte er sogar das Flimmern eines Fernsehbildschirms zu erkennen.
    Es gab keinerlei Zweifel mehr. Irgendjemand versteckte sich im Haus der Sport-Familie.
    Die Frage war nur, was sollte er mit diesem Wissen anfangen?
    – 26 –
    Margaret Peterson Haddix - Schattenkinder
    Kapitel 12
    Die Erntezeit brach an. Matthew und Mark gingen nicht zur Schule, sondern halfen dem Vater bei der Getreideernte. Die drei arbeiteten mitunter von Tagesanbruch bis Mitternacht. Auch in Mutters Fabrik gab es nun mehr zu tun, so dass sie jeden Tag zwei bis drei Überstunden machte. Sie brachte eine Menge Lebensmittel in Lukes Zimmer hinauf, damit er nicht hungern musste, wenn die anderen aus dem Haus waren.
    »Bitte schön!«, sagte sie fröhlich, während sie Kräckerschachteln und Obsttüten aufreihte. »Damit wirst du uns gar nicht vermissen.«
    Ihre Augen flehten ihn an sich nicht zu beklagen.
    »Hm-m«, erwiderte er versucht munter. »Ich werd's mir schon gut gehen lassen.«
    Er beobachtete das Haus der Sport-Familie jetzt nur noch sporadisch. Welche Beweise brauchte er noch?
    Was half es ihm, über das andere dritte Kind Bescheid zu wissen? Und was erwartete er - dass es in den Garten hinausgerannt kam und rief: »He, Luke, komm raus und spiel mit mir!«?
    Mutterseelenallein aß er seine Äpfel und seine Kräcker.
    Und ohne dass er es wollte, wuchs in seinem Kopf eine verrückte Idee heran, die jeden Tag neue Einzelheiten

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