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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Ihrer Untergebenen, den Feldwebel Mathias Ulrich, ermordet, indem Sie ihm den Kopf abgeschnitten haben. Des weiteren haben Sie vier wachhabende Soldaten, den Obergefreiten Simon Rogge sowie die Gefreiten Friedrich Maas, Martin Loppe und Steffen Brehmer, getötet, indem Sie ihnen die Kehle herausgerissen haben.« Er sah von seinem Pult auf. »Was haben Sie zu den Vorwürfen zu sagen?«
    Veronika war während seiner Aufzählung das Blut in den Adern gefroren. Sie brauchte nicht nachzufragen, wer die vier Männer waren, deren Namen der Richter aufgezählt hatte – Rogge und Brehmer hatten zu Kollborns Männern gehört, dessen Gruppe sie in der Nacht als zusätzliche Wachen eingesetzt hatte. Loppe undMaas mussten wohl zur regulären Wache gehört haben. Bisher hatte ihr niemand gesagt, dass die Männer ebenfalls tot waren. Zugegeben, vielleicht hätte sie daran denken können, dass Ulrich nicht so ohne weiteres an seiner Bewachung vorbeigekommen war, doch dass man ihr
diese
Morde auch noch in die Schuhe schob, schockierte sie zutiefst.
    Oder habe tatsächlich
ich
sie getötet?
    »Frau Wagner, ich habe Ihnen eine Frage gestellt. Haben Sie etwas zu diesen Vorwürfen zu sagen?«
    »Ich … ich, ich weiß nicht …« Veronika hatte keine Ahnung davon, wie oder was sie tun sollte oder konnte. Verzweifelt griff sie nach dem einzigen Rettungsanker, den sie sich vorstellen konnte. »Habe ich denn nicht das Recht auf einen Anwalt?«
    »Sehen Sie her, Frau Wagner, das hier ist keine ordentliche Gerichtsverhandlung. Dafür bräuchten wir Zeugen, aber die sind, wie Sie ja wissen, momentan in dem Kosovo. Wenn sie in einem halben Jahr von ihrem Auslandseinsatz zurückkommen, werden Sie eine solche Gerichtsverhandlung erhalten, und dann können Sie auch einen Anwalt hinzunehmen. Das hier ist nur eine Ermittlungsverhandlung, hier werden keine rechtsgültigen Urteile gesprochen, hier brauchen Sie auch keinen Anwalt. Ha«, er verdrehte die Augen, »wenn ich hier für jedes Ermittlungsverfahren einen Rechtsverdreher genehmigen müsste, könnte ich gleich mein Bett in das Nebenzimmer stellen und die Wochenenden hierbleiben! Aber zurück zu meiner Frage: Haben Sie nun etwas zu den Vorwürfen zu sagen oder nicht?«
    »Äh … was
soll
ich denn dazu sagen?« Veronika wusste nicht, was der Richter erwartete. Musste sie hier irgendwelche Verfahrenseinwände bringen oder sich auf irgendwelche Paragraphen berufen –
    Der Richter schnaubte unwillig. »Beantworten Sie mir doch einfach die Frage: Waren Sie es, ja oder nein?«
    Veronika schluckte. Genau das war ja das Problem … Sie hatte gehofft, einer solchen Frage entgehen zu können, bis sie mit einemAnwalt oder vielleicht sogar mit einem Psychologen gesprochen hatte.
    »Also gut«, meinte der Richter, noch bevor sie mit ihren Überlegungen abgeschlossen hatte. »Ich habe Ihnen eine sehr direkte Frage gestellt, die eigentlich auch sehr einfach zu beantworten sein sollte. Da Sie dazu anscheinend nicht in der Lage sind, gehe ich von einem gewissen Schuldbewusstsein aus. Das genügt zur Anordnung einer Untersuchungshaft. Frau Wagner, Sie werden einstweilig in der Justizvollzugsanstalt Moabit Drei für weibliche Häftlinge untergebracht werden. Meine Herren«, und damit wandte er sich wieder an die Feldjäger, »Sie können Frau Wagner draußen an Herrn Arlt von der Polizei übergeben. Es gibt hier jeden Abend Sammeltransporte. Frau Wagner wird nicht die Letzte sein, die heute nach Moabit geht.«
    Fassungslos starrte sie ihn an.
Das ist ungerecht!
wollte sie sagen, oder:
Ich habe ein
Recht
auf einen Anwalt!
Doch keiner ihrer Gedanken schaffte es über ihre Lippen. Selbst als die Feldjäger sie auf ihre Beine zogen und nach draußen führten, konnte sie ihn nur stumm anstarren. Dann war sie durch die Tür, die sich hinter ihr schloss, und die Gelegenheit vertan. Sie ließ ihren Kopf sinken und folgte Brenner, ohne die Kraft, die Tränen aufzuhalten, die in ihre Augen stiegen.

DERRIEN
     
    Niemandsland östlich von Bergen, Norwegen
    Donnerstag, 25. März 1999
    Die Innenwelt
     
     
    Als Derrien spürte, wie die Magie der Pforte zu wirken begann, atmete er erleichtert auf. In den letzten Wochen hatten die Schatten mehrere der bisher vermeintlich geheimen Pforten im Niemandsland geschändet, und Derrien war sich alles andere als sicher gewesen, ob diese hier nicht das gleiche Schicksal erlitten hatte.
    Doch er hatte Glück. Diese hier hatten die Schatten noch nicht gefunden, und ihr verfluchter Nebel

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