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Schattenkrieg

Schattenkrieg

Titel: Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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war auch noch nicht aufgetaucht.
    Er öffnete die Augen. Der Anblick hier in der Innenwelt war beinahe genau der gleiche wie draußen: ein klarer, nicht besonders großer Bergsee, gespeist aus einem kleinen Wasserfall aus einer Felsenquelle, außen herum Kiefern, Kraut und Schilf. Es war eine dieser kleinen Idyllen, die man in der Natur immer wieder fand und in denen die Magie Pforten zwischen den Welten entstehen ließ. Die Pferde, die sich am Seeufer tränkten, passten sehr gut ins Bild.
    Die Krieger, die danebenstanden und sich in einem grauenvollen schottischen Dialekt schweinische Witze erzählten, dagegen nicht ganz so. Es waren Waldläufer – wenn man bereit war, diesen Begriff auf jenen schlecht ausgebildeten und undisziplinierten Haufen anzuwenden. Sie gehörten zu dem menschlichen Ausschuss, den Casey MacRoberts zu ihm geschickt hatte. Ihren Anführer, der etwas abseits auf einem Felsen saß und nachdenklich in den See starrte, erkannte Derrien als Blaine O’Curry, ein langgedienter Waldläufer, der zu den Leuten des Fuchses gehörte.
    Derrien trat hinter dem Gebüsch hervor, wo sich die Pforte für ihn geöffnet hatte. »Blaine«, rief er, um die Männer auf sich aufmerksam zu machen.
    Die Schotten wirbelten herum. Schwerter wurden gezogen, Speere hastig vom Boden aufgehoben. Blaine zuckte zusammen; seine Hand ging ebenfalls zur Klinge, doch dann hatte er ihn erkannt, und seine finstere Miene machte Erleichterung Platz. Schnell rappelte er sich auf.
    »Hört auf, ihr Hohlköpfe! Das ist Derrien Schattenfeind, euer Anführer!« Kopfschüttelnd lief er ihm entgegen. »Seid gegrüßt, Herr!«
    »Blaine.« Derrien nickte. Nachdem sie sich die Hände geschüttelt hatten, fuhr er fort: »Ich habe es eilig. Machen wir, dass wir hier aufbrechen, dann kannst du mir alles erzählen, was ich wissen muss.«
    »Jawohl, Herr.« Im Befehlston rief er den Schotten zu: »Los, packt die Sachen zusammen und sattelt die Pferde!«
    Derrien ließ sich von dem Iren zeigen, welches der Tiere für ihn bestimmt war, ein braunes, kräftiges Reitpferd mit einem weißen Fleck auf der Stirn. Um Zeit zu sparen, sattelte er es selbst und wartete dann mit kritischem Blick, bis die Schotten ebenfalls so weit waren. Sie ließen sich mehr Zeit, als Derrien für möglich gehalten hätte, ein weiteres Zeichen dafür, was für einen lausigen Haufen Casey ihm da geschickt hatte.
    Faul, undiszipliniert und feige.
Derrien war sich nicht sicher, ob die Männer jemals gute Waldläufer werden würden – und ob er jemals bereit sein würde, ihnen sein Leben anzuvertrauen. Früher –
vor dem verdammten Hinterhalt –
hatte er sich auf jeden seiner Waldläufer blind verlassen können, doch heute …
    Sie ritten los. Zwei der Schotten übernahmen die Spitze, hinter ihnen Derrien mit Blaine und die vier restlichen. Der schmale Pfad, dem sie folgten, war sehr frisch; Derrien wusste, dass er erst gestern oder heute Morgen entstanden war, als die Männer hergekommen waren. Davor war die Natur um die Pforte herum völligunberührt, ein Zustand, zu dem sie zurückkehren würde, wenn die Männer fort waren: Der Wächtergeist, den Derrien vor mehr als zehn Jahren gemeinsam mit Nerin dort beschworen hatte, würde sich darum kümmern.
    »Ist schon etwas Aufregendes passiert?«, wandte er sich an Blaine.
    »Wir finden tagtäglich verlassene Dörfer und Felder –
viele
Dörfer und
große
Felder. Die Männer machen sich langsam Sorgen, dass der Feind stärker sein könnte, als sie bisher vermutet haben. Wir wissen aber natürlich noch nichts Genaues. Vor drei Tagen ist einer unserer Leute – Scipio, soweit ich weiß – einem Trupp der Gegenseite begegnet. Wir rechnen jetzt jeden Tag damit, auf ihre Hauptstreitmacht zu stoßen.«
    Derrien nickte nachdenklich.
Der Feind könnte stärker sein, als sie bisher vermutet haben
, hatte Blaine gesagt.
Oh, ja …
    »Gibt es Spuren vom Schwarzen Baum?«
    »Noch nicht. Keine verzauberten Pflanzen, keine Hinterhalte. Die Kundschafter, die wir gefunden haben, waren auch keine von seinen Männern. Angeblich waren es frisch in die Innenwelt gebrachte Russen.«
    »Idioten.« Derrien schüttelte den Kopf. Die Arbeit eines Kundschafters wurde viel zu oft unterschätzt. Es genügte nicht, einem Mann ein Pferd unter den Hintern zu schieben und ihn damit in den Wald zu schicken.
    »Genau«, stimmte ihm Blaine zu. Sie ritten eine Weile schweigend nebeneinander her. Schließlich wandte sich der Ire zu ihm und fragte:

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