Schattenkrieger: Roman (German Edition)
Freunde kennenlernen. Das hier ist der Nachtmann, ein Meister unter den Meuchelmördern aus Shamaath. Und das da«, er deutete auf den größten der drei Männer, die durch die Brandung liefen, »das ist Dreifinger. Er ist mein Gefolgsmann.« Es war ein hässlicher Kerl mit schütterem Haar und einer unangenehmen Hautkrankheit im Gesicht. Er wirkte etwas gereizt, als der Junge ihn auf diese Weise vorstellte.
»Seid gegrüßt«, lispelte der dunkelhäutige Mann. Kayne kniff die Augen zusammen. Die Art, wie er sich bewegte, das Selbstvertrauen, mit dem er ihre verlotterte kleine Truppe einschätzte – alles sprach für einen Kämpfer, für den das Töten so selbstverständlich war wie das Atmen.
»Wie ich sehe, kennt ihr Davarus Cole. Du musst Brodar Kayne sein«, fuhr der Meuchelmörder fort.
Der alte Barbar schwenkte ein Bein über den Pferderücken und ließ sich vorsichtig auf den Boden sinken. »Und ob. Es ist mir eine Freude.« Er blickte zum Hügel hinauf, wo sich zwei Dutzend Berittene näherten. Die untergehende Sonne tauchte alle in rotes Licht.
»Ehe wir die Vorstellungen fortsetzen, sollte ich vielleicht eine kleine Angelegenheit erwähnen, die sehr bald schon unsere Aufmerksamkeit erfordern wird …«
Dunkle Vorzeichen
Yllandris drehte sich zu dem Mann um, der neben ihr im Bett lag. Magnar beobachtete sie mit halb geschlossenen Augen. Sein tiefer Atem war das einzige Geräusch im Schlafzimmer. Draußen tobte der Sturm, der kreischende Wind war wie ein schreckliches Tier, das dem Großen Langhaus das Dach abreißen und ihre nackten Körper dem Sturm preisgeben wollte.
»Du machst dir Sorgen«, sagte sie. Die vermischten Gerüche von Schweiß, ihrem Liebesspiel und dem Rauch erzeugten eine Atmosphäre, die sie ganz und gar nicht unangenehm fand. Sie legte ihm eine Hand auf die glatte Wange. Viele Hochländer trugen ihre Bärte lang, um ihre Männlichkeit zu unterstreichen, doch Magnar rasierte sich immer gründlich. Das war angesichts seiner Jugend eine mutige Entscheidung und eine offene Einladung an die älteren Häuptlinge, ihn zu verspotten. Anscheinend besaß der junge König genügend Selbstvertrauen, um sich darum nicht zu kümmern.
»Mir ist nicht wohl«, gab er zu. Tatsächlich war die Sorge in den stahlgrauen Augen nicht zu übersehen. »Der Schamane hat die Brüder aus den Hohen Klippen abberufen. Welches Recht hat der Tyrann von Dorminia, unserem Magierfürsten so etwas abzuverlangen?«
Yllandris erinnerte sich an die Mühelosigkeit, mit welcher der gebrechliche alte Mann Shranrees Magie begegnet war. Die älteste Schwester im Zirkel von Herzstein war vermutlich die mächtigste Hexe in den ganzen Hohen Klippen, doch Salazar hatte sie abgewehrt wie ein kleines Kind, und dabei war er sogar sehr erschöpft gewesen.
»Das kann ich nicht sagen, mein König. Die Gedanken der Magierfürsten sind nicht leicht zu ergründen. Hat der Schamane denn einen Hinweis gegeben, wann sie zurückkehren dürfen?«
Magnar schüttelte den Kopf. Er war ein gut aussehender Mann mit kräftiger Nase und starkem Kinn. Der Rumpf war schlank, aber muskulös, und auf der Brust schimmerte noch der Schweiß, nachdem sie sich gerade geliebt hatten. Es erregte sie, wenn sie ihn betrachtete.
»Es könnte sein, dass wir eine Weile ohne unsere heiligen Beschützer auskommen müssen«, fuhr der König fort. »Ich habe Orgrim angewiesen, zusätzliche Männer an der Nord- und Südgrenze der Ostmark zu postieren.« Er überlegte kurz und seufzte schließlich. »Hammertod hat sich über den Befehl nicht gefreut.«
»Orgrim hat in Frostwehr die schlimmsten Verluste erlitten«, erwiderte Yllandris. »Und die Ostmark hat in den letzten Jahren am meisten gelitten. Hammertod will seine Siedlungen nicht den Gefahren aus dem Teufelsgrat aussetzen, indem er die Krieger an die Grenze schickt.«
König Magnar nickte. »Das hat er gesagt. Doch die Ostmark bildet die Grenze zwischen unserem Land und den Schrecken, die im Teufelsgrat lauern. Ich kann nicht zulassen, dass die Dämonen ungehindert in die anderen Gemarkungen vordringen.«
Wieder zerrte eine heulende Bö am Dach, und Magnar seufzte abermals. »Ich habe mich bemüht, die Achtung meiner Häuptlinge zu gewinnen. Es ist nicht leicht, Hungersnöte zu verhindern und die Stämme davon abzuhalten, sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen, während man zugleich den Launen des Schamanen nachgeben muss. Manchmal hört er zwar auf mich, trotzdem … ich fühle mich, als säße ich
Weitere Kostenlose Bücher