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Schattenkuss

Schattenkuss

Titel: Schattenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Loehnig
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dir einen netten Freund. Vielleicht lässt du dann von dieser fixen Idee ab, Ulrike sei tot.« Ihre Stimme klang kraftlos und müde. Trotzdem trafen Steffis Worte wie Pfeile ins Ziel.
    Wut kochte in Lena hoch. Sie hasste ihre Mutter dafür, dass sie sie in diesem Moment wie ein kleines Kind behandelte. »Einen netten Freund habe ich schon! Einen, der mir zuhört und der mich versteht und ernst nimmt!« Sie sprang auf. »Ganz im Gegensatz zu dir!« Dann rannte sie in ihr Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und sperrte ab.
    Kurz darauf klopfte Steffi. »Lena, entschuldige. Das hätte ich nicht sagen sollen. Kann ich reinkommen?«
    Lena schwieg. Sollte sie ruhig im eigenen Saft schmoren.
    »Ich bin sicher, dass Ulrike lebt. Vielleicht will ich auch sicher sein … ich weiß es nicht.« Vor der Tür wurde es still.
    Lena lauschte, hörte aber keine Schritte.
    »Ich wollte dich nicht kränken«, fing Steffi nach einer Weile wieder an. »Es tut mir leid.«
    Benno. Wenn er jetzt hier wäre.
    »Was du vorhin gesagt hast … Du hast einen Freund?«
    »Hältst du das für so unmöglich? Sehe ich mit meiner Narbe so abschreckend aus?«, schrie Lena.
    Ein tiefer Seufzer war vor der Tür zu hören. »Du weißt, dass ich das nicht gemeint habe. Ich bin nur so überrascht. Aber natürlich freue ich mich für dich. Vielleicht bringst du deinen Freund ja mal mit, wenn wir zurück in Stuttgart sind.«
    Lena schwieg. Steffi nahm offenbar an, dass sie mit einem Jungen aus der Schule zusammen war. Gut so! Also hatte sie sich durch ihren unbeherrschten Ausbruch nicht verraten. Wenn Steffi herausfinden würde, dass Lena etwas mit Benno hatte … sie würde ausrasten. Eine Affäre mit einem verheirateten Mann, der dein Vater sein könnte. Bist du ganz bescheuert! Und wenn sie erst wüsste, dass ihre Tochter darüber nachdachte, mit Benno zu schlafen … darüber wollte Lena gar nicht weiter nachdenken.
    Aber die Gefahr, dass Steffi ihr in Altenbrunn hinterherschnüffeln würde, schien ja zum Glück erst mal gebannt. »Okay. Ich frage ihn.«
    »Gut.«
    Sie hörte, wie Steffi zurück ins Wohnzimmer ging.
    Später radelte Lena an den See und verbrachte den Rest des Nachmittages dort. Allein. Weder Florian und Rebecca waren da, noch Daniel. Sie genoss die Ruhe und versuchte, ihre aufgewühlten Gefühle zu sortieren.
    Als sie abends heimkam, reichte Steffi ihr einen Brief, der im Postkasten gelegen hatte. Nur ihr Name stand darauf. Lena Michaelis. Keine Adresse, keine Briefmarke. Wer den wohl geschrieben hatte? Vielleicht Benno! Lena ging in ihr Zimmer, riss hastig das Kuvert auf und holte eine weiße Klappkarte hervor. Irgendwie kam sie ihr bekannt vor. Ein Déjà-vu. Ein rostroter Fleck auf der Vorderseite sah wie getrocknetes Blut aus. Wer keine Angst hat, hat keine Fantasie. Wecke nicht den Schlafenden.

21
    Die blonden Härchen an Lenas Armen richteten sich auf. Sie starrte darauf und dann wieder auf die Karte. Offenbar hatte sie Angst. Obwohl sie sich eher hohl fühlte. Irgendwie dumpf, dunkel und leer. Als sei eine kalte Höhle in ihr, anstelle von Lunge und Herz. Nicht so, wie sich Angst sonst anfühlte. Irgendwie scharfkantig und eng.
    »Es gibt Essen!« Steffis Stimme brachte Lena zurück in die Wirklichkeit. Sie holte tief Luft. Die Lunge war also noch da und auch ihr Herz klopfte. Wenn auch ein wenig zu schnell.
    Welcher verdammte Idiot hatte ihr das geschickt? Und warum? Na ja, warum, war ja wohl klar. Jemand wollte ihr Angst machen. Odakota? »Sonst weckst du vielleicht eine schlafende Bestie«, hatte er bei ihrer letzten Begegnung gesagt. Ähnliche Worte hatte der anonyme Schreiber gewählt. Wecke nicht den Schlafenden.
    »Lena. Essen.«
    Sie warf die Karte in den Papierkorb und ging in die Küche. Es gab Risotto mit Pilzen. Ihr Lieblingsgericht. Eindeutig ein Friedensangebot. Steffi füllte die Teller und setzte sich Lena gegenüber. »Lass es dir schmecken.«
    Während der Mahlzeit versuchte Steffi, ihre Tochter nach ihrem Freund auszuhorchen. Woher sie ihn kannte? Ob er auf dieselbe Schule ging und wie alt er sei? Lena wich aus und war froh, als es an der Haustür klingelte. Vermutlich der schleimige Sternberg. Trotzdem kam er ihr im Moment gelegen.
    Steffi stand auf. Eine halbe Minute später kam sie zurück. »Besuch für dich.«
    »Hi Lena.« Daniel grinste sie schief an.
    »Hi Daniel.«
    »Ich wollte fragen, ob du Lust hast, mit an den See zu kommen. Wir machen Lagerfeuer.«
    »Klar. Gerne.« Benno war heute Abend bei

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